Imbiss mit Kultstatus
Würstlstube von Marianne und Peter Peyerl seit mehr als 50 Jahren in Ingolstadt

06.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:56 Uhr |

Eine Institution: Seit mehr als 50 Jahren gibt es die Würstlstube von Marianne und Peter Peyerl. Fotos: Schattenhofer

Seit mehr als 50 Jahren gibt es die Würstlstube von Marianne und Peter Peyerl. Eine Institution in Ingolstadt.





Früher war für Peter Peyerl die Welt noch in Ordnung in Ingolstadt: Da fuhren die Autos noch kreuz und quer durch die Fußgängerzone, einen Parkplatz gab’s direkt vorm Geschäft und der Wagner oder Horten lockten scharenweise Kundschaft aus dem ganzen Umland in die Innenstadt. Seine Würstlstube in der Ludwigstraße 27 war schon damals eine Institution: Wer unterm Einkaufen eine Stärkung brauchte, der holte sich dort zwei „Nackerte“ und eine Breze. Und zeigte seinen Kindern das Poster mit dem Affen.

Heute machen die Enkel mit dem Smartphone einen Schnappschuss vom Lederhosen-Affen, denn das Poster hängt noch immer an der Wand in der schmalen Passage an der Georg-Oberhäußer-Straße. Auch sonst schaut es in der Würstlstube aus, als seien die vergangenen 50 Jahre spurlos vorübergegangen. Sogar Bluna gibt es noch. Nur ist jetzt Marianne Peyerl die Würstloma. Früher gebührte der Titel ihrer Schwiegermutter, und zusammen mit der Maria, die inzwischen gestorben ist, standen die drei Frauen auf wenigen Quadratmetern hinter zwei großen Töpfen, randvoll mit Würsteln gefüllt, und sie kamen, so flink sie auch waren, mit dem Bedienen kaum hinterher, weil so viel los war.

Heute dampft auf der Herdplatte nur noch ein Topf – mit viel Wasser und wenig Würsteln drin. „Die Mädchen sind ja heutzutage alle vegan – die essen keine Wiener mehr“, bemerkt Marianne Peyerl.

Nach dem Standesamt zum Weißwurstfrühstück



Peter Peyerl, ein Wollwürstl-Fan, gönnt sich zwei Weiße, während er in alten Zeiten schwelgt. Seit er ein kleiner Bub ist, vergeht für ihn kein Tag ohne Würstl. Die Eltern standen mit dem Imbiss auf den Volksfesten, auf dem Wochenmarkt, auf der Septemberdult und auf dem Christkindlmarkt. „Früher war die Stadt voll“, sagt er. „Da gab’s ja auch nichts anderes als uns. Auch kein Döner.“ Schüler, Geschäftsleute, Vertreter, Bauarbeiter, Ärzte – alle holten sich in der Würstlstube ihre Brotzeit. „Frisch Vermählte sind nach dem Standesamt zum Weißwurstfrühstück gekommen“, erzählt Marianne Peyerl. Junggesellinnenabschiede werden hier auch gern gefeiert.

Denn die Würstlstube genießt Kultstatus und lebt von der treuen Stammkundschaft. Die Ingolstädterin Heidi Pointner , die gerade ein Paar Wiener genießt, erinnert sich, sie habe schon als Kind mit ihrer Mutter hier Würstl gegessen, und heute kommt sie ab und zu mit ihren zwei Kindern vorbei. „Der Affe steht für die Würstlstube“, sagt sie und lächelt ihm zu.

Auch mit 72 Jahren noch nicht in Rente



Wie lange die Peyerls und ihr Affe noch die Stellung halten, steht in den Sternen. „Selbst und ständig“, deutet die Würstloma an, warum sie auch mit 72 Jahren noch nicht in Rente geht. Ihr Mann ist 73 Jahre alt. Wenn das Theater in den Kaufhof ziehen würde – das täte ihnen gefallen. „Es wäre schön, wenn die Stadt wieder belebt wäre. Aber jetzt ist es sehr, sehr ruhig“, sagt Peter Peyerl. „Darum schließen wir jetzt auch schon um halb vier.“ Dann schiebt er sich das letzte Stückerl Wurst in den Mund.

Zu den Kommentaren