Galerie im Stadttheater Ingolstadt
Rätselhafte Welten

Der Kunstverein Ingolstadt zeigt die faszinierenden Gemälde des Berliner Künstlers Sador Weins?lucker

29.07.2021 | Stand 23.09.2023, 20:02 Uhr
Menschenleere Räume: "ankunft" heißt dieses monumentale Gemälde von Sador Weins?lucker. −Foto: Sador Weins?lucker/Kerber Verlag

Ingolstadt - Kurz wurde überlegt, die Ausstellung abzusagen.

 

Denn die Luftfeuchtigkeit in der Galerie im Stadttheater war wegen der starken Regenfälle und der Folgen extrem hoch. Die Leinwand mancher Ölgemälde wellte sich bereits bedrohlich. Wie gut, dass sich der Künstler und der Kunstverein dazu entschieden haben, mit einem leistungsstarken Luftentfeuchter pragmatische und effiziente Lösungen zu finden. Denn die Ausstellung von Sador Weinsclucker, kuratiert vom Kunstvereinsvorsitzenden Hubert Klotzeck , ist so etwas wie eine Sensation.

 

23 meist großformatige, vielschichtig schimmernde Gemälde füllen die Wände der langen, fensterlosen Galerie, die sich wieder einmal in ihrer Wandelbarkeit beweist und die nun mit "Der Weg nach innen und außen" doch so viele Aus- und Einblicke beschert. Auf den Ölbildern sind menschenleere Innenräume mit Blick auf eine karge Wüstenlandschaft, auf schneebedeckte Berge, auf eine nächtliche Skyline, auf eine Flusslandschaft zu sehen. Oder mit Vorhängen oder Jalousien abgedunkelte Wohnräume, darin wie zu Stillleben angeordnete Flaschen und Gegenstände oder eine reduzierte Möblierung. Surreale Ansichten sind das, manche muten wie sorgfältig komponierte Film-Stills an, deren Dramatik und Aussage nicht auf den ersten Blick zu ergründen sind. Zur Steigerung der Rätselhaftigkeit tragen auch die Titel bei: "mach die augen zu", "unter kontrolle", immerwoanders, "ankunft".

 

So wie sich der Berliner Künstler, 1957 in Düsseldorf geboren, Zeit für die Gemälde nimmt, gerne und wegen des Farbauftrags auch parallel an mehreren arbeitet, braucht auch der Besucher Zeit, diese in ihre Vielschichtigkeit und ihren magischen Sog zu erkunden. Eine Schule des Sehens sozusagen. Treppen, die aus dem Dunkel führen, ein gelbes Tuch, das vermeintlich oder tatsächlich achtlos auf einem Absatz liegt, architektonische Täuschungen, perspektivische Raffinessen. Es gibt Wechselspiele, Querverbindungen zwischen den Gemälden, sich wiederholende Elemente.

 

Weinsclucker spielt mit Perspektive, Positionen und Projektionen zwischen Drinnen und Draußen, zwischen Außen- und Innenwelt, durchaus philosophisch und psychologisch gemeint, es geht ihm um Illusion und Imagination. Und er stellt mit seiner Malerei Fragen, eröffnet das Kopfkino. Wer war in diesem Raum? Warum liegen zwei Matratzen auf dem Fußboden? Was hat es mit dem geöffneten Gitter auf sich? - Antworten darauf gibt er keine.

Die Bilder, die in den vergangenen Monaten entstanden und erstmals außerhalb des Ateliers in Berlin ausgestellt sind, begeistern auch durch die virtuose Technik, die mit dem Spiel von Licht und Schatten an dramaturgisch ausgefeilte Barockmalerei erinnert, kontrastierend jedoch die zeitgenössische Architektur. Eine effektvolle Kombination. Sensationell der Farbauftrag, zahlreiche Lasuren verleihen den Bildern große Tiefe und den Gegenständen eine transparente Plastizität. Eine vielschichtige Ausstellung.

DK

Ingolstadt, Galerie im Theater bis 29. August, Fr bis So 12 bis 18 Uhr. Am 29. August gibt es um 18 Uhr ein Künstlergespräch. Der Bildband "der weg nach innen und aussen" - 132 Seiten, 53 Abbildungen - ist im Kerber Verlag erschienen und kostet im Buchhandel 55 Euro, während und in der Ausstellung ist er günstiger. Weitere Infos unter www. kunstverein-ingolstadt. de und unter www. weinslucker. de.

 

Katrin Fehr