Ivica Grlic sieht in Sabrina Wittmann als Cheftrainerin des FC Ingolstadt eine große Chance – sowohl für die Schanzer als auch die 32-Jährige. Der Sportdirektor erklärt, wie Wittmann die FCI-Bosse überzeugte. Einem möglichen Abgang Jannik Mauses blickt er entspannt entgegen.
Herr Grlic, Anfang Mai übernahm Sabrina Wittmann interimsweise das Traineramt von Michael Köllner. Wann im Verlauf der folgenden Wochen hat es „Klick“ gemacht und Sie wussten, dass Wittmann zur Dauerlösung werden könnte?
Ivica Grlic: Natürlich hat man immer Ideen im Kopf. Ich habe stets betont, dass wir nicht nur Spieler, sondern auch unsere Trainer entwickeln wollen – auch das gehört zu unserer Verantwortung. Wir alle im Verein wissen, wie Sabrina arbeitet, mehr Klub-DNA geht nicht. Gleichzeitig war es in den letzten vier Wochen für sie auch eine Chance reinzuschnuppern und für uns zu sehen, wie sie es macht. Sie hat in der Zeit einen hervorragenden Job gemacht, die Mannschaft hat super mitgezogen und schon einige Dinge erkennen lassen. In solchen Wochen darf man aber auch nicht zu viel erwarten.
Weil?
Grlic: In der Liga waren wir gesichert, nach oben und unten ging nicht mehr viel. Dafür hat die Mannschaft unter der Leitung von Sabrina eine tolle Moral gezeigt, auch die Ergebnisse (fünf Punkte in der Liga, dazu der Toto-Pokalsieg; d. Red.) waren relativ gut.
Grlic: So hat uns Wittmann überzeugt
Wodurch hat Wittmann Sie im Umgang mit der Profimannschaft überzeugt?
Grlic: Da war für uns nichts Neues dabei. Dadurch, dass ich seit April 2023 hier in Ingolstadt bin, kenne ich Sabrina sehr gut und hatte beinahe täglichen Austausch mit ihr. Deshalb wussten wir, wie Sabrina arbeitet. Sie hat uns in keiner Weise überrascht, sondern einfach nur das bestätigt, was wir ohnehin schon von ihr gewusst und erwartet haben. Ich freue mich für sie.
Vom letzten Pflichtspiel der Saison bis zur Verkündung der Weiterbeschäftigung Wittmanns vergingen zehn Tage. Warum hat der FCI so lange damit gewartet, wenn sich der Verein ohnehin für die bereits vorhandene Lösung auf dem Posten des Trainers entschieden hat?
Grlic: Wir hatten intern wie extern klar kommuniziert, dass wir erst einmal die vier Spiele abwarten, ein paar Tage vergehen lassen wollen, viel analysieren und zahlreiche Gespräche führen werden. So sind wir schließlich zu der Entscheidung gekommen, mit Sabrina weiterzumachen. Sie bringt das mit, was wir uns vorstellen und uns in der neuen Saison auch erhoffen. Es gab einige Trainerkandidaten, die den Posten beim FC Ingolstadt übernehmen wollten. Uns hat aber niemand abgesagt: Es ist einfach eine bewusste Entscheidung für Sabrina – keine gegen jemand anderen. Auch wenn das einige behaupten, ist das mit Sabrina keine PR-Geschichte, es geht rein um das Inhaltliche. Sie hat uns mit ihrer Art und Weise komplett überzeugt, wir trauen ihr den Job mit vollster Überzeugung zu. Natürlich müssen und werden wir ihr den Rücken stärken und so gut es geht den Druck nehmen, damit sie in Ruhe arbeiten kann. Das liegt auch in meiner Verantwortung.
Druck beim FCI – auch für Trainerin Wittmann
Erfolgsdruck besteht für die Schanzer kommende Saison ja unabhängig davon, wer an der Seitenlinie steht.
Grlic: Natürlich! Im Sommer 2023 hatten wir einen größeren Umbruch. Jetzt geht es darum, die fehlenden Puzzlestücke zu ergänzen, damit wir eine deutlich erfolgreichere Saison spielen können. Wir haben alle das gleiche Ziel.
Wittmann ist zumindest einmal im Profibereich noch eine Novizin. Hat der Verein keine Bedenken, dass die Belastung für sie zu groß werden könnte – gerade wenn ab Januar die Lehrgänge für den Erwerb der Uefa-Pro-Lizenz beginnen?
Grlic: Es gibt auch andere Trainer, die noch nicht über ein so großes Maß an Erfahrung verfügen. Entscheidend ist, was wir von unserem neuen Trainer wollen. Dazu zählen eine Identifikation mit dem Verein und eine klare Philosophie, die sich zudem mit der des Vereins deckt. Außerdem ist Sabrina eine Menschenfängerin. Das Schöne ist, dass sie keine Eingewöhnungszeit braucht, weil sie ja schon vier Wochen dabei war. Sie kennt, abgesehen von den Neuzugängen, alle Spieler und den Verein. Das ist ein großer Vorteil.
Bis Wittmann mit den Lehrgängen beginnt, werden für die Schanzer pro Spiel 3500 Euro plus eine Einmalzahlung von 10 000 Euro fällig.
Grlic: Natürlich informiert man sich darüber, wir waren und sind mit dem DFB im Austausch. Ich kann sagen: Sabrina erfüllt alle Voraussetzungen, um für den Lehrgang zugelassen zu werden (Bewerbungsphase im Herbst 2024; d. Red.).
Wer wird das Training leiten, wenn Wittmann wegen ihrer Präsenzphasen in der Sportschule Hennef vorübergehend ausfällt?
Grlic: Das wird das Trainerteam übernehmen. Bis dieses komplett ist, wird es noch ein paar Tage dauern. Bei den Co-Trainern wird sich auf jeden Fall noch etwas tun.
Wittmann hat die Rückendeckung des Klubs, die Herzen der Fans fliegen ihr zu – eine Garantie für eine erfolgreiche Saison ist das allerdings nicht. Bleibt sie den Schanzern erhalten, wenn es mit ihr als Cheftrainerin der Profis nicht klappt?
Grlic: Ich bin ein Mensch, der das halb volle Glas sieht, nicht das halb leere. Ich denke immer positiv. Hätten wir im Verein nicht die vollste Überzeugung, dass es klappt, würden wir Sabrina die Chance ja nicht geben. Von daher stellt sich die Frage überhaupt nicht, und auch nur einen Gedanken an ein Scheitern zu verschwenden, wäre der falsche Ansatz. Wir glauben an sie und ihre Qualität. Jeder Trainer hat mal jung angefangen, jetzt ist ihre Zeit.
Im vergangenen Sommer musste der FCI mit Tobias Bech seinen besten Torschützen ziehen lassen. Wurde durch Tim Heike (Vize-Torschützenkönig der Regionalliga Nordost) von Energie Cottbus schon für einen möglichen Abgang Jannik Mauses vorgesorgt?
Grlic: Nein. Für uns ist es doch super, wenn ein Spieler wie Jannik, den wir aus der Regionalliga verpflichtet haben, zu uns kommt und Torschützenkönig wird. Dass Erfolgsgeschichten eines Spielers Begehrlichkeiten wecken, ist der ganz normale Lauf der Dinge im Fußball.
FCI: Wechselt Torschützenkönig Mause?
Also stellen Sie sich darauf ein, dass in Bezug auf einen Mause-Transfer etwas passieren könnte?
Grlic: Wir sind gleichzeitig auch ein Unternehmen, und so müssen wir auch denken. Stand jetzt ist es so, dass wir nicht darüber nachdenken. Wenn aber ein Angebot eines anderen Klubs kommt, von dem wir denken, dass das passen könnte, müssen wir uns zusammensetzen.
Werden Sie – im Falle eines Abgangs von Mause – im Angriff auf dem Transfermarkt noch einmal aktiv?
Grlic: Wir haben mit Deniz (Zeitler; d. Red.) und Ogi (Ognjen Drakulic, d. Red.) zwei sehr große Talente. Dennoch wird im Angriff mit Blick auf den Konkurrenzkampf und die Kaderbreite noch etwas passieren. Das kann auch sehr schnell gehen.
Artikel kommentieren