Johannes und Philipp Krauß waren lange Zeit unzertrennlich, ehe der größere der beiden Brüder vor zwei Jahren den Schritt in die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) wagte. Nun sind die beiden Stürmer beim ERC Ingolstadt wieder vereint – und auch Johannes will mit den Panthern durchstarten.
Die Diskuswerfer Robert und Christoph Harting holten als erstes Geschwisterpaar in zwei aufeinanderfolgenden Olympischen Spielen in derselben Sportart die Goldmedaille, Moritz und Franz Wagner krönten sich mit der Basketball-Nationalmannschaft zu Weltmeistern, Ralf und Michael Schumacher standen gemeinsam auf dem Formel-1-Podest, und Bob und Mike Bryan bildeten einst eines der erfolgreichsten Tennis-Doppel.
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Die Geschichte des Sports hat immer wieder gezeigt, dass Geschwister gemeinsam erfolgreich sein können. Auch Johannes und Philipp Krauß haben sich dies für die neue DEL-Saison zum Ziel gesetzt. Nach zwei getrennten Jahren sind die beiden Brüder nun in Ingolstadt wieder vereint. „Wenn ich meinem Bruder zugeschaut hatte, war es immer so ein bisschen Wunschdenken, dass wir hier mal Seite an Seite vor diesen fantastischen Fans im Stadion spielen“, sagt Johannes.
Eishockey als Streitschlichter
Die beiden Brüder waren einst unzertrennlich: Gemeinsam standen sie seit ihrer Kindheit für ihren Heimatverein ESV Kaufbeuren auf dem Eis, teilten sich bis zu ihrem 15. Lebensjahr ein Zimmer, sie radelten zusammen zur Schule, und nachdem Philipp die sechste Klasse wiederholte, waren sie bis zum Abitur sogar Sitznachbarn. „Klar gab es auch mal Streit zwischen uns – aber nie wegen Eishockey“, sagt Philipp. „Das Eishockey war eher ein Streitschlichter. Da konnten wir unsere Power raushauen.“
Vielmehr stachelten sich die Brüder gegenseitig an und erfüllten sich so ohne Druck der Eltern oder dem Drill in einer Eishockey-Akademie den Traum vom Profi. „Wir haben beide hart gearbeitet, auch im Kraftraum haben wir durchgezogen. Aber es kam nie so rüber. Wenn wir ins Stadion gegangen sind, war das wie ein Jugendtreff mit Freunden. Natürlich haben wir dann auf dem Eis alles gegeben, aber es hat immer Spaß gemacht“, erzählt Johannes. „Es musste schon etwas Schlimmes passieren, damit wir mal nicht ins Training gingen.“
DEL-Debüt im Panther-Derby
Beide schafften sie es in Kaufbeuren bis in die DEL2. Der gemeinsame Werdegang endete erst, als Philipp vor zwei Jahren den Schritt in die höchste Liga wagte und in den vergangenen beiden Spielzeiten in Ingolstadt zu einem verlässlichen Torjäger und Nationalspieler reifte. Sein zwei Jahre jüngerer Bruder folgt ihm nun nach und gibt an diesem Donnerstag (19.30 Uhr) gegen die Augsburger Panther sein Debüt in der DEL. Die Eingewöhnungsphase – zum ersten Mal weg von Zuhause – lief dank der Unterstützung seines Bruders problemlos, auch wenn die Geschwister nicht zusammen wohnen. „Man muss sich ja nicht gegenseitig den ganzen Tag auf die Pelle rücken“, sagt Johannes. „Das Alleinwohnen habe ich schon ganz gut drauf.“
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Auch die Saisonvorbereitung beim ERC lief ordentlich für den Allgäuer, im Vinschgau-Cup erzielte er gegen die Iserlohn Roosters sein erstes Tor im Panther-Dress. Doch der Konkurrenzkampf ist hart: In den vergangenen drei Testspielen kam Johannes nicht zum Zug. Als U 23-Spieler muss er sich in Ingolstadt gegen die drei anderen Youngster Niklas Hübner, Noah Dunham und Luca Hauf durchsetzen. Drei dieser Spieler müssen laut Reglement in jeder DEL-Partie auf dem Spielberichtsbogen stehen – wer durchs Raster fällt, kommt bei Kooperationspartner Ravensburg in der DEL2 zum Einsatz. „Die Entscheidungen des Trainers sind immer leistungsbasiert. Man muss einfach hart arbeiten – die Besten dürfen spielen“, sagt Johannes Krauß pragmatisch.
Auf den Spuren berühmter Brüderpaare beim ERC
Dass der 21-Jährige das Potenzial dazu hat, sich beim ERC durchzusetzen, glaubt natürlich zuvorderst sein Bruder, vor allem da Johannes sogar einen noch härteren Schuss habe. „Er weiß, dass er hart arbeiten muss, hart kämpfen muss“, sagt Philipp. Johannes müsse einen Weg finden, um sich selbst einen Namen in der Schanz zu machen und nicht nur als „kleiner Bruder von Philipp Krauß“ wahrgenommen zu werden.
Geschwister gab es übrigens schon häufig beim ERC – von den Retzer-Brüdern Rudi und Beno in den 80er-Jahren über Björn und Alexander Barta bis zu Timo und Thomas Pielmeier. Und genau wie damals sitzen nun am Donnerstag zwei stolze Eltern in der Arena. Noch ein Vorteil der Familienzusammenführung in Ingolstadt. „Jetzt müssen sie sich nicht mehr entscheiden, wen sie anfeuern“, sagt Johannes. „Weil wir beide hier spielen.“
ERC Ingolstadt in Kürze
• Personal: Verteidiger Mat Bodie, der in den vergangenen drei Vorbereitungsspielen des ERC angeschlagen pausiert hatte, konnte auch am Dienstag nicht mittrainieren. Ob der 34-Jährige im Panther-Derby zum Saisonauftakt an diesem Donnerstag in Augsburg zum Einsatz kommt, ließ Trainer Mark French offen. Man müsse von Tag zu Tag schauen.
• Ex-Panther: Brandon Kozun schlägt ein neues Kapitel in seinem Eishockey-Leben auf: Der 34-Jährige, der in der vergangenen Saison als Nachverpflichtung 33 DEL-Partien (20 Scorerpunkte) für den ERC bestritt, arbeitet laut der Statistikwebsite „eliteprospects.com“ in der kommenden Saison als Co-Trainer des Eishockey-Teams am Southern Alberta Institute of Technology im kanadischen Calgary. Bei den Panthern hatte der Stürmer keinen neuen Vertrag erhalten.
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