Ingolstadt
Ein blühender Lebensweg

Vor 30 Jahren entstand das Ingolstädter Pflanzenlabyrinth im Klenzepark – Sommerfest am Sonntag

17.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:09 Uhr

Eintauchen in ein grünes und in vielen Farben leuchtendes Paradies kann man derzeit im Pflanzenlabyrinth im Klenzepark Ingolstadt. Fotos: Fröhlich

„Wir sind stolz darauf, dass wir das schon eine so lange Zeit erhalten“, sagt Dagmar Weber-Güth. Die 75-Jährige gehört zu den 15 Aktiven, die sich seit 30 Jahren um den Labyrinthgarten im Ingolstädter Klenzepark kümmern. 30 waren es einmal, Ingolstädter Frauen, Männer und Kinder, die anlässlich der Landesgartenschau 1992 sich zusammentaten, um jenen Zürcher Frauen zu folgen, die sich zum Ziel gesetzt hatten, weltweit an möglichst vielen Plätzen Labyrinthe entstehen zu lassen. „Initiator in Ingolstadt war Günther Michael Doliva, der zuvor im französischen Chartres von der Labyrinth-Idee inspiriert wurde. Mit Unterstützung der Stadt Ingolstadt ging die Gruppe ans Werk“, sagt Weber-Güth und blickt auf das Pflanzenlabyrinth, in dem gerade die Rosen blühen, in Rot und Weiß, in dem zwischen viel Grün die Taglilien in Orange und Gelb verschwenderisch ihre Akzente setzen. Die Kinder, die gerade mit ihren Eltern den Windungen des 600 Meter langen Weges ins Zentrum folgen, kaum zu sehen. Sogar Erwachsene tauchen tief in die üppige Pflanzenwelt ein.

„Kinder nehmen sich oft mehr Zeit, suchen auch nicht eine Abkürzung, um zum Apfelbaum im Zentrum zu kommen“, erzählt Weber-Güth und lächelt. Sie folgen instinktiv der Bedeutung des Labyrinths, das den Lebensweg darstellt, der nicht geradlinig verläuft, sondern in Windungen, Wendungen auf besondere Weise die Mitte umkreist und nur einen Ein- und Ausgang hat. Wer hastig ein Beet überspringt, muss neu beginnen.

So jedenfalls ist die Ursprungsform, die ausgehend von einem Kreuz in der Mitte Kreise zieht, der Weg nach links und rechts pendelt, von innen nach außen, zurück zur Mitte und wieder zum Ausgang. Das Ingolstädter Labyrinth erinnert überdies an den mittelalterlichen Stadtkern Ingolstadts, hat wie bei fast allen Labyrinthen im Westen den Eingang, was dem Kreuztor, entspricht. Das Zentrum, der Apfelbaum – mittlerweile zum Wünschebaum geworden ist –, verweist auf die Moritzkirche mit dem Pfeifturm. Beides erklärt am Eingang das Logo, das der Lehrer Gernot Dettweiler entworfen hat.

Es gibt viele Labyrinthe – als Bodenmosaik in Kirchen, als Stein- oder Rasenlabyrinth. Das Ingolstädter Pflanzenlabyrinth ist einmalig in Bayern. „Die Menschen kommen aber nicht nur der Pflanzen wegen, sondern in besonderen Lebenssituationen, folgen dem Weg, umkreisen ihre eigene Mitte, finden Trost wie jene schwerkranke Frau, die ihre Freunde hierher eingeladen hatte, um sich von ihnen zu verabschieden“, erinnert sich Weber-Güth.

Sechs volle Gästebücher mit schönen Beiträgen

Im Gästebuch, das am Eingang ebenso bereit liegt wie Info-Flyer, geben die Menschen Auskunft, was sie hierher führt. Wie das junge Paar, das wenige Tage vor der Geburt ihrer Tochter die Wartezeit auf den Entbindungstermin mit einem Gang im Labyrinth verband. Und später mit Baby wiederkam. Sechs solcher Gästebücher zeugen von unterschiedlichen Motiven. Oft ist ein Dank dabei: „Es ist eine besondere Freude, dass es Menschen gibt, die nicht nur dem Geld hinterherjagen, sondern anderen ein besonderes Erlebnis schenken.“ Tatsächlich arbeitet die Gruppe ehrenamtlich, ist auch nicht als Verein organisiert. „Da hätten wir Auflagen, einen Vorstand zu wählen. Ja, es wäre für Zuschüsse einfacher.“

Aber es gehe auch so. Bei Veranstaltungen werden Spendenboxen aufgestellt. Sogar Referenten nehmen das anstelle eines fixen Honorars. Viele Begleiter wurden in den vergangenen Jahren gefunden – im musikalischen Bereich oder im organisatorischen wie etwa der kostenlose Raum im Bürgerhaus zu Besprechungen, Material kommt vom Gartenamt (Rindenmulch, die neue Sitzgruppe, die Box für die Arbeitsgeräte) oder es gibt Pflanzenspenden. Den Draht gegen die Karnickel haben Mitglieder der Gruppe selbst angebracht. Auch das neue Tor am Eingang, das aber nie verschlossen ist.

Seit 1998 ist Dagmar Weber-Güth dabei. Damals profitierte das Labyrinth von der Landesausstellung „Geschichte der Frauen in Bayern. Von der Völkerwanderung bis heute“ in den Ausstellungshallen im Klenzepark. Zwar wurden die Beete – wie Blumen-Sonnenuhr nach Linné von Marianne Aschenbrenner – weiterhin zweimal im Monat gepflegt. Doch der Schwung war damals etwas dahin. Das evangelische Bildungswerk bot aber samstags Führungen zum Lebensweg an. Und vielleicht inspirierte die Landesausstellung dazu, dass ab 2001 (beginnend mit Marieluise Fleißers Worttafel „...aber suchen müssen die Menschen halt – dann haben wir gesucht in Gedanken, Worten und Werken“) mit Kunst und Gedenksteinen an sieben Ingolstädter Frauen erinnert wird: an Gerda Wanda Poley, Käthe Krakow-Kröner, Sr. Euphemia Blaschke, Emmi Böck, Professor Christa Habrich. Das jüngste Ge-Denk-Mal ist seit 2017 der Friedenspfahl mit seiner in vier Sprachen gehaltenen Botschaft „Möge Friede auf Erden sein“.

Neue Mitglieder gesucht für den Kraftort

„Wir bemühen uns, das Labyrinth weiter populär zu machen. Mit Führungen durch unsere Pflanzenspezialistin Christine Rottmair, mit Veranstaltungen wie Märchenerzählen, Tanz zur Tag-und-Nacht-Gleiche oder Klangschalenmeditation. Im August gibt es sonntags um 8 Uhr Wellness mit Qigong und Aroha, einer Art Tanz der neuseeländischen Maori“, zählt Weber-Güth auf. Im Labyrinth lässt sich das Werden und Vergehen der Natur erleben. Auch mit Festen wie dem Sommerfest, das heuer an 30 Jahre Labyrinth erinnert und an den Idealismus der Ehrenamtlichen. Die aber älter geworden sind: „Wir hätten gern neue Mitglieder, um den Kraftort zu erhalten und mit Leben zu erfüllen“, sagt Dagmar Weber-Güth.

Sommerfest und Kontakt

Das Sommerfest am Sonntag, 19. Juni, beginnt um 18 Uhr. Musik und Gesang hat die Labyrinthgruppe bereits organisiert. Essen und Trinken sollten die Gäste aber selbst mitbringen.

Wer vorab Kontakt aufnehmen möchte, kann dies unter Telefon (0841) 95119742 (D. Weber-Güth), (0841)9937768 (M. Aschenbrenner) oder (08450) 3013301 (F. Suchy) tun. Das weitere Jahresprogramm steht auch im Internet unter www.Labyrinth-Garten-Ingolstadt.de.

DK