Ingolstadt
Ingolstadt geht vom Gas

Stadt und Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft beschließen Energie-Sparmaßnahmen

14.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:13 Uhr

Die kunstvolle Beleuchtung am Europan-Gebäude an der Richard-Wagner-Straße wird künftig wohl aus bleiben. Die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft will damit Energie sparen. Die Stadt hat ebenfalls eine Reihe von Maßnahmen beschlossen. Foto: Hauser (Archiv)

Wenn Ade Engel derzeit mit Kunden spricht, gibt es meist nur ein Thema: Wie geht es weiter mit dem Gas? Wie teuer wird Energie noch? Wie sieht die Energieversorgung der Zukunft aus? Dabei hat selbst der Obermeister der Spengler, Sanitär- und Heizungstechnik in der Region nicht auf alle Fragen, die den Menschen auf den Nägeln brennen, eine Antwort. „Keiner kann wissen, wie es weitergeht“, sagt Engel. Auch ihm bleibt nur die Hoffnung, dass die politische Weltlage sich so entspannt, dass die Versorgung mit Gas und Strom gesichert bleibt. „Es ist auch entscheidend, ob es ein kalter oder milder Winter wird.“

Er macht sich mit Blick auf die Zukunft – sollte das Gas tatsächlich knapp oder unbezahlbar werden – vor allem Sorgen um die Industrie. Da könnten langfristige und flächendeckende Schäden entstehen. Dass Privatleuten das Gas abgedreht wird, glaubt er nicht. „Das ist technisch gar nicht so ohne Weiteres möglich“, sagt der Experte. Das Leitungssystem müsse immer mit Gas gefüllt sein – alleine, um es funktionsfähig zu halten.

Dennoch geht es vielen darum, möglichst viel Gas einzusparen, um Tanks für den Winter zu befüllen und Kosten zu senken. Engel rät unter anderem, Leitungen im Haus gut zu isolieren. „Da kann man eine Menge sparen.“ Man sollte auch seine Heiz- und Duschgewohnheiten hinterfragen. Eine gute Möglichkeit sei, Heizkörpern einem „hydraulischen Abgleich“ zu unterziehen. So könnte die Leistung optimiert werden. „Dafür muss man aber rund 100 Euro pro Heizkörper veranschlagen“, sagt Engel. „Und man muss Fachpersonal finden, das Zeit hat.“ Die Wassertemperatur in den Leitungen abzusenken, wie manche vorschlagen, sei nicht unproblematisch. Laut Trinkwasserschutzverordnung müsse das Wasser in den Systemen stets mindestens 60 Grad haben, um die Bildung von Keimen und Krankheitserregern zu verhindern.

Bei der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft werden ganz ähnliche Gespräche geführt. Hier geht es aber nicht um ein Haus oder eine Wohnung, sondern hunderte. Am Donnerstag kam man bei der GWG ein weiteres Mal zusammen, um mögliche Maßnahmen zu besprechen. „Wir verfügen zum Glück schon über moderne und damit sparsame Heizungssysteme“, erklärt Bianca Stein, die Sprecherin der GWG. Dazu gehört unter anderem, dass die Heizleistung dem aktuellen Bedarf angeglichen wird.

Da in den Wohnungen der GWG auch Menschen wohnen, die finanziell nicht so gut gestellt sind, hat die Gemeinnützige alle Bewohner in einem Schreiben darüber informiert, dass sie wohl mit deutlich steigenden Nebenkosten zu rechnen haben. „Das wird sich heuer, aber vor allem in der Abrechnung nächstes Jahr niederschlagen“, erklärt Stein. Neben Energiespartipps hat die GWG deswegen Hinweise auf finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten gegeben. Um selbst für Extremsituationen gewappnet zu sein, überlegt man bei der GWG, wo im Winter gegebenenfalls Wärmestuben eingerichtet werden könnten. Ein Szenario, das man sich noch vor einiger Zeit nicht ausmalen musste. „Wir hoffen, dass es nicht so weit kommt“, sagt Stein. „Aber es soll niemand frieren müssen.“

Die GWG will, wo es geht, selbst Strom einsparen – und damit Gas. „Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass viel Gas zur Stromproduktion genutzt wird“, sagt Stein. Fassadenbeleuchtungen oder die Illumination von Kunst am Bau wird deswegen bei der GWG abgeschaltet. Wo Licht aus Sicherheitsgründen nötig ist – etwa in Tiefgaragen – werde es natürlich hell bleiben. Auch Brunnen werden abgeschaltet. „Wir wollen sie aber stundenweise anmachen, da wir wissen, dass viele Tiere sie bei diesen Temperaturen als Tränke nutzen“, erklärt Stein. In den nächsten Wochen werde bei der GWG weiter überlegt, welche Einsparmöglichkeiten es gibt. „Wir schauen uns alle Stellschrauben an.“

„Ich rufe alle auf, mitzumachen!“

Der Stab für außergewöhnliche Ereignisse der Stadt Ingolstadt hat am Donnerstag etliche Maßnahmen zum Energiesparen beschlossen. Angesichts des Klimawandels und der unsicheren Gasversorgung sei es nötig, „dass wir bewusst mit allen Arten von Energie umgehen und, wo möglich und sinnvoll, Energie einsparen“, so Oberbürgermeister Christian Scharpf.

Unter anderem soll die Beleuchtung städtischer Gebäude wie des Pfeifturms und des Kreuztors ausgeschaltet bleiben. Die Brunnen in der Stadt sollen wegen ihrer kühlenden Wirkung weiter laufen, aber eventuell früher als sonst in den Winterschlaf geschickt werden, um im Herbst Energie zu sparen. „Die Straßenbeleuchtung wird derzeit nicht reduziert, aber der laufende Umbau auf dimmbare LED soll verstärkt fortgesetzt werden“, heißt es weiter. Seit 2019 seien so schon 25 Prozent Energie eingespart worden. Klimaanlagen in städtischen Gebäuden sollen in den Sommermonaten weniger stark kühlen. In den Wintermonaten soll die Heiztemperatur in öffentlichen Räumen (Verwaltung und Schulen) auf 20 Grad begrenzt werden. Die Verwendung elektrischer Heizstrahler wird in städtischen Gebäuden grundsätzlich untersagt. Die städtischen Beteiligungsunternehmen werden aufgerufen, ebenfalls Maßnahmen zu ergreifen. Hausmeister sollen entsprechend geschult werden.

Die Stadtwerke planen eine Kampagne, um auch die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren. Weitere Maßnahmen seien in Vorbereitung, so die Stadt. Scharpf ist wichtig, dass die Stadtverwaltung mit gutem Beispiel vorangeht und die Bemühungen, Energie zu sparen, ausbaut. „Ich rufe alle dazu auf, bei der Energieeinsparung mitzumachen. Wenn die gesamte Gesellschaft mitmacht, werden wir die kommenden Monate gut überstehen.“