Ingolstadt
Donau-Lust statt Auto-Frust

Die Schlosslände wird zur Wohlfühl-Oase - und die Ingolstädter nehmen es gerne an

04.09.2021 | Stand 23.09.2023, 20:40 Uhr
Wer sagt, dass Beachvolleyball nur was für die Großen ist? Auch die Kleinen nehmen das Angebot bei der Donau-Lust gerne an. Ob mit oder ohne Ball - Vergnügen im Sand ist garantiert. −Foto: Stückle

Ingolstadt - Spiel und Spaß statt Straßenverkehr: Die Donau-Lust, die für insgesamt zehn Tage die Ingolstädter Schlosslände zum Erholungsort macht, wurde am Wochenende gut angenommen. Die 100 Liegestühle waren am Freitag schon nach einer Stunde weg, sagt Margot Sikora vom Kap94, die zusammen mit den Kollegen von der Kulturoasis für den Liegestuhlverleih und Getränke zuständig ist. Und auch am Samstag genossen viele Ingolstädter das herrliche Wetter mit Ausblick auf die Donau. Denn darum geht es eigentlich: Die Donau erlebbar machen. Am Wochenende ist es gelungen.

Ein Gefühl fast wie in Vor-Corona-Zeiten

Man fühlt sich fast wie in Vor-Corona-Zeiten. Maskenpflicht herrscht bei der Veranstaltung im Freien nicht, auch Kontaktdaten werde nicht erhoben. Nur ein paar Desinfektionsmittelspender und Schilder, die auf die Abstandsregeln hinweisen, erinnern an die Pandemie. Ansonsten ist alles wie vor Corona. Rollrasen und Sand, gepaart mit Foodtrucks, Liegestühlen und Beachvolleyball - während die Donau-Lust tagsüber zum Familientreff wird, gehört sie abends der jungen Generation.

Wer denkt da schon an Berufsverkehr und Asphalt. Der Verkehr wird umgeleitet, die Bushaltestelle ist verlegt. Bis Sonntag, 12. September, ist die Schlosslände ein kleiner Park. Ein festes Programm gibt es wegen der Pandemie nicht. Die Aktiven aus der Kunst- und Kulturszene haben aber auch spontan viel zu bieten: So zeigt etwa der privat im Kap94 engagierte DK-Redakteur Johannes Greiner am Samstagnachmittag als Jongleur, was außer Fakten sonst noch in ihm steckt. Auch die "Malmaschine", wie er sie nennt, hat er konstruiert. "Das ist keine Kunst. Das ist Physik. Wer sagt, dass Physik nicht auch schön sein kann", steht auf einem an der Maschine angebrachten Zettel. Durch Schwingungen entstehen Bilder. Kinder und Erwachsene sehen mit großen Augen zu.

"Das ist mal was Neues. Wenn das Wetter mitspielt, ist es eine super Sache", sagt Tolga Gider. Der Ingolstädter ist mit Sohn Koray (6) hier, der sich derweil im Sand vergnügt und ein paar Räder schlägt. Die Beachvolleyball-Anlage wird rege genutzt. Ob als Sandkasten für die Kleinsten oder für sportliche Events bis in den Abend. Flutlicht brauchen die Sportler dafür nicht. Rund 200 Tonnen Sand wurden für das Areal aufgeschüttet - mit Unterstützung der Beachvolleyball-Abteilung des MTV.

"In der Innenstadt ist mehr los als sonst"

Peter Schelb und Josef Habermayr ziehen Entspannung im Liegestuhl vor. Die beiden sind extra aus Neuburg hergekommen. "Das mit dem Rollrasen ist toll. Das könnte man auch in anderen Städten machen", meint Schelb. Man sehe, dass es die Stadt belebt. Der Neuburger hat festgestellt: "In der Innenstadt ist heute viel mehr los als sonst." Marion Dunst aus Kösching war an der Donau spazieren. Und hat dabei die Donau-Lust entdeckt. Der Liegestuhl kam ihr gerade recht.

"Die Donau an die Stadt holen, da war ich schon immer dafür", sagt Siegfried Glöckl, der mit Frau Yvonne und Tochter Hanna gekommen ist. "Einziger Wermutstropfen ist der Koloss am Schloss." Die Laune haben sie sich davon aber nicht verderben lassen. "Wir haben Federball gespielt und die Trucks ausprobiert", erzählt Glöckl.

Das Projekt Donau-Lust ist ein Ergebnis aus dem Innenstadtprozess. "Ziel ist, die Aufenthaltsqualität am Fluss zu erweitern und das Donauufer besser mit dem innerstädtischen Leben zu verbinden", wird OB Christian Scharpf auf der Homepage der Stadt in einem Beitrag zur Donau-Lust zitiert. Die temporäre Sperrung der Schlosslände soll aufzeigen, wie sich eine Verkehrsberuhigung auf die Innenstadt auswirkt. Das städtebauliche Experiment ist eine von 25 Maßnahmen aus dem Ingolstädter Innenstadtprozess. Direkte Reaktionen, was in Ingolstadt gefällt und was nicht, können die Besucher auf gelbe Post-it-Zettel schreiben, die auf dafür aufgestellte Tafeln oder Luftbilder geklebt werden können. Die Auswahl ist jetzt schon groß. Von "fehlenden Parkplätzen" bis hin zu "mehr Park" ist alles dabei.

Ein wenig Clubatmosphäre

Einige Besucher diskutierten unter sich, ob und wie das mit der Verkehrsführung für eine dauerhafte Lösung zu händeln sei. Da kommt schnell die vor Jahren diskutierte Unterführung der Schlosslände ins Spiel. "Ist viel zu teuer", ist sich ein älteres Ehepaar einig, das auf seiner Nordic-Walking-Tour einen Abstecher an die Schlosslände gemacht hat. Wobei: Grün statt Asphalt an dieser Stelle, das fänden sie schon schön. "Aber es geht eigentlich nur mit Unterführung."

Am späteren Abend wird weniger der Verkehr diskutiert, als vielmehr gemeinsam abgehangen. Die Bäume entlang der Donau und vor dem Stadttheater sind in grünes Licht gehüllt. In Gruppen sitzen junge Leute auf Decken am Boden oder prosten sich auf kreisförmig angeordneten Liegestühlen zu. Einige Paletten dienen als Sitzgelegenheit, genau wie die Bordsteinkante oder die Steinmauer zur Donau. Der Anblick verrät, wie sehr die Jungen das gemeinsame Feiern in den letzten Monaten vermisst haben. So vermittelt die Donau-Lust abends ein wenig Clubatmosphäre. Nur eben im Freien. Ein kleiner Vorgeschmack auf die Clubs, die im Oktober öffnen sollen.

DK

Ruth Stückle