Ein Päckchen Karten, ein Empfangsgerät zum Filme-Streamen und ein Buch, vielleicht ein Thriller Sebastian Fitzeks – Katharina Häckelsmiller, Stürmerin des ERC Ingolstadt, hat ihre sieben Sachen für die Auswärtsfahrt ihrer Mannschaft zusammen. Auch ein Kissen zum Dösen und eine Ladung Geduld nimmt sie mit in den Bus, besonders diesmal, da es für die ERC-Frauen auf die längste Reise der Saison geht. Die Panther treten am Wochenende bei Bundesliga-Neuling HK Budapest an.
Weil das Samstagsspiel schon um 17.10 Uhr beginnt, brechen Häckelsmiller und ihr Team bereits vor dem Morgengrauen in Richtung Ungarn auf. Von Ingolstadt donauabwärts bis nach Budapest sind es etwas mehr als 700 Kilometer Straße, allein für die reine Fahrzeit rechnen die Panther neun Stunden ein. „Wir haben geplant, dass wir drei bis vier Stunden vor Spielbeginn da sind und uns die Füße vertreten“, sagt Trainer Christian Sohlmann. „Das Warm-Up wird etwas länger ausfallen.“
„Bus-Beine“ oder „Bus-Kopf“
So wollen die Panther dem Phänomen entgegentreten, das in der Eishockey-Sprache „Bus-Beine“ heißt: müde Beine durchs lange Sitzen während der Fahrt. Sohlmann meint allerdings: „Wir liegen von allen DFEL-Teams am nächsten an Budapest. Und ich denke, der 'Bus-Kopf' wird das größere Problem. Du gehst früh rein in den Bus, döst mehr oder weniger bequem noch einmal für ein paar Stunden und ab dann guckst du aus dem Fenster.“
Oder, siehe Häckelsmiller, beschäftigst dich eben irgendwie. „Irgendwann klinkt sich aber der Kopf aus“, sagt Sohlmann, „und den wieder wach zu bekommen, das ist deutlich schwieriger als bei den Beinen.“
Als Ausrede gelten lassen will der Panther-Coach dies allerdings nicht, ebenso nicht wie die angespannte Personalsituation in seinem Kader. Zumindest vier Spielerinnen fallen aus, in der vorigen Woche waren aus gesundheitlichen Gründen teils nur sechs Spielerinnen in den Trainingseinheiten – da tat das spielfreie Wochenende zuletzt gut. Sohlmann rechnet sich trotz der Voraussetzungen in Ungarn etwas aus: „Memmingen hat auch eins der beiden Spiele in Budapest gewonnen – da ist der Heimvorteil also nicht unumstößlich. Generell hat Budapest drei seiner letzten vier Spiele verloren, den Europapokal eingerechnet. Sie werden darum sicher mit viel Wut aufs Eis gehen. Mal sehen, was uns da erwartet.“
Wie es am neuen Standort so ist, dazu haben sich die Panther mit den Memmingerinnen ausgetauscht. Die Ungarinnen treten in Tüskesátor an, einer zentrumsnahen Eisbahn, die von außen wie ein aufblasbares Zelt mit angeschlossenen Container-Kabinen aussieht, das auf einen Rasenplatz mit Tartanbahn außen herum platziert wurde.
Gastgeber HK Budapest ist Favorit auf den Titel
Der Gegner, die Panther kennen ihn noch aus dem EWHL Super Cup, stellt harte Konkurrenz da. HK Budapest gehört zu den Favoriten auf den Titel. Was dazu beiträgt: Die Ungarinnen spielen, anders als die oft berufstätigen Spielerinnen der weiteren DFEL-Klubs, unter Profibedingungen. Auch wenn Spielerinnen-Gehälter nicht direkt gezahlt werden dürfen, sondern nur die Nachwuchsförderung und die Infrastrukturverbesserung, steckt hinter dieser Entwicklung ein Finanzmodell des ungarischen Staates, das sich vom deutschen Vereinsansatz stark unterscheidet: Es animiert seit 2011 Firmen dazu, Spenden an den Sport abzutreten, um selbst steuerliche Vorteile zu genießen. Allein im Jahr 2022 sollen in dem 9,6-Millionen-Einwohner kleinen Land über diesen Weg rund 312 Millionen Euro an die förderfähigen Sportarten Eishockey, Fußball, Handball, Basketball und Wasserball geflossen sein.
Was kann der ERC unter diesen unterschiedlichen Umständen erreichen? Sohlmann hat die Spiele des Wochenendgegners auf Video geschaut und analysiert. Er hat Respekt vor dem Gegner, sagt aber auch: „Sie leben stark von ihren Imports und den Ungaro-Kanadierinnen. Sie greifen schnell und schnörkellos an. Wir müssen darauf achten, dass wir uns keine Konter fangen und die Stürmerinnen außen, weit weg vom Tor halten. Sie schalten gut nach vorne um – in die andere Richtung sehen sie allerdings anfällig aus.“ Dort will er ansetzen.
DK
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