Nach 37 Jahren ist Schluss
Ingolstädter Fotograf Reinhold Weinretter schließt Studio und Handel

01.06.2023 | Stand 16.09.2023, 4:59 Uhr

Sperrte sein Fotohandel-Geschäft Ende Mai zu: Fotoprofi Reinhold Weinretter lässt das Fotografieren aber nicht ganz sein. Foto: Konze

„Eigentlich wollte ich schon Ende 2022 das Geschäft schließen.“ Aber es kam anders, denn Reinhold Weinretter gibt zu: „Ich habe vergessen, rechtzeitig zu kündigen.“ Jetzt also Ende Mai: „Foto Weinretter“ mit Fotostudio und Fotohandel an der Goethestraße gibt es nicht mehr. Fotografisch aktiv bleibt der noch 66-jährige Ingolstädter aber weiterhin.



37 Jahre gab es das Geschäft. Zuerst an der Donaustraße, zuletzt (inzwischen 27 Jahre) an der Goethestraße. Zur Fotografie kam Weinretter eher zufällig. Der gelernte Werkzeugmacher arbeitete 13 Jahre an der Fräsmaschine, ehe er gefragt wurde, ob er ein paar Fotos für einen Katalog machen könne. Wollte er auf jeden Fall, nahm sich drei Monate Auszeit bei seinem Arbeitgeber und fand Gefallen am Fotografieren. Die Entscheidung war gefallen. Fotografie sollte es ab sofort sein. „Ein Jahr habe ich nachts bis 1 Uhr für die Meisterprüfung gelernt – immer nach der Arbeit“, erzählt Weinretter.

Warum sperrt er das Geschäft zu? „Ich hab das Alter und es gab keinen Nachfolger“, betont er. Weil diese Art von Fotogeschäft in der heutigen Zeit nicht mehr geht? Weinretter: „Wer sich in sozialen Netzwerken zeigt, kann sicher auch heute als Fotograf noch gutes Geld verdienen – mit Familienbildern oder Hochzeitsfotos.“

22 Lehrlinge hat Weinretter ausgebildet

Weinretter machte den Meister und bildete fortan aus: „22 Lehrlinge habe ich als Meister auf den Weg gebracht. 19 Mädchen und nur drei Jungs.“ Warum dieses Verhältnis? „Weil sich immer wesentlich mehr Mädchen beworben haben.“ Seinen ersten Lehrling bei Foto Weinretter hatte der Ingolstädter übrigens schon als Werkzeugmacher bei Kessel – als Lehrling. Dass unter jungen Menschen, also seinen Lehrlingen, auch schwierige Personen waren, hat Weinretter, der weiß, was aus seinen Lehrlingen im Laufe der Jahre geworden ist, nie gestört: „Ich bin mit allen zurechtgekommen.“

Der Ingolstädter, der für verschiedene Auftraggeber quasi in seiner Freizeit abends Konzerte fotografiert hat (auch für den Donaukurier), beschäftigte in den besten Zeiten bis zu sieben Angestellte. Wer Weinretter, in erster Linie Werbe- und Industriefotograf, einmal bei einem Fotoshooting mit einer Familie erlebt hat, kann sich vorstellen, dass fast immer eine gute Stimmung herrschte – im Geschäft, im Studio, bei Kunden und außerhalb. „Ich habe nicht nur in Deutschland fotografiert.“ Bereut habe er seine Fotografenkarriere nie, er habe sich auf jeden Tag in seinem Geschäft gefreut. Ob er es wieder so machen würde: „Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht.“

Rund 1500 Konzerte hat er schon fotografiert

Weinretter, der privat gerne und jetzt sicher auch viel Motorrad fährt, freut sich auch auf mehr Zeit mit der und für die Familie. Aber fotografieren wird er weiterhin, wenn er Zeit und Lust habe. „Für ein paar Firmen, mit denen ich jahrelang zusammengearbeitet habe, und natürlich noch ein paar Konzerte. So rund 1500 waren es bisher.“

Nicht ohne Stolz erzählt er, Foto Weinretter sei der Erste gewesen, der auf digital umgestellt hat. „Als ich erkannt hatte, dass ich von Bild zu Bild die Lichtempfindlichkeit verändern kann. Ich habe gewusst: Das is a Wahnsinnsgschicht.“

Weinretter verkauft nun keine Kameras mehr, daher kann er ruhig Werbung für sie machen: „Was eine gute Kamera, mehr als 1000 Euro braucht man nicht, schafft, kann das beste Handy nicht.“