Schlammschlacht um Straßenkehricht

23.06.2006 | Stand 03.12.2020, 7:46 Uhr

Ingolstadt (rh/hl) Die Ingolstädter Recyclingfirma BSR mit Sitz in der Bunsenstraße ist im mittelfränkischen Oberniederndorf (Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) in die Schlagzeilen geraten. Nach örtlichen Presseberichten wurden von dem Unternehmen in einer stillgelegten Tongrube rund 300 000 Kubikmeter Gleisschotter, durchmischt mit aufbereitetem Straßenkehricht, abgelagert.

Aufgrund einer Anzeige – das Windsheimer Blatt nennt hier den Bund Naturschutz – ist am Donnerstag dann auch die Nürnberger Staatsanwaltschaft tätig geworden: Sie ließ mit Gerichtsbeschluss die Ingolstädter Firmenzentrale von BSR und sieben Niederlassungen des Unternehmens durchsuchen. Es bestehe ein Anfangsverdacht hinsichtlich des verbotenen Umgangs mit gefährlichen Abfällen, erklärte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde am Freitag auf Anfrage.

Nach DK-Informationen wurden rund 140 Aktenordner und Datenmaterial aus dem EDV-System der Recyclingfirma beschlagnahmt, technische Anlagen vorerst versiegelt. Der Betrieb wurde dadurch praktisch stillgelegt. Am Montag werde voraussichtlich aber die EDV wieder freigegeben, hieß es am Freitag beim Rechtsbeistand des Unternehmens, dem Münchner Anwalt Josef Geislinger. Der Verwaltungsjurist hält das Vorgehen der Behörden für völlig überzogen: "Das ist viel Rauch um nichts."

Die Windsheimer Zeitung hatte vor der Durchsuchungsaktion einen Mitarbeiter des zuständigen Landratsamtes zitiert, wonach das Hauptproblem weniger im Gleisschotter liege als in dem organischen Material, das ebenfalls in die Grube gekippt worden sei. Es bestehe die Gefahr, dass beim Zerfall und der Vergärung der Pflanzenanteile problematische Stoffe in das Grundwasser gelangen könnten. "Das ganze Material muss wahrscheinlich nochmals genau analysiert werden", heißt es in der Stellungnahme des Abteilungsleiters.

"Ich habe mich bis zum heutigen Zeitpunkt absolut auf der Basis von Genehmigungen bewegt", kann Firmengründer und Geschäftsführer Karl Schierlinger die Reaktion der Behörden nicht verstehen. "Die Aktenlage ist 110 Prozent", sagte er auf DK-Anfrage. Schierlinger spricht von einem "Feldzug" gegen sein Unternehmen, der vom Abteilungsleiter des zuständigen Landratsamtes ausgehe. Dieser habe BSR geradezu mit einem "Wust an Bescheiden" überzogen.

Da der Firmenchef massive Verluste für seine Firma befürchtet, hat er sich unterdessen an das Landesamt für Umwelt und das bayerische Umweltministerium gewandt. In einem Schreiben an seinen Anwalt empört sich Schierlinger über einen "ungeheuerlichen Vorgang", bei dem einem "gut gehenden mittelständischen Unternehmen mit insgesamt 90 direkt oder indirekt Beschäftigten ohne Rücksicht auf Vertrauensschutz ein Millionenschaden zugefügt" werde.

Anwalt Geislinger kann die Empörung seines Mandanten verstehen. Er betont, dass sich jegliche bisherige Deponierung in der früheren Tongrube durch die Firma BSR voll an den Genehmigungskriterien orientiert habe. Es seien auch ständig von unabhängigen Büros Proben des Füllmaterials und des Grundwassers entnommen worden – ohne Beanstandungen.

Geislinger geht davon aus, dass die Untersuchungen keine Anhaltspunkte für Straftatbestände ergeben werden. Er kündigte deshalb bereits an, alsbald die Haftungsfrage für den bei BSR entstandenen wirtschaftlichen Schaden klären zu wollen.