Gegen Verkehrschaos
Elternbeirat richtete zwei Hol- und Bring-Zonen vor der Grundschule Gotthold Ephraim Lessing ein

29.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:11 Uhr

An der Elternhaltestelle Nord am Oberen Taubentalweg: Die Elternbeiratsmitglieder Baris Budak (v.l.), Michael Hofmann und Rümeysa Seiler mit den Kindern (v.l.) Hira, Esmira, Melissa, Leni und Melih. Sie besuchen die Grundschule Gotthold Ephraim Lessing, vor der es wegen der vom Elternbeirat initiierten Hol- und Bringzonen morgens und nachmittags nicht mehr so zugeht. Foto: Silvester

Es ist Verkehrserziehung auf die harte Tour. Wie unangenehm Massen an Autos sein können, lernen viele Kinder jeden Tag – ganz ohne Zutun ihrer Schule: vor dem Schultor.

Schlangen von Fahrzeugen wälzen sich vorbei, von Betrachtern mal spöttisch, mal genervt „Elterntaxis“ genannt, nicht selten gelenkt von gestressten Vätern oder Müttern, die sich gegenseitig anhupen. Und im schlimmsten Fall anbrüllen. Lehrerinnen und Lehrer sowie Rad fahrende oder zu Fuß gehende Kinder und Eltern können da wilde Geschichten erzählen. Rings um Schulen, die oft in Wohngebieten liegen, wird vor 8 und wieder ab 13 Uhr so ziemlich alles zugeparkt, ob zulässig oder nicht. Riskante Wendemanöver können kleine Kinder in Gefahr bringen. Im Herbst und im Winter läuft das Chaos auch noch bei schlechter Sicht oder Dunkelheit ab.

Der Elternbeirat der Grundschule Gotthold Ephraim Lessing wollte da nicht länger zuschauen. Er entwickelte einen Plan, um die Fahrzeugströme rund um die Schule an der Lessingstraße zu entzerren und damit der Sicherheit der Kinder zu dienen. Die engagierten Mütter und Väter richteten zwei spezielle Haltestellen für Eltern ein, jeweils ca. 200 Meter von der Schule entfernt: Eine der ausgeschilderten Hol- und Bringzonen liegt nördlich am Oberen Taubentalweg bei der Bäckerei Kuttenreich. Die andere findet sich südlich der Schule Richtung Regensburger Straße bei der Agip-Tankstelle.

ADAC hat Leitfaden veröffentlicht

„Die Kinder können die letzten 200 Meter zur Schule problemlos zu Fuß gehen“, sagt Elternbeirat Michael Hofmann, der die Aktion mitinitiiert hat. „Das empfiehlt auch der ADAC. Der hat dafür einen Leitfaden veröffentlicht.“ Titel: „Das Elterntaxi an Grundschulen.“

Vor zwei Jahren hat der Elternbeirat die ersten Schilder an den Elternhaltestellen angebracht: selbst gebastelte. Aufschrift: „Hol- und Bringzone Grundschule. Ab hier zu Fuß.“ Schnell sammelten die Mütter und Väter zu ihrer Freude gute Erfahrungen: „Sehr viele Eltern halten seitdem nicht mehr direkt vor der Schule. Das entzerrt den Verkehr deutlich“, erzählt Elternbeirat Baris Budak. Zuvor sei es vor 8 Uhr oft „zugegangen wie bei einem Boxenstopp“, berichtet Hofmann. Inzwischen laufe es entspannter. Nach Unterrichtsende um 17 Uhr – die Lessing-Grundschule ist eine reine Ganztagesschule – hätten die Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto abholen, ohnehin weniger Stress. „Manche verbinden die Fahrt etwa mit einem Einkauf beim Bäcker.“

Die Haltezone nahe der Regensburger Straße werde noch besser angenommen, berichtet Elternbeirätin Rümeysa Seiler. „Die meisten Kinder gehen beim südlichen Schultor raus.“

Professionelle Schilder auf eigene Kosten

Die positive Akzeptanz hat den Elternbeirat jetzt dazu bewogen, professionelle Schilder anzubringen, auf eigene Kosten. „Das hat 585 Euro gekostet – wirklich nicht viel, wenn man bedenkt, wie viel sie bringen“, sagt Michael Hofmann. Den Erfolg der Aktion erklärt er auch damit, „dass die Schulleitung die Haltezonen sehr gut kommuniziert hat – unsere Eltern wissen also Bescheid und sehr viele nutzen sie“.

Der Elternbeirat wende sich mit der Initiative nicht deshalb an die Öffentlichkeit, „um zu sagen, dass wir so toll sind, sondern weil wir hoffen, dass viele Schulen diesem Beispiel folgen und Elternhaltestellen einrichten“, betont Hofmann. Mit mindestens ca. 200 Metern Distanz zur Schule (immer abhängig von deren Lage und Verkehrsanbindung), denn sonst ergeben sie wenig Sinn.

Rechtlich schaut es so aus: In den Hol- und Bringzonen besteht offiziell ein eingeschränktes Halteverbot. Die Zusatzbeschilderung des Elternbeirats „Ab hier zu Fuß“ ist natürlich nicht verpflichtend, sondern nur eine große Bitte. Aber eine, die offenbar wirkt.

DK