Reichertshofen
Verfall oder Verkauf?

Besitzer der Reichertshofener Stockau-Mühle insolvent - Keine Begehrlichkeiten der Gemeinde

30.04.2021 | Stand 03.05.2021, 3:33 Uhr
  −Foto: Konze

Reichertshofen - Die Stockau-Mühle wird immer mehr zur unendlichen Geschichte.

Vor rund acht Jahren hegten die Reichertshofener die Hoffnung auf eine Sanierung des Areals und auch darauf, dass das heimliche Wahrzeichen der Marktgemeinde alsbald zum Schmuckstück werden könnte. Doch der Verkauf im Jahr 2013 an Dolphin Trust bewirkte gar nichts. Das denkmalgeschützte Gebäude verfällt zusehends, und ein Fernseh-Bericht über die Insolvenz des Investors, der sich inzwischen German Property Group nennt, lässt nicht Gutes erahnen.

Im ARD-Bericht wurde von "einem der größten Anleger-Skandale Deutschlands" gesprochen. Es geht um Milliarden, die trotz des vorhandenen Geldflusses verschwunden sind. Charles Smethurst, Brite mit deutschen Wurzeln, war der Chef des Unternehmens. Nach zweijähriger Recherche für den TV-Bericht heißt es unter anderem, das System basiere auf einem betrügerischen Plan. Dabei hatte sich Dolphin Trust in seiner Anfangszeit den Ruf eines Denkmal-Sanierers erworben. Seit Jahren verrottet aber alles, auch die Stockau-Mühle in Reichertshofen. Die privaten Investoren - aus Asien, England, aber auch aus Deutschland - haben ihre Gelder wohl verloren. Aus einer gesunden und zusätzlichen Altersvorsorge wurde für viele Menschen ein finanzieller Reinfall - Stand heute. Smethurst dementierte laut TV-Bericht über einen Anwalt, dass den Anleger-Investitionen (wohl über einer Milliarde Euro) nur Immobilienwerte in Höhe von höchstens 150 Millionen Euro gegenüberstehen. Im Fernsehen fällt dennoch das Wort "Schneeballsystem". Das Insolvenzverfahren könnte Licht ins Dunkel bringen.

Während die GPG auf eine Mail-Anfrage unserer Zeitung nicht reagiert hat, zudem die Telefonnummer auf der nach wie vor erreichbaren offiziellen Website nicht mehr gültig ist, sprach der Reichertshofener Bürgermeister Michael Franken mit dem DONAUKURIER: "Wir als Gemeinde haben damit eigentlich nichts zu tun. Die Stockau-Mühle wurde von Privat verkauft - an Dolphin Trust. " Der Bürgermeister betont aber, dass damals eine Sanierungssatzung für dieses Areal verabschiedet wurde, um - vereinfacht ausgedrückt - bei kommenden Entwicklungen ein Wörtchen mitreden zu können. Franken findet es schade, "dass Dolphin wohl keine hehren Ziele hatte".

Franken erinnert sich, dass schon früher von "60, 80 oder 100 Wohnungen" die Rede war, es ging um Parkplätze oder gar ein Parkhaus. Als Dolphin Trust die Stockau-Mühle gekauft hatte, hätten viele gesagt: "Na endlich löst sich das Problem Stockau. "

Inzwischen ist das Gelände laut Franken total gesichert. Anwohner erzählen aus Zeiten, als Jugendliche in den Gebäuden regelmäßig gefeiert und bei Bedarf in kalten Monaten auch Feuer angezündet hätten. Franken: "Alle Türen und Fenster sind nun abgedichtet oder mit Schlössern gesichert. " Begehrlichkeiten der Gemeinde gibt es laut Rathauschef Franken derzeit nicht - nicht nur, weil es "wohl noch lange dauern, bis klar wird, wie es weitergeht". Der Markt müsse das Rathaus sanieren, Straßen sanieren, die Kläranlage bauen. Und Kapazitäten als Bauträger habe man nicht wirklich. Ein Hotel werde die Gemeinde wohl nicht realisieren, ein Seniorenheim wäre vorhanden. Am meisten gesucht sei Wohnraum. "Müssen wir als Gemeinde dafür Steuergelder der Bürger verwenden, wenn andere Projekte wichtiger sind? "

Natürlich habe die Gemeinde stets die Entwicklungen der Stockau-Mühle im Auge. "Auch wenn die Bausubstanz wohl nicht besonders wertvoll ist, soll das Ensemble natürlich erhalten bleiben. Es ist ein das Stadtbild und den Ort prägendes Industrie-Denkmal. " Ein Problem sieht Franken für eine Projekt-Entwicklung nach wie vor: "Die nahe ICE-Strecke und das Wasserkraftwerk. " Dennoch habe das Areal seinen Reiz. Und die Lage wäre auch sehr gut: zwölf Kilometer von Ingolstadt entfernt und einen Bahnhof in der Nähe. "Unsere Marktgemeinde ist nicht tiefstes Land, sondern verströmt eher Vorstadt-Ambiente. "

Auch ein Projektentwickler aus der Region, der namentlich nicht erwähnt werden will, war kurz nach dem Verkauf an Dolphin Trust involviert. Er hatte damals auch Dolphin-Boss Smethurst getroffen, war bei Bürgermeister Franken. Das Projekt sei total interessant gewesen, trotz der strengen Vorgaben der Denkmalbehörde. Aber am Ende habe es sich finanziell nicht so gerechnet wie erhofft.

Das Insolvenzverfahren soll sich, so die Aussagen in der ARD-Reportage, noch das Jahr 2021 hinziehen. Frühestens dann könnte sich zeigen, ob die Stockau-Mühle ein langsam zerfallendes Industrie-Denkmal bleibt oder zu neuer Blüte findet. "Bevor sie das Ganze renovieren oder umbauen, könnten sie die Gebäude doch als Kulisse für einen Krimi oder einen Horrorfilm verwenden", meinte dieser Tage eine an der Mühle vorbeiradelnde Frau.

DK