Schlicht mit „Rath“ ist der zehnte Band der Gereon-Rath-Reihe betitelt. Er setzt im Herbst 1938 ein, als Gereon und Charlotte Rath auf den richtigen Moment warten, Deutschland zu verlassen. Doch Gereons Vater liegt im Sterben. Er will nicht weg, obwohl er unter falscher Identität hier lebt und in großer Gefahr ist. Und Charly sucht ihren ehemaligen Pflegesohn Fritze, der ausgerissen ist und unter Mordverdacht steht. Währenddessen spitzen sich die politischen Verhältnisse immer mehr zu und gipfeln schließlich in den Novemberpogrome von 1938. Erneut erzählt Volker Kutscher (62) eine überaus komplexe Geschichte, in der viele lose Fäden aus den vergangenen Bänden noch zusammengeführt werden und schafft mit „Rath“ ein grandioses Finale einer außergewöhnlichen Reihe. Am 4. Februar ist der Bestsellerautor in Ingolstadt zu Gast und liest in der Buchhandlung Rupprecht aus seinem neuen Werk.
Herr Kutscher, seit 20 Jahren leben Sie in einem Paralleluniversum: Was hat Sie eigentlich an den 20er und 30er Jahren so interessiert, dass Sie ein Drittel Ihres Lebens in diesem politischen, gesellschaftlichen, literarischen Kosmos verbringen (wollten)?
Volker Kutscher: Das sind eigentlich mehrere Dinge. Einmal hat mich natürlich das turbulente Leben in Berlin in den späten 20ern und frühen 30ern fasziniert. Das Berlin der Weimarer Republik war, befreit von den Fesseln der Kaiserzeit, ein überaus spannender Ort, Kultur und Wissenschaft blühten. Ich habe mich immer gefragt, was denn aus diesem demokratischen Deutschland geworden wäre, wenn es nicht durch die Diktatur der Nazis abgelöst worden wäre. Und das ist der zweite Grund für meine Romanreihe: Besser verstehen zu lernen, warum es so gekommen ist, wie es eben gekommen ist. Warum die Weimarer Republik leider Gottes eben keine Zukunft hatte.
Mit dem 10. Band „Rath“ haben Sie Ihre Romanreihe um Gereon Rath beendet, Sie sind gerade auf Lesereise quer durch Deutschland. Fühlt sich diese Abschiedstour irgendwie anders an?
Kutscher: Ja, das fühlt sich schon anders an, weil ich ja weiß, dass ich zum letzten Mal mit einem Rath-Roman auf große Lesereise gehe. So spielt natürlich auch ein bisschen Wehmut mit. Aber ich habe erst rund ein Dutzend Lesungen mit „Rath“ gemacht, die allermeisten habe ich noch vor mir. Selbstverständlich werde ich weiterhin schreiben. Und mich dabei zunächst auch weiterhin in der Welt von Gereon Rath bewegen. Zunächst einmal wird es im Herbst nach „Moabit“ und „Mitte“ einen dritten Erzählband geben, der wieder in der Lieblingsbücher-Reihe der Berliner Illustratorin Kat Menschik erscheint. Er wird „Westend“ heißen, das Manuskript habe ich gerade fertiggestellt. Und bevor ich mich dann in zwei, drei Jahren an einen neuen Roman mache, wird es bei Piper noch einen Band mit Rath-Kurzgeschichten geben, für den ich jetzt anfange, die Ideen zu sammeln. Im Augenblick macht es großen Spaß, sich einmal eine Weile an den kleinen Erzählformen zu probieren.
Was werden Sie in „Westend“ erzählen?
Kutscher: Allzuviel kann ich nicht verraten, ohne zu spoilern. Schon das Setting verrät eigentlich zu viel. Also, bevor jetzt irgendjemand weiterliest, der das nicht mag: ganz, ganz großer Spoileralarm! Es geht nämlich um Gereon Rath, der im Frühjahr 1973 in Berlin im privaten Seniorenheim Westend interviewt wird. Gereon wird den Krieg also überleben. Noch mehr darf ich aber auf gar keinen Fall verraten. Kat Menschik hat das Manuskript schon bekommen und mit ihren Illustrationen begonnen. So werde ich jetzt wieder alle paar Tage mit einer Zeichnung in meiner Mailbox beschenkt. Was soll ich sagen? Es sieht so aus, als würde „Westend“ wieder ein sehr schönes Büchlein werden, Kat ist einfach grandios.
DK
Die Fragen stellte Anja Witzke.
Volker Kutscher liest am 4. Februar um 20 Uhr in der Buchhandlung Rupprecht, Ludwigstraße 14, in Ingolstadt, Karten gibt es im Vorverkauf in der Buchhandlung. „Rath“, der 10. Band der Gereon-Rath-Romane, ist bei Piper erschienen, umfasst 624 Seiten und kostet 26 Euro.
Artikel kommentieren