Er hat unzählige Pokale übergeben, Meisterurkunden überreicht, Sitzungen geleitet. Stundenlang am Telefon mit Abteilungsleitern und Trainern über Spielabsagen und Verlegungen diskutiert. Sich mit den Vereinen gefreut, sich aber manchmal auch über sie geärgert. Doch damit ist jetzt Schluss: Ludwig Schmidt ist an diesem Wochenende das letzte Mal als Spielleiter des Fußballkreises Donau/Isar im Einsatz.
Nach rund elf Jahren als Gruppen- und sieben als Kreisspielleiter hatte der 63-jährige Köschinger Mitte August seinen Rückzug als Funktionär bekannt gegeben. Dies begründete er damit, dass er amtsmüde sei. In letzten Wochen hätten ihm dazu unter anderem die Planung der Saison (13er-Ligen) und das Theater um den FC GW Ingolstadt viel Nerven geraubt. Ob er seine Entscheidung mit etwas zeitlichem Abstand bereut? „Kein bisschen, nur den wöchentlichen Austausch mit Schiedsrichter-Obmann Hans Kroll werde ich vermissen. Wir haben uns jede Woche zum Joggen getroffen und über den Fußballkreis geplaudert“, entgegnet Schmidt, ansonsten sei er froh, dass es vorbei ist. „Ich hatte schon in den letzten drei Wochen so viel Zeit wie lange nicht mehr, weil ich nur noch das Nötigste gemacht habe. Es waren in den vergangenen sieben Jahren zwischen 400 und 500 Sonntage, an denen ich immer erreichbar war.“
Was er mit der vielen freien Zeit nun anstellt? „Ich glaube, ich werde öfter mal nach Rothenturm rausfahren und Fußball spielen.“ Rothenturm? Schmidt präzisiert: „Dort treffen sich jeden Sonntagvormittag Freizeitfußballer allen Alters und aus allen Schichten – und dann wird einfach gekickt.“ Auch als Schiedsrichter werde er weiter aktiv sein.
70 Vereine im Fußballkreis melden sich bei ihm
Dass Schmidt als Kreisspielleiter einiges richtig gemacht haben muss, zeigen die vielen Reaktionen, die er nach der Ankündigung seines Rückzugs erhalten hat. „Von rund 70 der 160 Vereine aus unserem Fußballkreis habe ich eine Nachricht bekommen“, sagt er und nennt zum Beispiel Wolfgang Fries, den langjährigen Abteilungsleiter des TSV Oberhaunstadt, der sich bei Schmidt „für seine Menschlichkeit, seinen Einsatz und seinen Charakter“, bedankte. Der Manchinger Emre Erbas sagte dem Köschinger am Sonntag beim Spiel seiner MBB SG – Schmidt leitete die Partie – dass er nur ihn als Kreisspielleiter kenne und fragte, ob er wirklich aufhören wolle. Als Schmidt dies bejahte, bedauerte Erbas dies. Martin Sandner, Abteilungsleiter des FC Hitzhofen, schrieb auf Facebook: „Mit deiner ruhigen Art hast du immer versucht, die Belange der vielen Vereine unter einen Hut zu bekommen. Du warst Tag und Nacht erreichbar und immer gesprächsbereit.“ Sehr viele weitere Vereine hätten ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht, sagt Schmidt und betont: „Ich war immer gerne für die Vereine da, habe mich für sie eingesetzt und mich zu ihrem Wohl auch mal gegen Entscheidungen der Verbandsspitze gestellt.“ Als Beispiel nennt Schmidt die Hin- und Rückspiele in der Relegation. „Der Verband hätte das gerne eingeführt, aber ich habe mich dafür stark gemacht, dass es bei uns im Kreis bei einem Relegationstermin bleibt.“
Genervt habe ihn immer wieder aufs Neue die Diskussion über den Saisonstart. „Die Vereine fragen jedes Jahr, warum wir nicht erst später oder im September starten können. Mir sind da aber die Hände gebunden. Der Kreis muss spätestens zwei Wochen nach der Bezirksliga beginnen, damit wir mit dieser kompatibel bleiben.“
Der langjährige Abteilungsleiter des TSV Lenting, Franz Reindl, inzwischen Kassier, hatte mit Schmidt über viele Jahre zu tun. Er erinnert sich: „Schmidt war immer ein harter Verhandlungspartner, zum Beispiel bei Spielverlegungen, aber er war stets fair. Ich kann nichts Negatives über ihn sagen – abgesehen davon, dass ich eine Englische Woche im August nicht nachvollziehen kann. Ich weiß allerdings nicht, inwiefern Schmidt darauf Einfluss hatte.“ Reindl würdigt das ehrenamtliche Engagement des Köschingers. „Er hat mehrere 1000 Stunden Arbeit für den Fußball geopfert. Für uns Vereine war er fast immer erreichbar. Dafür zolle ich ihm großen Respekt.“ Das müsse ihm erstmal einer nachmachen. „Es wird nicht leicht, einen Nachfolger zu finden, der ähnlich viel Zeit in den Fußball investiert“, sagt Reindl.
„Ludwig Schmidt war ein sehr guter Kreisspielleiter“
Lobende Worte findet auch Manfred Schimmer, der als langjähriger Abteilungsleiter des SV Buxheim zehn Jahre mit Schmidt zusammengearbeitet hat. „Ludwig Schmidt war ein sehr guter Kreisspielleiter. Wir hatten nie ein Problem mit ihm. Er war immer auf der Seite der Vereine, solange diese ehrlich und fair mit ihm waren“, sagt Schimmer. „Wenn das nicht der Fall war, konnte er aber auch ekelhaft werden.“ Klar sei schon jetzt, dass Schmidts Nachfolger in große Fußstapfen trete. „Es braucht einen Fußballfachmann, der mit den Vereinen kann“, ist Schimmer überzeugt.
Marion Summerer, Vorsitzende des FC Hettenshausen, findet, „dass Schmidt immer ein offenes Ohr für die Anliegen der Vereine hatte.“ Als sie vor sechs Jahren in verantwortlicher Position beim FCH anfing, habe Schmidt ihr gesagt, dass er bei Fragen immer erreichbar sei. So habe sie sich nie alleine gelassen gefühlt. Ganz allgemein lobt Summerer die Kommunikation unter dem bisherigen Kreisspielleiter. „Er hat uns zum Beispiel immer frühzeitig kontaktiert, wenn es darum ging, dass wir in die Freisinger Kreisklasse müssen.“ Auch über andere Themen sei der Verein stets früh und gut informiert worden. „Schade, dass er aufhört, aber irgendwie kann ich es auch verstehen. Es ist halt ein Fulltime-Job“, sagt Summerer. „Wir wünschen ihm alles Gute und würden uns freuen, wenn er trotzdem mal wieder bei uns vorbeischaut, vielleicht ja in seiner Funktion als Schiedsrichter.“ Kreisvorsitzende Elisabeth Bauer sagt: „Ludwig Schmidt hat für den Fußballkreis Donau/Isar 18 Jahre lang gut gearbeitet, dafür sind wir ihm dankbar.“
Seine Funktionärslaufbahn begann Schmidt 2006 zunächst als Gruppenspielleiter. Der vorherige Kreisspielleiter Horst Kaindl und dessen Vorgänger Gustl Gabauer hatten ihn gefragt, ob er sich das vorstellen kann. „Ich habe zugesagt, weil ich schon als Schiedsrichter gut mit den Vereinen ausgekommen bin und es ein gutes Miteinander war“, erinnert sich Schmidt. Schon die Zeit unter Kreisspielleiter Kaindl habe er genossen: „Unter seiner Führung war das Arbeiten schön, weil ich viel selbstständig machen durfte.“ Die letzten Jahre habe ihm Gruppenspielleiter Ömer Karakas viel Arbeit abgenommen und ihm den Rücken frei gehalten. „Bei Kaindl und Karakas möchte ich mich besonders bedanken“, sagt Schmidt.
Die Verbandstage behält er in besonderer Erinnerung
Und was waren für Schmidt die Höhepunkte seiner Amtszeit als Gruppen- und Kreisspielleiter? „Die drei Verbandstage in Bad Gögging“, sagt er ohne zögern. „Ehemalige DFB-Präsidenten, Ex-Profis und sogar Nationalspieler waren anwesend. Es war beeindruckend, wie das aufgezogen war – man ist ins Plaudern gekommen und konnte darüber hinaus einmal einen Blick über den Tellerrand werfen.“ Auch die Fußballiaden 2015 und 2019 in Landshut behält Schmidt gerne in Erinnerung. „Ein riesiges Fußballfest mit Spielern aus ganz Bayern. Es wurden Turniere gespielt, aber auch Neuerungen vorgestellt und in der ganzen Stadt war Party.“
Aus sportlicher Sicht blickt Schmidt gerne auf das Pokalmärchen des TSV Dorfen zurück. Der Bezirksligist schaltete 2017 im Bayerischen Totopokal den Regionalligisten Wacker Burghausen aus und scheiterte schließlich in der zweiten Runde Zuhause gegen den TSV 1860 München (0:7).
Florian Neubert soll Nachfolger werden
Für die Zukunft sieht Schmidt den Fußballkreis Donau/Isar gut aufgestellt, auch einen designierten Nachfolger für ihn als Kreisspielleiter gibt es schon: Florian Neubert, Vorsitzender des FC Finsing (Kreis Erding) und Bezirks-Futsal-Beauftragter im Verband, soll das Amt übernehmen. Schmidt hat aber auch Sorgen: „Was mir nicht so gut gefällt, sind die ständigen Wechsel auf der Position des Abteilungsleiters. Oft teilen sich mehrere Personen auch dieses Amt, aber es muss einen Ansprechpartner geben, der im Zweifel den Kopf hinhält.“ Darüber hinaus hofft der 63-Jährige, dass sich die Zahl der Spielgemeinschaften in Grenzen hält. „Bei den Reserve-Mannschaften ist es okay, aber bei den ersten Mannschaften sehe ich das problematisch. Die Fans identifizieren sich ja mit einem Verein.“ Noch habe der Kreis nur elf Spielgemeinschaften. „Das ist noch okay, in Mittelfranken sind es viel, viel mehr.“
Mit dem bundesweit oft heiß diskutierten Thema Gewalt auf den Sportplätzen habe er während seiner Amtszeit zum Glück nicht übermäßig viel zu tun gehabt, sagt Schmidt. „Die hat aus meiner Sicht nicht groß zu, aber auch nicht groß abgenommen. Es sind halt immer die gleichen Vereine, bei denen es aus dem Ruder läuft.“ Dass es auf den Plätzen fair zu geht, dazu will auch Schmidt weiter beitragen. Er pfeift weiter für seinen Heimatverein FC Beilngries, für den er schon 45 Jahre aktiv ist.
Bleibt natürlich die Frage, ob er noch einmal eine Funktion beim Bayerischen Fußball-Verband bekleiden wird, wie sich das einige Vereine erhoffen. Schmidt entgegnet: „Das ist für mich im Moment ganz weit weg. Ich habe als Spielleiter einen Cut gemacht.“ Der 63-Jährige bezeichnet diesen auch als „Sabbatical“ in seinem Hobby. „Was später irgendwann einmal kommt, weiß ich nicht.“ Schmidt lässt allerdings eine Hintertür offen in dem er sagt: „Sag niemals nie – den Amateursport im Fußball werde ich immer im Herzen tragen.“
DK
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