Ingolstadt
Aufatmen an Gleis 1 am Hauptbahnhof: Aufzug funktioniert wieder

Auswertung von BR Data bringt an den Tag: Barrierefreiheit sieht anders aus

11.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:59 Uhr

Er funktioniert wieder: Radfahrer können ihr Rad mit dem Aufzug transportieren. Foto: Hammer

Endlich! Der Problemaufzug, der vom Gleis 1 am Ingolstädter Hauptbahnhof zum Tunnel und allen weiteren Gleisen führt, funktioniert wieder. Etwa zwei Monate lang dauerte das Tauziehen um den Fahrstuhl, der kaputt war, dann wieder lief, um wenige Tage später erneut den Geist aufzugeben.



Entnervte Bahnkunden wandten sich an den DK, die Mitarbeiter der Bahnhofsmission, die bei größter Hitze Rollstuhlfahrer und andere gehbehinderte Menschen mühsam über die Treppe tragen mussten, sehnten sich nach ihrer schweißtreibenden Arbeit nach einer Dusche. Seit einigen Tagen hat der Spuk ein Ende. „Der Aufzug ist seit 28. Juli wieder in Betrieb“, bestätigt die Deutsche Bahn in einer Anfrage des DK.

Lieferengpässe Ursache für lange Reparaturzeit

„Beim vorangegangenen Ausfall haben Lieferengpässe die Reparaturzeit trotz intensiver Bemühungen verlängert. Wir bitten alle Reisenden um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten“, so eine Sprecherin der Deutschen Bahn in München.

Aufatmen auch bei der Bahnhofsmission. „Es war schon heftig“, sagt Helmut Bachmaier. 20 bis 30 Mal in der vierstündigen Schicht leisteten die Mitarbeiter gehbehinderten Bahnreisenden Hilfe. Auch Mütter mit Kinderwagen und Fahrradfahrer litten unter der Misere. Gott sei Dank, meint der ehrenamtliche Helfer der Mission, haben in der Zeit zumindest die anderen Aufzüge funktioniert. Das war nicht immer so.

Eine Auswertung des datenjournalistischen Teams des Bayerischen Rundfunks BR Data, das die Funktionstüchtigkeit von mehr als 2000 Bahn-Aufzügen für 365 Tage untersucht hat, lässt aufhorchen – auch, was die Aufzüge in Ingolstadt anbelangt. Fazit der BR-Analyse, die den Zustand der Aufzüge zwischen August 2018 und November 2019 unter die Lupe genommen hat: Mit der Barrierefreizeit sieht es auf deutschen Bahnhöfen nicht gut aus. Die Bahn hat ihre Aufzüge mit Sensoren ausgestattet – das Unternehmen weiß genau, wann und wo welche ausfallen. Und stellt die Daten sogar in Echtzeit zur Verfügung. In einer App für Smartphones können sich Reisende über den Zustand der Aufzüge informieren. Die Auswertung von BR Data zeigt: Im Durchschnitt fallen an deutschen Bahnhöfen jeden Tag 179 Aufzüge aus. Manchmal dauern die Störungen nur wenige Minuten, manchmal mehr als acht Stunden. Die durchschnittliche Verfügbarkeit lag dennoch bei 96 Prozent. Allerdings: Fast 15 Prozent der Aufzüge fielen zusammengerechnet für vier Wochen oder mehr aus. BR Data hat 300 Problemaufzüge fast überall in Deutschland ausgemacht.

Während der Zeit der Auswertung gehörte der jetzige Problemaufzug des Ingolstädter Hauptbahnhofs an Gleis 1 nicht dazu. Er hatte damals nur an 14 von 365 Tagen Störungen, davon drei Tage mehr als acht Stunden. 2018/2019, als der BR die Daten auswertete, war am Hauptbahnhof der Aufzug zu den Gleisen 4 und 5 der störungsanfälligste. Hier kam es an 103 Tagen zu Ausfällen, an 90 davon mehr als acht Stunden. Die Fahrstühle zu den Gleisen 2 und 3 sowie zu den Gleisen 7 und 8 lagen mit 22 und 12 Störungstagen deutlich darunter. Am Nordbahnhof war der Aufzug zu den Gleisen 5 und 6 mit 114 Störungstagen Spitzenreiter. An 98 Tagen war der Fahrstuhl mehr als acht Stunden außer Betrieb. Der zu Gleis 7 am Nordbahnhof fiel an 74 Tagen aus (54 davon mehr als acht Stunden), der zu den Gleisen 3 und 4 an 43 (33 Tage mehr als acht Stunden).

Einbau von Fahrradrampen wird geprüft

Mittlerweile scheinen die Störungen weniger geworden zu sein. Zumindest fiel in Ingolstadt zuletzt nur der Aufzug an Gleis 1 – der einzige übrigens, um zu allen Gleisen zu gelangen – als besonders störungsanfällig auf. Hätte man nicht vor einigen Jahren, als der Bahnhof ertüchtigt und der Tunnel nach Ringsee gebaut wurde, eine Rolltreppe einbauen können? Die Bahnsprecherin verweist auf Entwicklungsprognosen und Fahrgastzahlen, die bei der Auswahl und Dimensionierung der Ausstattung an Verkehrsstationen betrachtet würden. Und auf vorhandene bauliche Elemente. So müsse sich die Breite eines neu zu erstellenden Bahnsteiges an bereits vorhandenen Gleisanlagen ausrichten. „Daraus resultierende Treppenabgänge mit zu geringer Breite können den Einbau von Rolltreppen ausschließen.“

Ein unlängst von OB Christian Scharpf geforderter nachträglicher Einbau von Fahrradrampen oder -schienen werde aber derzeit geprüft.