Herr Cartagena, Sie leben in San Francisco und in Lenting. Ist das so ziemlich das gleiche oder gibt es doch große Unterschiede zwischen beiden Orten?
Victor Cartagena: Ich führe ein Leben zwischen zwei Orten, zwei Ländern, zwei Kontinenten. Die Orte unterscheiden sich in fast allen Belangen, verschiedenen Sprachen, verschiedene Kulturen... Das eine eine Weltstadt, in der keiner den anderen kennt – das andere eine Gemeinde, in der jeder jeden kennt. Das sind meine beiden Orte.
Sie sind in nahezu allen Sparten der Bildenden Kunst tätig, von der Fotografie bis zu Installationen. Was ist Ihr Band, das all die verschiedenen Bereiche zusammenhält?
Cartagena: Das ist zum einen die Neugier. Aber das Band, das sich durch mein Werk zieht, ist auch die ständige Suche danach, das, was ich ausdrücken will, so feinfühlig und sensibel auszudrücken, dass es die anderen Menschen verstehen. Jedes Projekt, dem ich mich annehme, offenbart mir selbst alle möglichen Formen und Techniken, mit denen ich es umsetzen kann. Ich wähle dann die Form der Umsetzung, die am besten zu der jeweils erforderlichen Sprache passt.
Manche der Werke, die Sie in Ingolstadt ausstellen, thematisieren große Bedrohungen, die einzelne Individuen treffen. Irgendwie passt das auf glückliche oder eher unglückliche Weise zu der aktuellen Kriegssituation, die wir aktuell erleben müssen.
Cartagena: In meiner Arbeit beschäftige ich mich grundsätzlich mit dem Blick von unten auf die Dinge. Ich thematisiere Elend, Gewalt, Diskriminierung, Rassismus und viele andere derartig schlimme Dinge. Von solchen Malheurs in all ihren Formen werden wir individuell und im Kollektiv immer wieder getroffen. Für viele Ausgegrenzte, Flüchtlinge, Exilanten ist der Krieg kein Fremder – der Krieg im Schatten der Lüge.
Das Interview führte Markus Schwarz.
Zur Person
Der Künstler Victor D. Cartagena wurde 1965 in El Salvador geboren; inzwischen ist er US-amerikanischer Staatsbürger. Der mehrfach ausgezeichnete Künstler ist in vielen Bereichen der Bildenden Kunst aktiv. Er lehrt unter anderem an der UC Berkeley und der Universität von San Francisco. Noch bis 29. Mai sind seine Werke in der Städtischen Galerie Harderbastei zu sehen.
DK
