Das Thema spaltet: Nicht nur die CSU mit ihrer eigenen Veranstaltung, auch Freie Wähler, SPD und AfD haben sich mit Anträgen oder Briefen an den OB zur geplanten Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge im bisherigen Ara-Hotel an der Schollstraße zu Wort gemeldet.
Wie berichtet, hat die Regierung von Oberbayern das Hotel nahe der Autobahnausfahrt Nord (nicht zu verwechseln mit dem Ara-Hotel Comfort an der Theodor-Heuss-Straße) von privater Hand angemietet, um dort nach einer Umnutzung als Gemeinschaftsunterkunft Ausländer unterzubringen, die nicht mehr verpflichtet sind, in einer Anker-Einrichtung zu wohnen.
Nachhilfe in Sachen Fragerecht
In „drängender Sorge um das Gemeinwohl unserer Stadt“ wandte sich der AfD-Landtagsabgeordnete und Ingolstädter Stadtrat Oskar Lipp an OB Christian Scharpf. Mit Briefkopf des Bayerischen Landtags. Doch sein Fragerecht als Abgeordneter richtet sich laut Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags ausschließlich an die Staatsregierung, wie ihm der OB in seinem vierseitigen Antwortschreiben zunächst wissen ließ. Man habe sein Schreiben deshalb als „Anfrage aufgrund Ihres Stadtratsmandats“ umgedeutet.
Lesen Sie auch hier: Geplante Flüchtlingsunterkunft im Ara-Hotel weckt Ängste bei Anwohnern
Der Brief richtete sich gegen die Nutzungsänderung des Betreibers des Ara-Hotels, nach der es möglich sei, wie es Lipp formulierte, „statt Hotelgästen 120 Migranten“ unterzubringen. Er forderte, „eine so weitreichende Entscheidung dem Stadtrat vorab und umfassend zur Kenntnis zu bringen und durch den Stadtrat beschließen zu lassen“. Der staatliche Verteilungsschlüssel für die Migrantenaufnahme sei mit 134 Prozent „bereits übererfüllt“. Außerdem fürchtete er negative Auswirkungen auf den städtischen Haushalt und den Wohnungsmarkt.
Bei der künftigen Unterbringung handele es sich „gerade nicht um eine Hotelunterbringung von Geflüchteten“, antwortete Scharpf. Die bisherige Hotelnutzung werde durch den Eigentümer aufgegeben und die Immobilie in eine Gemeinschaftsunterkunft umgenutzt. So würden Gemeinschaftsküchen eingebaut, damit die künftigen Bewohner sich wie in allen Gemeinschaftsunterkünften in Bayern selbst vorsorgen, insbesondere selbst kochen können. Auch für die Sauberkeit der Zimmer und Bäder seien sie selbst verantwortlich.
Im Vergleich zur Unterbringung von Ausländern in dezentralen städtischen Unterkünften entstünden durch die Gemeinschaftsunterkunft die geringsten Belastungen für den städtischen Haushalt. „Die Regierung von Oberbayern übernimmt alle unmittelbaren Kosten für den Betrieb“, neben denen für die Immobilie insbesondere auch die Personalkosten für die Verwaltung der Unterkunft. Sofern die künftigen Bewohner ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht vollständig aus eigenen Mitteln sicherstellen können, erhielten sie Leistungen vorrangig über die Bezahlkarte. Sämtliche notwendige Kosten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erstatte der Freistaat den Landkreisen und kreisfreien Kommunen – und somit auch der Stadt Ingolstadt. Weil es sich bei der Unterkunft um ein ehemaliges Hotel handele, entstünden auch keine negativen Auswirkungen auf den Ingolstädter Wohnungsmarkt.
Die Quotenerfüllung von Städten mit Anker-Einrichtungen sei großen Schwankungen unterworfen, so Scharpf. Die in Ingolstadt habe sich seit Ende 2020 von damals rund 260 Prozent auf aktuell 134 Prozent nahezu halbiert. Im Vergleich zu anderen Städten mit Anker-Einrichtungen sei sie sogar unterdurchschnittlich: in Bamberg liegt die Quote bei 183 Prozent, in Regensburg bei 176.
Entscheidung durch den Stadtrat „nicht angezeigt“
Die Genehmigung der Nutzungsänderung, so Scharpf weiter, zähle zu den Befugnissen des OB, eine Entscheidung durch den Stadtrat sei hier nicht angezeigt. Überdies habe der Eigentümer der Immobilie Anspruch auf die Genehmigung der Nutzungsänderung. Die rechtlichen Voraussetzungen seien erfüllt.
Einen in Lipps Schreiben gemachten Schlenker auf die angekündigte Schließung der Einrichtung für geistig und mehrfachbehinderte Kinder im Caritas-Zentrum St. Vinzenz zum Sommer 2025 wollte der OB so nicht stehen lassen. Dies, betonte er, sei eine Entscheidung der Caritas und habe ausschließlich personelle und finanzielle Gründe – und nichts mit fehlenden Unterkünften zu tun. Scharpf: „Das Ausspielen von geflüchteten Menschen gegen geistig- und mehrfachbehinderte Kinder ist unredlich und eines Landtagsabgeordneten und Stadtrats unwürdig.“
Anregungen auch von FW und SPD
Die Freien Wähler, die sich mit einem Dringlichkeitsantrag in der Stadtratssitzung am 22. Oktober als Erste gemeldet hatten, fordern, dass der Stadtrat oder Ältestenrat bei Entscheidungen über notwendige größere Standorte für Gemeinschaftsunterkünfte künftig mit eingebunden wird. Überdies müsse eine entsprechende konzeptionelle Planung für die zu erwartenden Kinder und Jugendlichen erstellt werden. „Wo findet die Versorgung im vorschulischen und schulischen Bereich statt?“, wollen die Freien Wähler wissen. Aber auch Behandlungsmöglichkeiten bei Ärzten unterschiedlicher Sparten sollten frühzeitig geplant und organisiert werden.
Auch die SPD-Fraktion hofft auf eine „offene Kommunikation“ mit der örtlichen Bevölkerung für mehr Akzeptanz. Und sieht hier nicht zuletzt die Regierung von Oberbayern und das Bayerische Innenministerium in der Pflicht. Speziell im Fall der künftigen Unterbringung im früheren Ara-Hotel fordert die SPD-Fraktion „einen permanenten Ansprechpartner für Fragen des Betreibens der Unterkunft und der Betreuung der dort untergebrachten Menschen“.
Artikel kommentieren