Vernissage am Freitag
Irrlichtern zwischen Nacht und Traum

In der neuen Ausstellung des Ingolstädter Kunstvereins sollen Besucher selbst zu Stift und Kreide greifen

04.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:40 Uhr

„Nachts. Im Kunstverein“: Besucher und Besucherinnen dürfen ihre eigenen Träume oder Nachtgedanken an den Wänden visualisieren. Vernissage ist an diesem Freitag um 17 Uhr. Foto: Hammer

„Was rufst du nachts in deinen Träumen vom Balkon?“ Oder: „Wer lebt in deinem Traum?“ Und: „Ist Träumen Kunst?“ Nur drei der Fragen, die in der neuen Ausstellung des Kunstvereins allerlei Assoziationsprozesse in Gang setzen sollen. Mit großen weißen Buchstaben sind sie auf graue Spannbettlaken geschrieben, die wiederum sechs große Luftmatratzen einhüllen. Bewegliche Inseln in der ansonsten leeren Theatergalerie. Man könnte sich einfach drauffläzen. Oder auf ihnen hin- und herrudern. Oder sie als Inspirationsquelle nutzen, um sich über Nachtgestalten und Dunkelheit, Traumwesen und Schlaf Gedanken zu machen. Denn in dieser Ausstellung wird der Betrachter selbst zum Künstler.

„Nachts. Im Kunstverein“ ist ein partizipatives Projekt. Und eine Fortschreibung des gleichnamigen Stücks, das Julia Mayr vom Jungen Theater Ingolstadt zusammen mit Grundschulkindern entwickelt hat. Auf zauberhafte Weise wird darin dem Mysterium des Schlafs nachgespürt. Was passiert, wenn ich träume? Welche Wesen sind im Dunkel unterwegs? Wie funktionieren Tag und Nacht? In verschiedenen Workshops haben die Kinder zuvor über solche Fragen philosophiert, Nachtgeschöpfe gebastelt und Musik komponiert, die die Theaterprofis weiter inspiriert haben – zu einem hinreißenden Theaterstück. Ein Teil des kreativen Outputs – seien es die papierenen Traumgestalten oder auch die kindlichen Tonschnipsel aus Gespräch und Klang – werden nun Teil der Ausstellung sein. Und auf die Besucher wirken, die hier zu Kreide und Acrylstift greifen sollen, um ihre eigenen Gedanken zur Nacht in Wort, Text oder Zeichnung umzusetzen.

„Die Arbeit mit den Kinder war in vielen Kunstdisziplinen partizipativ“, sagt Chris Neuburger vom Kunstverein, der schon im Theaterprojekt musikalisch involviert war. „Deshalb wollten wir es hier fortsetzen: Alle Besucher sind aufgefordert, das, was sie mit Träumen oder Nacht assoziieren, an die Wände zu schreiben. Wir hoffen, dass in sechs Wochen die Ausstellung fertig ist und die Wände voll sind.“

Und damit sich auch jeder traut, haben die ersten Künstler schon ihre Spuren auf den Wänden hinterlassen. Bereits vor der Eröffnung an diesem Freitag um 17 Uhr durften sich Klassen aus verschiedenen Schulen und Altersstufen in der Theatergalerie austoben. Von Jonathan stammt übrigens die Zeichnung der großen Lala Lugee auf dem Ausstellungsflyer. Der Name ist erfunden – und heißt so viel wie „Durcheinander“.

„Man kann diese Ausstellung in drei Erzählungssträngen denken“, erklärt Kurator Adam Langer: „Einmal vom Theaterstück und den Kindern, einmal von den Besuchern, die hier ihre eigenen Kreativität ausleben können und zum dritten vom Kunstverein selbst. Von seiner Geschichte, von seinem Verständnis. Denn was ist der Kunstverein anderes als ein Ort zum Träumen?“

Das Begleitprogramm möchte mit verschiedenen Veranstaltungen dazu anregen, weiterzudenken oder auch weiterzuträumen. Ein offener Austausch über die Zukunft des Kunstvereins soll ebenso Thema sein wie die Farbaktion „KEKS“ von 1970, als ein Farb-Happening für die Belebung des Theatervorplatzes sorgen sollte. „Der Kunstverein hat Farbeimer hingestellt, Krautrockbands haben live gespielt“, erzählt Chris Neuburger. Aus der ganzen Region kamen Leute, sogar ganze Klassen, die einfach mit dem Malen angefangen haben. Am nächsten Tag musste alles wieder entfernt werden.

Natürlich wird es Familienvorstellungen des Theaterstücks „Nachts“ geben – samt Workshops. Außerdem wird Frauke Boggasch vom BBK Berlin einen Yokai-Zeichenworkshop für alle Altersstufen anbieten. Yokai spielen in der traditionellen wie populären Kultur Japans eine große Rolle und bezeichnen übernatürliche Kreaturen, die die Grenze zwischen der realen und der irrealen Welt bewohnen. Sie können als böswillige Unheilstifter auftreten, aber auch als wohlwollende Wesen.

Bei der Vernissage an diesem Freitag wird Florian Kreier alias Angela Aux aus seinem Buch „Utopien sind meine Heimatae“ lesen. Für die Musik sorgt Aiko Okamoto.

DK


Theatergalerie, bis 25. Juni, Fr 15 bis 20 Uhr, Sa 10 bis 20 Uhr, So 13 bis 18 Uhr; 18. Mai 13 bis 18 Uhr.