Konzertkritik
„Blues im Westpark“ mit Rad Gumbo und Nick Woodland

19.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:52 Uhr

Robert „Dackel“ Hirmer: Rad Gumbo tritt am 30. Juni im Bauerngerätemuseum Hundszell auf, am 15. Juli im Pfarrsaal Kösching und am 20. Juli beim Bürgerparkkonzert in Pfaffenhofen Foto: Leitner

Ziemlich genau drei Jahrzehnte war das Ingolstädter Bluesfest, hinter dem Konzertveranstalter Walter Haber stand, fester Bestandteil der Kulturszene Ingolstadts und gleichermaßen der bundesweiten Bluesszene. Nach der Übernahme durch das städtische Kulturamt kam das Aus. Wegen Corona konnte man das Festival zuerst nicht weiterführen und nachher wollte man dies nicht.

Nun wagt Haber einen Neuanfang, schickt mit einem Doppelkonzert mit den Lokalmatadoren von Rad Gumbo und der Nick Woodland Band einen Versuchsballon in den Ingolstädter Blueshimmel, einfach um mal zu sehen, ob nach der Zwangspause bei ehemaligen und neu dazugewonnenen Fans noch genügend Interesse an Live-Blues vorhanden wäre. Vielleicht würde sich ja, wenn die Zuschauerzahlen stimmten, daraus sogar eine neue Konzertreihe entwickeln, für die es sogar schon einen Namen gäbe, nämlich „Blues im Westpark“, weil sie in der dortigen Eventhalle stattfinden würde. Soweit der Plan.

Erfreulicherweise ist die Halle restlos ausverkauft, die Thermik stimmt also, der erwähnte Ballon gewinnt schnell an Höhe und nimmt Fahrt auf. Was seinen Grund auch darin hat, dass Haber mit den verpflichteten Bands verständlicherweise erst mal auf zwei Bluesfest-Schlachtschiffe setzt, garantierten doch Robert „Dackel“ Hirmer, Erwin Schmidl und Gerhard Spreng alias Rad Gumbo und Woodland, der den Abend eröffnet, bereits zu Bluesfest-Zeiten immer wieder ausverkaufte Konzerte. Trotz der im Vergleich des damals noch urig-gemütlichen Ambientes der Neuen Welt eher nüchternen Atmosphäre in der Eventhalle ist der alte Zauber sofort wieder da. Rad Gumbo bieten ihrem Publikum einen Querschnitt aus ihrem umfangreichen Songrepertoire, das auch nachzuhören ist auf ihren beiden Alben. Das um den Gitarristen Jan Pfisterer erweiterte Trio spielt seine typische, auf dem Akkordeon und der großartigen Stimme von Dackel Hirmer basierende Mischung aus Zydeco, TexMex, Southern und Roots Blues gewohnt eindringlich und auf den Punkt. Die große Stärke der Band ist ihre Live-Präsenz und auf ihren beiden CDs findet man nichts, was nicht vorher ausgiebig auf einer Bühne getestet worden ist. Vermutlich deswegen schafften es beide auf Platz Eins der Nominierungsliste des Preises der Deutschen Schallplattenkritik.

Die Nick Woodland Band ist bekannt für ihre trockene, knackige und Herz, Beine und Hirn gleichermaßen ansprechende Mischung aus Blues, Country, Surf, Roots und American Songbook. Woodland, cool wie stets, ist ein exzellenter Gitarrist und zusammen mit seiner handverlesenen Band (Tom Peschel am Bass, Peter Kraus am Schlagzeug und Klaus Reichardt an den Keybaords) läuft er an diesem Abend – wie Rad Gumbo nach ihm auch – zu beeindruckender Form auf. Der Titelsong eines seiner Alben drückt genau das aus, was manchem Fan – nach erzwungenem Blues-Entzug zum unfreiwilligen Abstinenzler geworden – wohl am liebsten wäre: „Play It All Night Long!“.

Ein Anfang ist also gemacht und die Hoffnung auf mehr Blues an gleicher Stelle durchaus berechtigt. Starttermin für einen zweiten Versuchsballon ist der 15. November mit dem Konzert von Hans Theessink und Big Daddy Wilson. Danach soll endgültig über die künftige Weichenstellung in Sachen Blues in Ingolstadt entschieden werden.