Bevor das erste Viertel der Saison der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) sein Ende nimmt, steht dem ERC Ingolstadt noch eine entscheidende Woche bevor: Können sich die Panther an diesem Donnerstag (19.30 Uhr) auch gegen Spitzenreiter und Meister Eisbären Berlin sowie drei Tage später beim Tabellenfünften EHC München bewähren, dürfen sie sich endgültig zu den absoluten Top-Teams der Liga zählen.
„Wer da nicht kommt, ist selber schuld“ lautet der Slogan, mit dem der ERC für das Spitzenspiel gegen die Eisbären wirbt. Es ist das direkte Duell um die Tabellenführung – und es verspricht tatsächlich ein Eishockey-Fest zu werden: Berlin sicherte sich am Dienstagabend in der vorgezogenen Partie gegen die Grizzlys Wolfsburg mit einem 5:4-Sieg nach Verlängerung den Sonnenplatz, der ERC lauert bei einem Spiel weniger mit nur einem Zähler Rückstand auf Rang zwei.
Mehr zum ERC Ingolstadt lesen Sie auf unserer Sonderseite
Die Panther sind zu Hause noch ungeschlagen und damit das heimstärkste Team der Liga, die Berliner verloren auswärts nur einmal im Penaltyschießen und sind auf fremdem Eis das Maß der Dinge. Die Eisbären haben mit Gabriel Fontaine den erfolgreichsten Stürmer in ihren Reihen, die Ingolstädter mit Alex Breton den punktbesten Verteidiger. Und während der Deutsche Meister gegen Wolfsburg seinen achten Sieg in Folge feierte, hat der ERC in den vergangenen zehn Partien nur eine Niederlage kassiert.
Ultimative Bewährungsprobe für die Panther
Werden die beiden Spiele gegen Berlin und drei Tage später in München – die zwei Teams, die in den vergangenen neun Jahren bis auf eine Ausnahme den Meistertitel unter sich ausmachten – also zur ultimativen Bewährungsprobe für die Panther? „Ja sicher“, sagt Verteidiger Morgan Ellis. „Du weißt nicht wirklich, wie gut du im Vergleich dastehst, bis du gegen alle Mannschaften gespielt hast.“ Schon am vergangenen Wochenende hatten sich die Ingolstädter ausgezeichnet, als sie der 2:6-Pleite bei den Nürnberg Ice Tigers, die die Erfolgsserie nach acht Siegen beendete, einen 4:2-Triumph gegen den Vizemeister und aktuellen Tabellendritten Pinguins Bremerhaven folgen ließen. „Wir haben eine tolle Antwort auf die Niederlage geliefert“, sagt Ellis. „Nach der schwachen Leistung in Nürnberg war das natürlich wichtig.“
Ellis ist reifer geworden
Schon in der Corona-Saison 2020/21 spielte der Verteidiger in der Schanz, danach wechselte er in die Hauptstadt und feierte mit den Eisbären zweimal den Meistertitel. Doch der Wunsch nach einem familiären Umfeld zog Ellis zurück nach Ingolstadt. Im Vergleich zu seiner ersten Spielzeit beim ERC ist der neue Vizekapitän in den vergangenen drei Jahren noch reifer geworden. Er ist eine der Leitfiguren, die gerne Verantwortung übernehmen, entschlossen agieren und Ingolstadts Mannschaft in dieser Saison große Stabilität verleihen.
Der Teamgedanke steht bei Ellis stets an erster Stelle, er achtet sehr auf respektvollen Umgang – Werte, die ihn schon seit seiner Kindheit prägen. Der 32-Jährige wuchs mit drei Brüdern und zwei Schwestern auf einem Bauernhof im Städtchen Summerside auf Prince Edward Island im Osten Kanadas auf. „Wir hatten nicht viel, aber meine Eltern waren sehr selbstlos und haben extrem hart gearbeitet, um uns etwas bieten zu können“, erzählt Ellis. „Sie haben viel für uns geopfert, als wir aufwuchsen.“ Heute versucht der Vater zweier Söhne, dem Beispiel seiner Eltern zu folgen. „Wenn du älter wirst, wird dir das erst so richtig klar, als Kind ist dir das nicht so bewusst“, sagt Ellis. „Das Wichtigste ist, dass du dich und andere respektierst und versuchst, die Leute anständig zu behandeln.“
Ellis will Torflaute beenden
Auch während seiner Zeit in Berlin zeigte sich Ellis mit den Panthern freundschaftlich verbunden, und nun pflegt er mit seinen ehemaligen Teamkollegen von den Eisbären nach wie vor Kontakt – vor allem mit Nationalspieler Tobias Eder, der im Moment gegen einen bösartigen Tumor ankämpft. „Ich melde mich regelmäßig bei ihm, um zu sehen, wie es ihm geht“, sagt Ellis. „Es ist natürlich eine Nachricht, die niemand erhalten will. Aber er hat sich eine sehr positive Einstellung bewahrt, er bekommt tolle Unterstützung – und wir sind alle für ihn da. Er wird sich da bestimmt durchkämpfen.“
Am Donnerstagabend aber muss die Freundschaft mit den Berlinern kurz ruhen. „Natürlich will ich gegen sie gewinnen!“, sagt Ellis. Als Abwehrstratege ist es in erster Linie seine Aufgabe, die beste Offensive der Liga vom eigenen Tor fernzuhalten. Vielleicht aber gelingt es Ellis gegen sein Ex-Team auch, seine Torflaute zu beenden und nach neun Monaten beziehungsweise 39 Spielen wieder einmal zu treffen. „Es ist auf jeden Fall Zeit, diese Serie zu brechen“, sagt Elllis und lacht. „Wenn das ausgerechnet gegen Berlin klappt, wäre es natürlich besonders toll.“
ERC Ingolstadt in Kürze
• Personal: Definitiv verzichten muss ERC-Trainer Mark French im Spitzenspiel gegen Berlin auf den gesperrten Verteidiger Mat Bodie. Der Einsatz von Torhüter Michael Garteig, der am vergangenen Freitag in Nürnberg kurz vor dem Ende der Partie ausgewechselt werden musste, ist fraglich. „Bislang haben meine Spieler einen guten Job gemacht. Wir können aber noch besser spielen – das werden wir gegen Ingolstadt brauchen“, sagt Eisbären-Trainer Serge Aubin.
• Gegner: Die Berliner haben sich mit dem 5:4-Heimsieg nach Verlängerung im vorgezogenen Spiel gegen Wolfsburg am Dienstag an den Panthern vorbei an die Tabellenspitze der DEL geschoben – es war ihr achter Sieg in Folge. Schon zwei Tage zuvor hatten sie sich bei den Grizzlys mit 3:2 nach Verlängerung durchgesetzt. Verlassen kann sich der Meister vor allem auf seine Topscorer Gabriel Fontaine und Leo Pföderl, beide stehen bei 17 Punkten. Doch auch Ty Ronning hat einen Lauf: Der Ex-Panther hat in jedem der sieben Spiele, in denen er zum Einsatz kam, gepunktet, in fünf mindestens doppelt, und so bislang 13 Punkte gesammelt. In den Special Teams präsentiert sich Berlin jeweils als viertbestes Team der Liga. „Wir dürfen ihnen keine Gelegenheit zum Kontern geben, denn sie haben viele gute Stürmer, aber auch viele tolle Verteidiger“, sagt ERC-Verteidiger und Ex-Eisbär Morgan Ellis. „Besonders gegen Stettsy oder Hildy im Berliner Tor müssen wir unsere Chancen nutzen, die wir bekommen.“
• Pausenshow: In der ersten Drittelpause tritt am Donnerstag Stickhandling-Spezialist Swaggy P auf und zeigt seine Tricks auf dem Eis. „Ich freue mich sehr auf die Atmosphäre, ich habe schon viel über die ERC-Fans und ihren Stolz und ihre Leidenschaft gehört“, sagte der US-Amerikaner am Mittwoch unserer Zeitung. „Und natürlich bin ich gespannt auf das Spitzenspiel.“
Artikel kommentieren