Ingolstadt
"Das Viertelfinale ist für die Schweiz drin"

Monika Scheu verfolgt am liebsten Skirennen, hofft aber auch auf Erfolge der Fußball-Nationalmannschaft

15.06.2021 | Stand 23.09.2023, 19:13 Uhr
Monika Scheu tippt, dass die Schweizer Nationalmannschaft gegen Italien ein Unentschieden schafft. −Foto: Schmidl

Ingolstadt - Drei Fahnen wehen an der Straßenseite der Antoniusschwaige im Wind.

Dass eine davon die weiß-blau rautierte des Freistaats ist, verwundert bei einem bayerischen Biergarten nicht. Schon eher, dass auch die rote Schweizer Flagge mit weißem Kreuz dabei ist. Und schließlich auch die dritte Fahne, die wohl den wenigsten in Ingolstadt etwas sagt: Auf grünem Grund ist darauf in Silber ein Rutenbündel mit einem Beil zu sehen.

Doch eine Erklärung für die beiden Letztgenannten ist ganz einfach. Sie sind aufgezogen wegen Monika Scheu, der Partnerin des Chefs der Antoni-usschwaige, Anton Wittmann, die es 2011 "der Liebe wegen" nach Ingolstadt verschlagen hat, wie sie sagt. Die grüne Fahne ist nämlich die des Kantons St. Gallen und verweist neben der Nationalflagge der Eidgenossen auf die Herkunft der 35-Jährigen.

Vom 6000-Einwohner-Ort Ebnat-Kappel in der ostschweizerischen Region Toggenburg in die Großstadt Ingolstadt, das war für das Land-Ei, als das sie sich nach wie vor eher denn als Städterin sieht, ein großer Sprung. Bereut hat sie ihn nie. Der Unterschied zwischen den Ostschweizern und den Oberbayern ist ihrer Meinung nach aber auch nicht allzu groß, beide hätten eine "ähnliche Mentalität". Lediglich der Dialekt an den Stammtischen der Antoniusschwaige, die Wittmann und sie 2014 wiedereröffnet haben, sei für sie anfangs ein wenig schwer zu verstehen gewesen, sagt sie rückblickend.

Nur zwei Dinge vermisst die 35-Jährige als typische Schweizerin hier an der Donau: die Berge und den Schnee. In ihrer Heimat orientiere man sich anhand von Bergen, sagt sie. Man sehe sie immer und wisse dann einfach, welcher Berg in welcher Himmelsrichtung stehe. Hier im Flachland sei die Orientierung gerade für einen Neuankömmling deutlich schwieriger.

Dass sie nicht mehr bei ihrer Familie in ihrem Heimatland ist, ist für Scheu kein Problem. "Ich mache halt jetzt mit den Kindern bei meiner Familie Urlaub. " Die Verwandtschaft sehe freilich schon einen kleinen Nachteil in ihrem Umzug: Scheu habe bereits ihren Ostschweizer Dialekt verloren, bekomme sie da immer wieder mal zu hören.

Die Verbundenheit und Liebe zu ihrem Heimatland hat sie dagegen definitiv nicht verloren. Auch wenn es um Sport geht. Am liebsten verfolgt Scheu als jemand, der mit den Bergen verbunden ist, - wen wundert's - Skirennen und feuert dann natürlich die eidgenössischen Rennläufer an. Sie sei jedoch auch interessiert an Fußball, wobei ihr Lieblingsverein in der Schweiz der FC St. Gallen ist. "Ich kann aber auch ohne Fußball im TV leben" - außer bei Großereignissen wie der Fußballeuropameisterschaft. Da steht Scheu natürlich hinter der "Nati", wie die Schweizer ihre Nationalmannschaft nennen.

Deren erster Auftritt bei der EM fiel aus Schweizer Sicht mit dem 1:1 gegen Wales etwas mager aus. Deshalb ist bei Scheu auch eine Mischung aus Skepsis und Hoffnung festzustellen, wenn sie über die Fußballer aus ihrem Heimatland sagt: "Wenn sie die Vorrunde überstehen, dann ist auch das Viertelfinale drin. "

Den nächsten Schritt auf dem Weg dorthin soll die Elf an diesem Abend in Rom gegen Italien machen. Scheu tippt auf ein weiteres 1:1 und hofft dann zum Abschluss der Vorrunde auf einen Sieg gegen die Türkei. Dann wäre das Weiterkommen ins Achtelfinale gesichert.

Und wenn es dann im weiteren Verlauf des Turniers zu einem Match gegen Deutschland kommen sollte? "Dann wäre ich natürlich für die Schweiz", sagt Scheu mit dem eidgenössischen Brustton der Überzeugung.

DK

Norbert Schmidl