Ingolstadt
"Leben retten ist wichtiger als Performance"

Sportkletterer Christoph Hanke spendet mitten in der Wettkampfsaison Stammzellen

13.09.2021 | Stand 17.09.2021, 3:33 Uhr
Einst Mitglied der Sektion Ringsee, klettert Chris Hanke mittlerweile im Allgäu. Der amtierende Deutsche Meister im Sportklettern 2020 startet heuer bei der Weltmeisterschaft in Moskau. Diese beginnt am Mittwoch. −Foto: Timmermans

Ingolstadt - Der Sportkletterer Christoph Hanke hat mitten in der Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft in Moskau Stammzellen gespendet.

Bis Anfang des Jahres gehörte der amtierende Deutsche Meister im Sportklettern 2020 Christoph Hanke der Sektion Ringsee des Deutschen Alpenvereins an. Aus sportlichen Gründen wechselte der 27-Jährige dann in die Sektion Allgäu-Kempten. "Ausschlaggebend für mich war die Vereinfachung der Zusammenarbeit mit meinem Bundestrainer, da einige Trainingsmaßnahmen auf Sektionsebene ablaufen", berichtet der Sportsoldat, der von Kindesbeinen an klettert und dem Olympischen Perspektivkader Klettern angehört. Mitten in der Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft, die an diesem Mittwoch in Moskau startet, erfuhr Hanke, dass er als Stammzellenspender infrage kommt. Im Interview erzählt er, ob ihn dies im Training beeinträchtigt hat.

Herr Hanke, mitten in der Wettkampfsaison erhielten Sie die Nachricht, als Stammzellenspender infrage zu kommen. Wie hat sich das angefühlt?
Christoph Hanke: Das hat sich erst mal nach einer großen Verantwortung angefühlt. Ich habe bis zu diesem Punkt nicht damit gerechnet, jemals als Spender in Frage zu kommen.

Hatten Sie sich im Vorfeld typisieren lassen?
Hanke: Ja. Vor circa zwei Jahren wurde in meiner Stadt händeringend nach einem Spender gesucht für ein kleines Kind. Damals hat die Freiwillige Feuerwehr das Ganze organisiert und beworben.

Warum ist es Ihrer Meinung nach wichtig, sich typisieren zu lassen?
Hanke: Würde sich jeder registrieren lassen, der dazu in der Lage ist, würden schlussendlich einfach weniger erkrankte Menschen an Leukämie sterben müssen. Das ist reine Statistik.

Wie lief die Stammzellenspende Ende August ab?
Hanke: Die Spende an sich lief eher entspannt ab. Das ganze passiert mittels Blutapherese. Das heißt, angeschlossen an einer Apheresemaschine, eine Art Dialysemaschine, werden aus dem Blut Stammzellen gezogen und gesammelt. Der ganze Vorgang dauert wenige Stunden und ist verhältnismäßig ziemlich ungefährlich.

Haben Sie diesen denn gut überstanden?
Hanke: Tatsächlich ging es mir am Folgetag schon wieder körperlich sehr gut. Im Training habe ich das allerdings ein paar Tage gespürt.

Eine Stammzellenspende ist ja auch ein Eingriff in den Körper. Wie lange mussten Sie warten, bis Sie wieder ins Training einsteigen konnten?
Hanke: Ich habe wenige Tage nach der Spende an einem Weltcup (eine internationale Serie im Wettkampfklettern, Anm. d. Red.) teilgenommen. Die letzen Tage der Vorbereitung waren nicht optimal. Ich habe alleine von den normalen Umfängen ziemlich runterfahren müssen, und auch körperlich war die Leistung nicht optimal abrufbar.

Das heißt, Sie mussten glücklicherweise keine Wettkämpfe absagen. Dies hätte aber passieren können. Haben Sie mit dieser Entscheidung gehadert?
Hanke: Mit der Entscheidung habe ich zu keinem Zeitpunkt gehadert. Für mich ist ein Menschenleben zu retten ganz klar wichtiger als eine gute Performance auf einem Wettkampf. Der Zeitpunkt war allerdings nicht optimal. In wenigen Tagen startet für mich der Jahreshöhepunkt mit der Weltmeisterschaft in Moskau. Dementsprechend wichtig war natürlich für mich der Weltcup in der Vorbereitung zum Formcheck.

Welche Reaktionen erhielten Sie aus Ihrem Umfeld?
Hanke: Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Reaktion aus privatem und sportlichem Umfeld absolut positiv war. Ich habe viele Nachrichten erhalten von Menschen, die sich infolgedessen als Spender registrieren haben lassen.

Wissen Sie denn, wie es demjenigen geht, der Ihre Stammzellen erhalten hat?
Hanke: Leider weiß ich bisher noch nichts Konkretes, aber natürlich interessiert mich das brennend.

Mit ein wenig Abstand zur Spende: War das eine Erfahrung, die Ihr Leben geprägt hat?
Hanke: Absolut! Das Gefühl der Verantwortung gegenüber jemandem, den man nicht kennt, ist sehr speziell. Schlussendlich fühlt es sich aber einfach großartig an, einem Menschen so zu helfen.

Das Interview führte Tanja Stephan