Ingolstadt
Audi-Triathlon 2022: Wettlauf der Emotionen

Regen verpatzt das Sportereignis

29.05.2022 | Stand 22.09.2023, 22:46 Uhr

Endspurt durch die Donaustraße: Zuletzt laufen die Athleten des Audi-Triathlons durch die Altstadt – vorbei am Rathaus- und Theaterplatz. Foto: Werner

Von Suzanne Schattenhofer

Ingolstadt – Es ist jedes Mal der Gänsehaut-Moment des Triathlons: Wenn sich der digitale Zeitmesser auf 08:00:00 zubewegt und die Sportler ein letztes Mal am Ufer des Baggersees ihre Glieder dehnen. Aus den Lautsprechern dröhnt Musik, plötzlich kommt noch eine Durchsage, dass eine Ersatz-Schwimmbrille gesucht wird. Dekan Bernhard Oswald bittet um Gottes Segen für die Teilnehmer. Die Zuschauer verharren gespannt hinterm Zaun. Der Countdown läuft – aufs Kommando stürzen sich zig Neopren-Männer und -Frauen ins Wasser. Es spritzt, als ergieße sich ein riesiger Fischschwarm aus einem Netz.

07:45:00 David Ochainski gehört zu jenen, die sich auf die Mitteldistanz wagen. „Die Nacht auf dem Ausziehbett war eine Katastrophe“, sagt der 39-Jährige. „Ich war froh, als um fünf Uhr der Wecker klingelte und es endlich Kaffee gab. Aber sobald ich im Wasser bin, kommt die innere Ruhe.“

07:49:00 Dekan Bernhard Oswald schickt die Sportler mit Gottes Segen auf die Strecke. Ziele zu haben sei gut – etwa Glück und Frieden, sagt er.

08.00:00 Das Startsignal erfolgt nachhaltig mit einer guten alten Startklappe. Die Triathleten rennen gruppenweise in die Fluten – ordentlich sortiert nach Badekappenfarbe.

08:15:00: Das Rettungsboot landet am Steg beim Fischerheim, wo der Notarzt steht. An Bord eine Schwimmerin, die plötzlich keine Luft mehr bekommen hat. An Land geht es ihr schon besser.

08:35:00 Valentin Trinkl aus München macht sich bereit für die Sprintdistanz. Früher hat der 28-Jährige Fußball gespielt, aber nach zwei Kreuzbandrissen hat er sich für eine kontaktfreie Sportart entschieden – „aber wo ich mich richtig auspowern kann“, erzählt er. Der Triathlon in Ingolstadt ist sein Test für Erlangen.

08:40:00 Immer mehr Schwimmer rennen in die Wechselzone. Bundeskampfrichter Thomas Wende aus Forchheim passt auf, dass alle die Laufwege einhalten. „Die meisten fragen mich aber, wo die Toiletten sind“, scherzt er. Fouls gebe es schon beim Triathlon: „Ein Kampfrichter hat mir mal erzählt, dass Trainer manchmal Jugendliche losschicken, um die Schuhe zu vertauschen oder Steinchen reinzulegen.“ Aber nicht in Ingolstadt. Insgesamt sind 15 Wettkampfrichter im Einsatz, einige achten darauf, dass die Helme fest sitzen und die Fahrräder nach der Sportordnung zugelassen sind. Mancher versucht es tatsächlich mit einem E-Bike.

08:55:00 Kathrin Schmutzer Braz aus Etting hat sich zum Aufwärmen nach der langen Corona-Pause erst einmal für die Olympische Distanz entschieden. „Ich bin schon aufgeregt heute morgen“, sagt die 46-Jährige, die als Fitnesstrainerin arbeitet und schon etwa 20 Triathlons bestritten hat. „Am meisten Angst machen mir heute die 1,5 Kilometer schwimmen, danach wird alles gut.“ Es tröpfelt vom Himmel: „Regen ist schlimmer als Hitze“, sagt Schmutzer Braz.

09:00:00 Mittlerweile schüttet es. Die Sportlerinnen und Sportler sind schon bis auf die Knochen nass, bevor es ins Wasser geht. Viele blicken verdrießlich drein. „Ist doch bloß Regen“, sagt Frieder Ittner aus Heidelberg gut gelaunt.

09:10:00 Die paar Zuschauer, die trotz des anhaltenden Regens noch ausharren, suchen Schutz im Gebüsch oder unter Schirmen. Ein Team Unverdrossener lässt sich nicht den Spaß verderben: Daniela, Torsten, Frank und Silas haben sich unter einer mächtigen Eiche verschanzt und feuern jeden Triathleten an, der vorbeirennt. Mit einer großen Kuhglocke vom Flohmarkt und einer Feuersirene, die laut übers Gelände heult. Frank ist vorher selber sogar eine Runde mitgeschwommen und steht mit freiem Oberkörper in der Kälte. „Nachher geht er an die Laufstrecke und feuert jeden an als großer Motivator“, sagt Torsten. Noch so ein Gänsehaut-Moment. Eben typisch Triathlon.

DK