Anfang der 1980er begründete Audi den Mythos, der den Autobauer noch immer begleitet, mit feuerspuckenden PS-Monstern in der Rallye-Weltmeisterschaft. Die Mechaniker von Audi Sport hatten als stille Helden der Zeit einen großen Anteil daran.
Der Quattro-Antrieb revolutionierte den Motorsport, die Fahrzeuge aus Ingolstadt stachen sogar in der legendären Ära der Gruppe-B-Boliden heraus. Die Namen der Piloten Walter Röhrl, Michele Mouton, Stig Blomqvist oder auch Hannu Mikkola gingen um die Welt. Damit sie um WM-Titel kämpfen konnten, werkelten ihre Mechaniker im Hintergrund Tag und Nacht. Nun bekamen einige der Männer aus dem Schatten des Audi-Erfolgs von damals einen kleinen Auftritt im Scheinwerferlicht.
Rallye-Autos der Gruppe B waren kaum zu kontrollieren
Das zwar nicht in der Heimat, dafür im Rahmenprogramm der Rally Terra Sarda auf Sardinien „in einem sehr angenehmen Umfeld“, wie „Reiseleiter“ und Dolmetscher Gabriel Foddis berichten kann. Der gebürtige Ingolstädter mit sardischen Wurzeln ist selbst ein langjähriger Audi-Motorsportler, stieß als jüngeres Semester allerdings erst dazu, als Audis Rallye-Zeit mit dem unabdingbaren Aus der kaum mehr zu kontrollierenden Gruppe-B-Geschosse in der WM schon zu Ende ging. Dafür erlebten Dieter Meissler, Hans Bauch, Alfons Beck, Helmut Potche und Jürgen Hofbauer die Glanzzeiten mit – und feierten danach auch (wie Foddis) mit Audi Sport unzählige weitere Erfolge in Le Mans oder der DTM. Auf Sardinien waren aber vor allem die Rallye-Anekdoten der Männer aus Ingolstadt und dem Umland gefragt – vor allem die von 1983.
Daniel Brühl spielt Audi-Motorsportchef Roland Gumpert
Der große WM-Kampf der Hersteller spielte sich damals zwischen Audi und den Italienern von Lancia ab, die mit dem noch nicht allradgetriebenen Rally 037 – und einem Fahrer namens Röhrl am Steuer – antraten. Eine Rivalität, die kürzlich in einem eigenen Kinofilm („Race For Glory: Audi vs. Lancia“) – mit dem deutschen Schauspielstar Daniel Brühl als Audi-Motorsportchef Roland Gumpert – verewigt worden ist. Der Streifen war beim Sardinien-Besuch der Ingolstädter quasi allgegenwärtig, bekanntlich hatte Lancia das bessere Ende in der Konstrukteurswertung für sich. „Der Film entspricht natürlich nicht der Realität, was das Leben der Mechaniker betrifft“, sagt Foddis. „Und für uns mit unserer Audi-Mentalität war er natürlich ein bisschen einseitig“, ergänzt der Motorsport-Mitarbeiter. Klar, Audi verliert ja das Markenduell.
Nachbau des Urquattro von Michele Mouton
Wie es wirklich zugegangen ist, erzählten seine Kollegen dem interessierten Publikum beim Rallye-Bühnenprogramm (Foddis: „Alles perfekt organisiert“) vor einem italienischen Nachbau eines Urquattros von Mouton und Beifahrerin Fabrizia Pons. „Die Mechaniker sollten im Mittelpunkt stehen“, betont Foddis die Idee der Veranstalter, die natürlich auch eine Lancia-Crew eingeladen hatten.
Jacken und Overalls im Audi-Design
„Wir wurden alle sehr herzlich aufgenommen. Man hat sich damals aber nicht gekannt, das war ja die Konkurrenz, der Feind“, sagt Foddis, der sich mit seinen Kollegen auf eigene Kosten – wie die gesamte Reise – stilecht ausgestattet hatte: unter anderem mit Jacken und Overalls. Ebenso kamen die Lancia-Mechaniker bestens ausgerüstet. Und schnell wurde klar: „Die hatten dieselbe Welt auf der anderen Seite“, erfuhren Foddis und die Audi-Motorsportler. Viel war damals der Improvisationskunst der Mechaniker zu verdanken – und vielen Stunden Arbeit unter teils unvorstellbaren Bedingungen, etwa bei der Rallye Elfenbeinküste, wo 1983 von 50 gestarteten Autos nur acht ins Ziel kamen. „Ein großes Abenteuer“, weiß Foddis spätestens nach dem Sardinien-Trip, den die Audi-„Botschafter“ gerne wiederholen werden.
DK
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