Gaimersheim
Flucht aus der Ukraine: Eine traumatische Fahrt ins Ungewisse

50 Geflüchtete erreichen die Notunterkunft in Gaimersheim: 28-Jährige berichtet

09.03.2022 | Stand 23.09.2023, 2:26 Uhr

Hochbauchef Ralf Fährmann in einer der Schlafparzellen, in denen mittlerweile die ersten Geflüchteten untergebracht sind. Wie das Landratsamt mitteilte, wird bis Donnerstagmittag bereits die nächste Zuweisung von 50 Personen erwartet. Foto: Schneider

Von Miriam Werner

Gaimersheim – Die 28-jährige Ukrainerin ist erschöpft, müde und fassungslos. Sie und ihre Familie gehören zu den 50 Geflüchteten aus der Ukraine, die vergangenen Dienstagabend in Gaimersheim ankamen. Sie haben die erste Nacht in der Turnhalle des Gaimersheimer Gymnasiums verbracht, das innerhalb kürzester Zeit zu einer Notunterkunft umfunktioniert wurde (DK berichtete).

Der Ukrainerin, die anonym bleiben möchte, fällt es sichtlich schwer, die vergangenen Tage in Worte zu fassen: „Ich habe hier in Gaimersheim meine erste ruhige Nacht seit Langem verbracht. Ich bin froh, dass ich hier bin und nun etwas entspannen kann.“ Sie lebt mit ihrer Familie in Kiew und hat kurz vor Kriegsbeginn von ihrer Schwangerschaft erfahren. „Ich wollte in Kiew bleiben. Ich hätte niemals gedacht, dass der Krieg auch dort ankommt“, berichtet die Ukrainerin. In der Nacht zum 25. Februar hörte die Familie die ersten Schüsse. „Die Kinder hatten große Angst, wir haben gesagt, dass draußen ein Feuerwerk stattfindet.“ In der nächsten Nacht nahmen die Schüsse und Explosionen zu; die Familie musste ihre Wohnung verlassen. „Wir verbrachten die Nacht auf dem Gang in einem Wohnkomplex.“

Langsam wurden in Kiew die Lebensmittel knapp: „Vor den wenigen noch geöffneten Geschäften bildeten sich riesige Schlangen.“ Die 28-Jährige erfuhr von Freunden, wie die Lage in den umliegenden Städten sei – schlimm, sagt sie. Es fällt der Entschluss, die Hauptstadt zu verlassen. Mit sechs weiteren Menschen drängt sie sich in einen kleinen Pkw; das erste Ziel war Lemberg, eine Stadt im Westen der Ukraine. „Wir haben vier Tage gebraucht, weil wir keine Hauptstraßen nutzen konnten und viele Brücken zerstört waren.“

Sie fuhren gemeinsam mit einer Kolonne von 15 Autos. „Wir wurden etwa 50-mal kontrolliert. Immer wieder kamen uns Panzer entgegen.“ Für die 28-Jährige eine traumatische Fahrt – voller Angst um sich und ihr Ungeborenes. „Die ganze Fahrt über habe ich nur geweint. Ich bin immer noch geschockt.“ Wie es weitergehen wird, weiß sie nicht. „Ich habe Angst um mein Baby. Ich warte jetzt erst mal auf einen Frauenarzttermin“, berichtet die Ukrainerin.

Es herrscht bedrückte Stimmung unter den Geflohenen. Nach der Ankunft steht am Mittwoch die Registrierung der Ankömmlinge an. „Die Unterkunft in Gaimersheim dient der Erstaufnahme. Nach der Registrierung werden die Menschen in dezentrale Unterkünfte verlegt“, erklärt Landrat Alex Anetsberger (CSU), „wir sind froh, dass hier so schnell ein Erstaufnahmelager aktiviert werden konnte, aber es ist nicht für einen längeren Aufenthalt gedacht.“

Das Landratsamt habe inzwischen eine zentrale E-Mail-Adresse (ukraine@lra-ei.bayern.de) eingerichtet – dort kommen alle Anfragen an. „Hilfswillige können beispielsweise Wohnungsangebote an die zentrale Stelle melden.“ Unter der Internetseite www.landkreis-eichstaett.de finden Menschen, die helfen wollen, weitere Informationen.

Anetsberger betont: „Ohne die Ehrenamtlichen hier in Gaimersheim würde es nicht gehen.“ Das Rote Kreuz übernehme sämtliche Aufgaben. „Sie helfen bei der Registrierung, im Sanitätsdienst, in der Küche und führen Corona-Testungen durch.“ Auch für die tatkräftige Unterstützung von THW und der örtlichen Feuerwehr sprach Anetsberger seinen Dank aus.

DK