Bayerische Theatertage
„Alan – Mensch Maschine“ über den Visionär Alan Turing kommt ins Kleine Haus

12.06.2024 | Stand 12.06.2024, 5:07 Uhr |

Wie viel Maschine steckt im Menschen Alan Turing? Thorsten Krohn spielt die Hauptfigur. Foto: Vogl

Im Gespräch mit dem Produktionsteam von „Alan – Mensch Maschine“ der Kulturbühne Spagat aus München-Schwabing klingt das Thema des Stücks im ersten Moment wahnsinnig kompliziert. Da geht es um das Entscheidungsproblem, den Turing-Test, die Rotorwalzenchiffriermaschine Enigma, Kriegsführungsstrategien, geheime Kooperationen verschiedener Geheimdienste, um technische Fragen.

Aber auf den zweiten Blick ist „Alan – Mensch Maschine“ vor allem etwas anderes: die Geschichte eines Menschen, der auf der Suche war. Nach Identität, Zugehörigkeit. Und der im einen Umfeld akzeptiert, im anderen Umfeld abgewertet wurde. Es geht um Alan Turing.

Die Idee zu dem Stück hatte Thorsten Krohn während der Pandemie. Eigentlich war er auf der Suche nach einem Monolog-Stück. „Da dachte ich: Das ist aber eine interessante Thematik. Das wäre doch was für die Maschinisten.“

Heiß und Krohn schreiben das Stück selbst

So nennen sich vier Künstlerinnen und Künstler, die sich über eine Produktion von „20000 Meilen unter den Meeren“ kennengelernt hatten: Greulix Schrank, Christian Heiss, Lucca Züchner und Thorsten Krohn. „Da haben wir zum ersten Mal eine riesige mechanische Maschine eingesetzt“, erzählt Krohn.

Und dann haben Krohn und Züchner Stephanie Tschunko kennengelernt, Künstlerische Leiterin des Spagat. „Das war 2020, bei der Produktion ,Kitzeleien‘“, erzählt Tschunko. Schnell war klar: Christian Heiß und Thorsten Krohn werden das Stück selbst schreiben.

Denn die Zwei-Personen-Stücke zu Alan Turing, die bereits existierten, waren entweder im Hinblick auf die Rechte nicht zu haben oder bildeten nicht das ab, was das Produktionsteam sagen wollte.

Maschinenmeister Greulix Schrank hat dabei sowohl die Person an sich, als auch der technische Aspekt interessiert. „Er hat ein bewegtes Leben geführt. Mit seiner Homosexualität, für die er in den 50ern bestraft wurde.

Die Produktion soll tourkompatibel werden

Dann ist da dieses Abenteuer, ein Rätsel zu lösen. Und das Maschinendenken gibt für uns ein schönes Bühnenbild.“

Denn Greulix Schrank und Portmanteau haben eine Maschine entwickelt, die gleichzeitig Bühnenbild, Entschlüsselungsmaschine, Hauptdarstellerin und Erlebbarmachung von Turings Genialität ist. „Die Grundidee war: Wir wollen damit auf Tour gehen“, erzählt Greulix.

„Mit diesem Wanderzirkus. Es sollte so modular sein, dass wir es innerhalb einer machbaren Zeit in einen Lkw kriegen, um nach Hause oder zum nächsten Aufführungsort zu fahren.“ Dann war auch klar: Ein Monolog reicht nicht.

„Da haben wir die Situation genutzt, dass wir mit Lucca Züchner eine Schauspielerin haben, die in einem Stück mehrere Rollen übernehmen kann“, sagt Krohn über seine Bühnenkollegin. Sie verkörpert sowohl den Kommissar, der im Verhör mit Turing dessen Homosexualität aufdeckt und ihn schließlich anzeigen muss, als auch Joan Clarke.

„Eine der ersten Frauen, die als Kryptoanalytikerin gearbeitet hat“, erzählt Züchner. In Bletchley Park arbeitete sie gemeinsam mit Turing und vielen weiteren brillanten Mathematikerinnen und Mathematikern daran, eine Maschine zur Entschlüsselung der Enigma zu entwickeln.

Der Strudel, der sein Leben war

„Die Enigma war eine revolutionäre Erfindung, die zu diesem Zeitpunkt rein menschlich nicht zu knacken war. Alan Turing hat es mit der ‚Bombe‘ geschafft und damit ein neues Zeitalter eingeläutet.“ Eine Maschine sei nur mit einer Maschine zu schlagen, soll er gesagt haben. So konnten Angriffspläne der Deutschen vereitelt werden.

Clarke und Turing sind kurzzeitig verlobt, ein Versuch Turings, sich in einer Gesellschaft anzupassen, in die er eigentlich nicht hineinpasst. Mittels einer chemischen Hormontherapie soll ihm seine Sexualität ausgetrieben werden. Das stürzt ihn in eine Depression, er nimmt sich schließlich 1954 das Leben. Den Strudel, der sein Leben war, macht diese Inszenierung greifbar.

Dass „Alan – Mensch Maschine“ in einer Zeit losgelassen wird, in der die Künstliche Intelligenz ein allgegenwärtiges Thema ist, war für das Produktionsteam nach der langen Vorbereitungszeit ein Glücksfall. Und die Einladung zu den Bayerischen Theatertagen ist für alle „ein Ritterschlag“, sagt Tschunko.

Termin: 14. Juni, 19 Uhr, Kleines Haus, mit Publikumsgespräch.

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