Kösching
Kasing sagte erst einmal Nein

Eingliederung des Ortes machte Kösching 1971 zur „Großgemeinde“ – Lenhardt spricht bei Stammtisch des Geschichtsvereins

28.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:38 Uhr

Mit Plakaten wurde im Vorfeld zur Volksabstimmung am 22. November 1970 in Kasing geworben. Foto: Lenhardt (Repro)

50 Jahre nach der Gebietsreform in Bayern erinnerte der Geschichtsverein Kösching-Kasing-Bettbrunn vor Kurzem bei einem historischen Stammtisch an die Zusammenlegung Kasings mit dem Markt Kösching. Dem waren Kasings erste und bisher einzige Volksabstimmungen vorausgegangen.

Friedrich Lenhardt, Vorsitzender des Geschichtsvereins und Heimatpfleger, erläuterte anhand zahlreicher Bilder und Dokumente, dass sich die ehemaligen Gemeinden des Ringlandkreises Ingolstadt einhellig gegen dessen Auflösung und ihre Eingliederung in den Landkreis Eichstätt ausgesprochen hätten – führten doch von alters her alle Wege nach Ingolstadt. „Man war in allen Belangen auf Ingolstadt hin geortet und fremdelte mit der künftigen Kreisstadt Eichstätt. Erst als eine Außenstelle des Landratsamts Eichstätt in Ingolstadt zugesagt worden war , ließ sich die Bevölkerung weitgehend besänftigen“, führte Lenhardt aus.

Anders verlief der Versuch, den Ort Kasing nach Kösching einzugliedern, wie Ortschronist Richard Kürzinger in seinen Forschungen und Vorträgen belegte.

Weiter berichtete Friedrich Lenhardt beim Stammtisch: „In Kasing entstanden zwei Lager, für und wider die Eingliederung nach Kösching. Die Befürworter scharten sich um Bürgermeister Johann Keupp, der betonte, dass Kasing sich die Eigenständigkeit mit ihren nötigen Investitionen nicht mehr leisten könne, also allein wirtschaftlich nicht mehr überlebensfähig sei.“ Außerdem gingen die Kasinger Kinder schon nach Kösching zur Schule.

Die Gegner um Alois Hecker wollten die Eigenständigkeit keinesfalls aufgeben und nannten Keupp einen Verräter, so der Heimatpfleger. Beide Lager versuchten, die Bevölkerung mit Flugblättern und Plakaten für sich zu gewinnen.

Am 22. November 1970 kam es zu einer ersten Volksabstimmung, bei der sich 331 Wählerinnen und Wähler für die Selbstständigkeit Kasings aussprachen, 109 für die Zusammenführung mit dem Markt Kösching, nur eine für die Vereinigung mit Oberdolling. Daraufhin beschloss der Kasinger Gemeinderat einstimmig, das Verfahren einer Gemeindezusammenlegung einzustellen.

„Damit war die Sache aber noch nicht zu Ende“, informierte Lenhardt weiter. Denn die in Aussicht gestellte staatliche Förderung für den Fall, dass die Kasinger Bevölkerung in einer geheimen Wahl mit absoluter Mehrheit doch für eine Zusammenlegung stimmte und diese bis zum 1. Juli 1971 vollzogen würde, brachten die Wende. In einer Bürgerversammlung in Kasing wurden den Bewohnern viele Zugeständnisse gemacht und in einem Zusammenlegungsvertrag festgehalten: die Weiterführung des Ortsstraßenbaus, die künftige Selbstständigkeit der Freiwilligen Feuerwehr Kasing und der Jagdgenossenschaft. Am 16. Mai 1971 stimmten daraufhin 279 Stimmberechtigte für und nur 79 gegen die Zusammenlegung. Als offizieller Zeitpunkt der Fusion gilt der 1. Oktober 1971.

Bis zur nächsten Kommunalwahl wurden zwei Kasinger Gemeinderäte als beratende Mitglieder in das Köschinger Gemeindeparlament berufen. Und Köschings Bürgermeister Karl Dollinger versprach, wöchentlich eine oder zwei Sprechstunden in Kasing einzurichten, um den Bürgern weite Wege zu ersparen. Kasings ehemaliger Bürgermeister Johann Keupp wies darauf hin, dass alle wichtigen Belange immer schon über Kösching gelaufen seien: Post, Bahn, Krankenhaus und vor allem die Schule.

Weiter beleuchtete der Referent beim Stammtisch die Frage: Wie wirkte sich die Zusammenlegung auf die Marktgemeinde aus? Kösching wurde zur „Großgemeinde“ mit über 5000 Einwohnern, brachte Kasing doch 1207 Einwohner mit in die Ehe. Dadurch öffneten sich erhebliche Fördertöpfe für den Markt, unter anderem zum Bau des neuen Hallenbads.

Lenhardt äußerte die Sorge, dass durch die Zusammenlegung kleinerer Orte deren Mitwirkung an demokratischen Prozessen erschwert würde. Anwesende Kasingerinnen bestätigten dies einerseits – wiesen aber auch darauf hin, dass zum Beispiel der Theaterverein oder der Sportverein große gemeinschaftsbildende Auswirkungen auf die Bevölkerung hätten.

Marita Ciesla