ADAC Hallen-Trial
Gunvaldsens genialer Schachzug: Norweger in Ingolstadt mit starker Taktik – Reumschüssel überzeugt als Dritter

19.01.2025 |
Erhard Wallenäffer

Hatte im Finale die besten Nerven: Der Norweger Jarand Gunvaldsen sicherte sich erstmals den Titel des Ingolstädter „ADAC-Hallen-Trial-Meisters“ – mit einem Punkt Vorsprung vor dem Engländer George Hemmingway. Foto: Rimmelspacher

Mehr Spannung geht nicht, als beim 8. ADAC Hallen-Trial in der Ingolstädter Saturn-Arena. Bei Deutschlands einzigem internationalen Indoor-Trial-Event erlebten rund 2700 Zuschauer am Samstag einen spektakulären Motorsport-Krimi.

Mächtige Betonelemente, gestapelte Kanalrohre und riesige Metall-Buchstaben: Oft aus dem Stand mussten die zehn Fahrer meterhohe Hindernisse erklimmen. Fünf deutsche sowie fünf internationale Motorrad-Artisten kämpften um den Titel „ADAC Hallen-Trial-Meister“. Diesen heimste Jarand Gunvaldsen (Norwegen) mit einem Punkt Vorsprung zeitgleich mit dem Schluss-Gong ein.

Gunvaldsen nimmt Strafpunkt in Kauf



Wenn ein Trialfahrer absichtlich den Fuß auf ein Hindernis setzt, dann muss es sich um Taktik handeln. So geschehen, am Samstagabend: Vier Sekunden bevor er durchs Ziel fuhr, trat Gunvaldsen auf das „A“ von den imposanten ADAC-Buchstaben. 2,2 Meter hoch ist es und wie ein „A“ nun mal ausschaut: Extrem steil ist die Flanke, wer davor steht, blickt praktisch auf eine mächtige Wand aus Riffelblech. Hinauf, mit einem extrem kurzen Anlauf, löste der Norweger den allerletzten Sprung des Spektakels. Und oben gelandet, baute er absichtlich die Sicherung ein, welche sich als entscheidend für den Tagessieg herausstellen sollte: „Ich wusste, dass ich mir einen Strafpunkt leisten konnte, um sicher vorne zu landen. Deshalb setzte ich den Fuß auf dem A ab, so konnte ich schneller und sicherer die letzten Meter in Angriff nehmen“, erklärte er anschließend.

Zielankunft in letzter Sekunde



Mitgerechnet, beim Manövrieren und Balancieren, hatte der 24-Jährige also und die heruntertickende Uhr hatte wohl sein „Minder“ (Assistent) fest im Blick. Wie sonst hätte es eine solche Punktlandung geben können? Gunvaldsen durchbrach die Lichtschranke genau in dem Moment, als die Uhr 00:00 als Restzeit anzeigte. „Hier zu gewinnen, ist unglaublich“, jubelte der Ingolstädter Debütant hinterher – wobei dann noch in den Katakomben gejuxt wurde: Eine Reporterin, die sich wohl mit den norwegischen Schriftzeichen auskennt, bemerkte: „Du hast Glück gehabt, dass sie dir ein deutsches A hingestellt haben.“ Das norwegische „Å“ hätte ja noch einen Kreis auf dem „Dach“. Gunvaldsen scherzte gut gelaunt mit: „Wenn du mir ein solches bauen würdest, springe da auch hoch.“

Dabei startete Gunvaldsen nicht so souverän, wie er wollte: „Es lief anfangs gar nicht gut – ich schaffte aber wenigstens den Finaleinzug und dann ging es mir besser und besser.“ Tatsächlich hätte es den späteren Sieger schon früh erwischen können – sprich: Die Qualifikation für das Sechser-Finale war kein Selbstläufer, nur als Fünfter tauchte der Europameister von 2023 zu diesem Zeitpunkt auf der Anzeigetafel auf.

Das „verflixte G“ – viele scheitern daran



Was auffällig war: Bereits der allererste Sprung des Nachmittags stellte die zehn Teilnehmer vor erhebliche Probleme. Es dauerte lange, bis das berüchtigte „G“ von der „Goaßstall-Prüfung“ erklommen wurde. Auch Vorjahressieger Franz Kadlec – der erstmals als Zuschauer dabei war – konnte sich das nicht so recht erklären: „Es gibt heute Nachmittag wesentlich fiesere Situationen, als dieses G. Vielleicht haben manche Teilnehmer das Ding unterschätzt, man muss schon wissen, was man da machen muss. Hätten alle einen zweiten Versuch gehabt, dann wären wohl fast alle hochgekommen“, erklärte der mehrfache Deutsche Meister.

Bald wurde klar, was Kadlec meinte: Eine besonders „fiese Stelle“ war im Finale ein rund drei Meter hohes Kanalrohr, auf welches sich die Piloten vom Boden katapultieren mussten. Keiner der sechs Finalisten landete sicher auf der Abdeckung – auch Gunvaldsen nicht: „Ich meinte, ich wäre komfortabel oben gewesen aber da habe ich mich getäuscht – ich hätte etwas mehr durchziehen müssen, dann wäre ich nicht abgestürzt.“

Ebenso für das Finale qualifizierten sich der amtierende Schweizer Meister Noé Pretalli, David Fabián (Tschechien), George Hemingway (Großbritannien) sowie Paul Reumschüssel und Jonathan Heidel (beide Deutschland). Auf Hemingway hatte Organisationsleiter Stefan Behr aus Neuburg noch während der letzten Woche als Sieger getippt. Weshalb – das wurde schnell klar: Der erst 16-Jährige wirkte bei schwierigsten Situationen fast spielerisch, dann waren es aber Leichtsinnsfehler, die ihn den Gesamtsieg kosteten. Auch beim großen Showdown, kurz vor Gunvaldsens erwähnten Geniestreich, als er einen Fuß auf den gelben Betonstab setzen musste.

Grenzwertige Schwierigkeitsgrade



Jedoch wirkte der Engländer auch mit Platz zwei ziemlich zufrieden, ebenso wie Reumschüssel, der als bester deutscher Fahrer den dritten Platz einheimste. Nach einem Fußbruch kam der Neunkirchener (bei Siegen) mit wenig Training nach Ingolstadt und hätte bei voller Fitness womöglich um den Sieg mitfahren können. Jedenfalls berichten die Organisatoren vom ADAC von einem „rundum gelungenen Motorsportevent“, wenngleich Behr klarstellt: „Vom Schwierigkeitsgrad her waren wir grenzwertig unterwegs, anspruchsvoller geht es kaum.“ Das bestätigt auch Gunvaldsen: „Da waren wirklich viele schwierige Prüfungen dabei – ich bin sehr happy, dass ich die meisten davon gemeistert, und keine dummen Fehler gemacht habe.“

DK


• Endergebnis „ADAC Hallen-Trial 2025“: 1. Jarand Gunvaldsen (24, Norwegen); 2. George Hemingway (16, England); 3. Paul Reumschüssel (24, Neunkirchen); 4. Noé Pretalli (28, Schweiz); 5. David Fabián (19, Tschechien); 6. Jonathan Heidel (20, Amtszell).

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