Ingolstadt
9-Euro-Ticket: Keine Reserven für Riesenansturm

INVG-Geschäftsführer Robert Frank über das Ticket und noch offene Fragen

23.05.2022 | Stand 22.09.2023, 23:20 Uhr

An den Fahrscheinautomaten von INVG und VGI gibt es das 9-Euro-Ticket schon. Es gilt ab 1. Juni. Foto: Schattenhofer

Herr Frank, ab 1. Juni gibt es das 9-Euro-Ticket. Wo bekommt man es in Ingolstadt?

Robert Frank: Über die App der INVG. Das ist der bevorzugte Weg, weil es den Verkauf beim Busfahrer entlastet. Denn wir wollen nicht, dass es durch massenweisen Verkauf beim Fahrer zu Verspätungen kommt. Dann im Kundencenter an der Mauthstraße, in den Vorverkaufsstellen und an den Fahrscheinautomaten.

Wie schaut es aus für Kunden, die bereits eine Jahreskarte, ein Jobticket, ein 365-Euro-Ticket oder eine Schülerkarte haben?

Frank: Diese Kunden werden Rückerstattungen bekommen auf den Preis von 9 Euro. Wie und wann – das wird gerade noch in Abstimmung mit den anderen Verkehrsverbünden und dem Freistaat geklärt. Wichtig ist: Keiner braucht kündigen, und die Dauerkartenbesitzer werden nicht schlechter gestellt.

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Ich kriege also automatisch – in welcher Form auch immer – mein Geld zurück?

Frank: Das muss alles noch geklärt werden, aber wir werden einen Weg finden, damit keiner mehr zahlen muss.

Wie bereitet sich die INVG auf einen möglichen Ansturm auf Busse und Bahnen vor?

Frank: Wie in ganz Deutschland haben wir keine Reservekapazitäten für einen Riesenansturm. Wir können aber punktuell an einigen Stellen Reservefahrzeuge einstellen. Deswegen weisen wir darauf hin, dass es teils zu deutlichen Kapazitätsengpässen kommen kann. Wann und wie genau, lässt sich jetzt noch nicht prognostizieren.

Gibt es Zeiten oder Tage, wo es eng werden kann im Bus?

Frank: Sinnvoll wäre, wenn man die ohnehin stark nachgefragten Hauptverkehrszeiten vermeiden kann. Also seine Reisezeiten nicht in der Früh von 7 bis 8 Uhr oder im Schülerverkehr zwischen 13 und 14 Uhr plant.

Die INVG will zum 1. August die Tarife erhöhen. Wie passt das zusammen?

Frank: Die Verkehrsunternehmen müssen weiterhin wirtschaftlich überleben. Wir haben enorm gestiegene Kosten, deswegen haben wir uns zu einer angemessenen Tariferhöhung entschieden, die mit 2,4 Prozent auch fair ist. Alle Bundesländer fordern, dass der Bund nicht nur gute Laune mit einem 9-Euro-Ticket verbreitet und damit auch Anreize schafft, was wir natürlich begrüßen. Sondern er muss die Milliardenverluste, die deutschlandweit entstehen, auch ausgleichen.

Darf die INVG denn die 9 Euro pro Ticket behalten?

Frank: Ja, aber die werden angerechnet auf die Ausgleichszahlungen. Unterm Strich rechnen wir bundesweit mit einem Defizit von mindestens 2,5 Milliarden Euro nur in den drei Monaten. Zahlen für Ingolstadt ließen sich in der Kürze der Zeit nicht ermitteln, denn das kam für uns alle ja völlig überraschend und ohne vorherige Abstimmung.

Wenn jetzt mehr Leute auf Bus und Bahn umsteigen – wie will die INVG diesen Effekt des 9-Euro-Tickets nutzen und verstetigen?

Frank: Wir verfolgen in Ingolstadt eine Strategie, den ÖPNV weiter auszubauen. Wir haben bereits die Nachtlinien verdichtet: Sie fahren jetzt zwischen 21 und 0 Uhr im Halbstundentakt. Wir haben letztes Jahr eine neue Tangentiallinie eingeführt. Außerdem planen wir ab September eine deutliche Verbesserung durch die Einführung eines 15-Minuten-Takts auf der Linie 21 und eines 10-Minuten-Takts auf der Linie 70. Und wir wollen noch weitere Verbesserungen auf den Weg bringen. Parallel laufen Attraktivitätssteigerungen in der Technik.

Die Stadt Ingolstadt will ja bis 2035 Klimaneutralität erreichen. Das kann nur funktionieren, wenn deutlich mehr Leute den ÖPNV nutzen. Doch die Angebote sind teils wenig attraktiv – auch was Verbindungen betrifft. Noch dazu sind die Ingolstädter sehr aufs Auto fixiert. Wie sieht die Strategie der INVG aus?

Frank: Wie gesagt: Durch das Förderprogramm VGI newMind wird es bis 2024 zu weiteren Taktverdichtungen kommen. Wir sind dabei, kurz- und mittelfristig deutlich mehr zu machen. Das wird aber nur gelingen, wenn der Bund – wie im Koalitionsvertrag festgelegt – die Förderung weiter anhebt. Es werden im Jahr 2030 rund 11 Milliarden Euro mehr gebraucht, damit bundesweit die Verkehrswende im Nahverkehr auch gelingen kann.

Jetzt beginnt die Reisesaison. Wann fährt der Airport-Express wieder im Normalbetrieb wie vor Corona und nicht mehr nur wie jetzt im 3-Stunden-Takt?

Frank: Das müssen wir noch prüfen, daher kann ich heute noch keinen Termin nennen. Fest steht: Je mehr Fahrgäste wir haben, desto besser. Wir sehen nicht nur beim Airport-Express, sondern in den vergangen Wochen insgesamt im ÖPNV deutlich steigende Fahrgastzahlen. Noch nicht auf dem Niveau vor Corona, aber die Tendenz ist bei 80 Prozent. Die Fahrgäste kommen zurück, und wir sind auf einem guten Weg.

DK



Die Fragen stellte Suzanne Schattenhofer

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