Die Wahl des richtigen Vornamens ist eine der schwierigsten Aufgaben schlechthin – zumal in Zeiten, in denen fast alles erlaubt ist. Doch die Liberalisierung im Namensrecht hat nicht unbedingt zu mehr Kreativität geführt, wie jüngste Beispiele zeigen. Erika, Kasimir und Peter heißen die drei Wisentkälber, die am Baggersee geboren wurden. Die Namensgebung des dafür zuständigen Amtes für Sport und Freizeit folgt recht einfachen Regeln: Bei männlichen Kälbern gilt die freie Auswahl, bei weiblichen wird oft der Name einer Mitarbeiterin genommen.
Das funktioniert und ist soweit nicht zu beanstanden, aber kein Vergleich zu 1972, als die ersten Tiere aus Polen eintrafen. Damals suchte man noch Paten für diese wild lebende Rinderrasse – und sie waren schnell gefunden: Audi NSU, Sparkasse und Schöffbräu, später besser bekannt als Ingobräu. Dementsprechend hießen die Tiere Schöffi, Stasi und Rudi – nach dem damaligen VW-Chef Rudolf Leiding.
Im Mai 1974 stellte sich erstmals Nachwuchs im Wisent-Gehege ein: Isidor und Isabeau wurden jedoch zwei Jahre später wieder verkauft, nachdem sich die Wildrinder so erfolgreich fortgepflanzt hatten, dass das Gehege zu klein zu werden drohte.
Während die Idee der Patenschaften in Ingolstadt in Vergessenheit geriet, lebt sie nur wenige Kilometer entfernt noch fort. So taufte im Vorjahr der ehemalige Ministerpräsident Horst Seehofer das 100. Wisentkalb im Donaumoos – auf den Namen seiner Frau Karin. Wäre das nicht auch ein Beispiel für die Tiere im Wildgehege am Baggersee? So eine Patenschaft wäre ja auch eine Art Verpflichtung, sich um den kleinen Wisent zu kümmern und vielleicht einen Teil der Futterkosten zu übernehmen. Gerade in Zeiten wie diesen, wo überall in der Stadt gespart werden muss! Der Stadtrat sollte da mit gutem Beispiel vorangehen und kleine Wisente nach seinen Mitgliedern benennen. Und die vox populi hätte dann im wahrsten Sinne des Wortes wirklich recht, wenn sie wieder mal den Stadtrat als einen Haufen von Rindviechern bezeichnet...
peh
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