150-jähriges Bestehen
Gegen das Vergessen und für den Frieden: Soldaten- und Reservistenkameradschaft Zuchering feiert

16.09.2024 | Stand 16.09.2024, 20:03 Uhr |

Die Soldaten- und Reservistenkameradschaft gestern und heute: 1977 stellte sich das Festkomitee mit Fahnenmutter und Festmädchen für das Erinnerungsfoto anlässlich der Fahnenweihe vor der Kirche in Zuchering auf. Fotos: privat

Ihr Ansuchen ist das Gedenken. Die würdevolle Erinnerung an die Vermissten, Gefallenen und Verstorbenen der beiden Weltkriege. Damit das Geschehene, das weltweit Millionen von Menschen gewaltsam aus dem Leben gerissen hat, nicht in Vergessenheit gerät. Jedes Jahr sammelt die Soldaten- und Reservistenkameradschaft (SRK) Zuchering deshalb an Allerheiligen auf dem Friedhof für die Kriegsgräberfürsorge. Auch heuer bitten sie die Friedhofsbesucher am 1. November wieder um eine Spende. „Das ist eine wichtige Aktivität in unserem Verein“, sagt Andreas Nachlinger, seit diesem Jahr neuer Erster Vorsitzender der SRK.

In den vergangenen Monaten hatte Nachlinger einiges an Lesestoff und Recherchearbeit zu bewältigen. Seine Frau Christine und er haben alle Vereinschroniken und weiteres Archivmaterial gesichtet, um die Festschrift zum 150-jährigen Bestehen der SRK zusammenzustellen. Sein rundes Gründungsfest begeht der Verein am Sonntag, 22. September, in Zuchering. 18 befreundete Vereine sowie der Präsident des Bayerischen Soldatenbundes überbringen an dem Tag ihre Glückwünsche. Die gesamte Bevölkerung ist zu den Feierlichkeiten eingeladen. „Wir hoffen auf regen Zulauf“, sagt Nachlinger.

Aus Altersgründen die ganze Führungsriege erneuert

Für den Verein bedeutete der Wechsel an der Spitze so kurz vor dem Jubiläum gewissermaßen eine Zäsur. Denn aus Altersgründen sei die gesamte Führungsriege erneuert worden. Ein Nachfolger als Vereinsvorsitzender habe sich zunächst nicht finden lassen – bis Nachlinger sich bereiterklärte. Das Fortbestehen der SRK wäre sonst nicht gesichert gewesen, von der Organisation des Festes ganz zu schweigen. „Jetzt bin ich stolz, dass wir den Verein weiterführen können“, sagt er. Nachlinger, der seit 25 Jahren Mitglied ist, hat offensichtlich schnell Fuß gefasst in seiner neuen Funktion und schon Nachwuchsarbeit betrieben. Für traditionelle Vereine, denen die Mitglieder wegbrechen, stellt sie heute oft eine große Herausforderung dar. Bei der SRK kann man hier etwas beruhigter in die Zukunft blicken. Aktuell zählt sie laut ihrem Vorsitzenden 109 Mitglieder, darunter auch einige jüngere. Die erste Frau trat 2002 in den Verein ein, geht aus der Festschrift hervor.

Kein Platz für rechtes Gedankengut

„Gegen das Vergessen und für den Frieden“ lautet das Motto der SRK. Der Begriff „Krieger“ komme im Namen heute nicht mehr vor, weil ihm so gut wie keine Kriegsteilnehmer mehr angehörten. „Die jüngeren, die sich für den Verein interessieren und Mitglied werden wollen, fragen aber nach, was wir tun. Und auch wir schauen uns die Leute, die zu uns kommen, an“, sagt Nachlinger. Das prüfende Herangehen hat einen Grund. Denn beide Seiten wollten mit rechtem Gedankengut nicht in Verbindung gebracht werden, betont er. Neben der Kameradschaft pflege man im Verein vielmehr die Geselligkeit und gegenseitige Hilfsbereitschaft. Zu den Aktivitäten gehören demnach Ausflüge, gemeinsame Grillabende, die Teilnahme an Ortsvereinsveranstaltungen und die Sammlung für die Kriegsgräberfürsorge.

SRK ist einer der ältesten Vereine in Zuchering

Für Nachlinger und alle anderen Mitglieder haben darüber hinaus der Erhalt der Traditionspflege und das Bewahren des Andenkens einen hohen Stellenwert. „Weil Vereine immer weniger werden und die Einstellung zur Bedeutung des Gedenkens damit in Vergessenheit zu geraten droht“, sagt er. Um die SRK wäre es dabei besonders schade gewesen, denn der Verein ist laut Nachlinger einer der ältesten in Zuchering. „Vielleicht sogar der älteste“, sagt er. Einen älteren habe er bei seinen Recherchen zumindest nicht finden können.

Ort für Kriegsheimkehrer: Aus der Chronik der SRK

Nach Ende des deutsch-französischen Kriegs von 1870/71 gründeten die heimkehrenden Kriegsteilnehmer aus Zuchering, Winden, Hagau, Lichtenau, Weichering und Brunnenreuth vor 150 Jahren den Veteranen- und Kriegerverein, heißt es in der Chronik. Vereinszweck war ursprünglich, Kriegserlebnisse gemeinsam zu verarbeiten, die Kameradschaft zu pflegen sowie später auch Fürsorge zu betreiben. Gründungsvorsitzender war Adam Hermeter. Vier Jahre später wurde der Verein unter dem Protektorat von König Ludwig II. dem Bayerischen Veteranen-, Krieger-, und Kameradschaftsbund angeschlossen.

31 Gefallene und sechs Vermisste nach dem Ersten Weltkrieg

Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs mussten auch viele Vereinsmitglieder einrücken. Nach Kriegsende zählte die Pfarrgemeinde Zuchering 31 Gefallene und sechs Vermisste. Im Zweite Weltkrieg gab es Aufzeichnungen zufolge 65 Gefallene. 29 Personen galten als vermisst. 1952 nahm das Vereinsleben nach Auslaufen des durch die Besatzungsmächte verhängten Kontrollgesetzes einen neuen Anfang. Bei seiner Wiedergründung gehörten dem Verein 70 Mitglieder an. Vier Jahre später erhielten die Gemeinden Zuchering, Winden und Hagau das Ehrenmal für ihre Gefallenen und Vermissten am Kirchplatz von Zuchering. Es wurde rechtzeitig zum 150. Gründungsfest von der Stadt Ingolstadt renoviert.

Ein bedeutendes Kapitel in der Vergangenheit der SRK war die Weihe der neuen Fahne 1977 mit einem großen Fest. Fahnenmutter ist seither Franziska Amenda. 47 Vereine hatten mit ihren Fahnenabordnungen an der Weihe teilgenommen.

Artikel kommentieren