Gaimersheim
Zwischen Handarbeit und Technik

50 Jahre Backstube Wünsche: Ein Rundgang durch die Bäckerei in Gaimersheim

16.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:05 Uhr
Mit dem richtigen Schwung drehen die Mitarbeiterinnen den Teig in Brezenform. Wenn es gut läuft, schafft ein Tisch rund 2500 Backwerke stündlich. −Foto: Stephan

Gaimersheim (DK) Handwerk. Dieses Wort fällt im Laufe eines Rundgangs durch die 1968 als Familienunternehmen gegründete Backstube Wünsche auffallend oft. "Wir sind zwar eine große Backstube, aber jedes unserer Brote geht noch durch die Hände von Bäckern", sagt Vertriebsgeschäftsführer Alexander Hippach.

"Bei uns kommen noch nachts die Bäcker, krempeln die Ärmel hoch und arbeiten handwerklich." Und das soll auch jeder wissen. So ist die Fassade der Bäckerei gegenüber des Mutterbetriebs Edeka in Gaimersheim aus Glas, damit Passanten jeden Prozess rund um die Uhr beobachten können.

Wer einen genaueren Blick in die 1999 neu gebaute und zuletzt 2010 erweiterte Wünsche-Bäckerei mit mehr als 13000 Quadratmetern Produktions- und Logistikfläche werfen will, muss sich erst einmal präparieren. Das heißt: Ringe und Uhren abnehmen, eine rote Haube, einen weißen Kittel und blaue Schuhüberzieher anziehen sowie Hände desinfizieren. Dann geht es durch einen schmalen Gang. Es ist warm und riecht süß. Das Auge wandert von unzähligen Regalen mit Kartons voller Erdbeerherzformen, Mehlsäcken, Amarettoflaschen oder Ananasdosen über Ständer mit Springformen bis hin zu Kesseln, in denen der Sauerteig geht.

Links und rechts stehen die Türen zu den kleineren Abteilungen offen. Da ist zum Beispiel die Konditorei, wo eine Mitarbeiterin sich des Bienenstichs annimmt, oder die Feinbäckerei, in der ein Nusskuchen in Aluformen darauf wartet, zubereitet zu werden. In den großen Produktionshallen dagegen sieht es tatsächlich erst einmal nach einem industriellen Betrieb aus. Zwischen den riesigen Öfen, die teils mit Öl, teils mit Gas auf bis zu 300 Grad erhitzt werden, stehen jede Menge silberfarbener Gerätschaften. Es geht um chipgesteuerte Kessel, die den Brotteig erst nach der notwendigen Ruhezeit freigeben, Kegelrundwirker, die diesen vorformen, Langroller, die die Klumpen schließlich in ihre laibtypische Form bringen, oder Bildschirme mit Infos zu den jeweiligen Auslieferungsorten wie Vohburg, Kösching, Schrobenhausen oder Karlshuld.

Neben den Maschinen arbeiten rund 300 Menschen in der Produktion - darunter nur zwei neue Bäcker-Azubis. Nachwuchsmangel im Handwerk lässt grüßen. Die beiden Lehrlinge können indes lernen, was es heißt, bei Wünsche handwerklich tätig zu sein. "Die Technik unterstützt bei der Vorarbeit, die Mitarbeiter formen dann mit der Hand", erklärt Produktionsleiter Alois Escheu am Beispiel zweier Männer, die gerade die Teigstücke für Jägerkrustis noch einmal sorgfältig überprüfen.

Dass Maschinen in der Backstube eingesetzt werden, wird nicht etwa mit der Beschleunigung der Produktion oder der Einsparung an Mitarbeitern erklärt, wie vielleicht vermutet werden könnte. "Die Technik entlastet unsere Mitarbeiter", erklärt Produktionsgeschäftsführer Norbert Alberti. Teigteiler oder Knetmaschinen gab es Escheu zufolge übrigens schon um 1900 - die musste allerdings noch jemand teils mit viel Kraft betätigen. Im Gegensatz zu heute.

Auch Dutzende Kilo schwere Mehlsäcke muss - wie es zu Escheus Lehrzeit noch üblich war - heute niemand mehr schleppen. 25 Kilo sind das Maximum, aber auch dafür gibt es Transportmöglichkeiten. "Körperlich schwere Arbeiten sollen noch mehr durch Technik übernommen werden", beschreibt Escheu seinen Wunsch für die weitere Zukunft der Backstube. "Dafür setzen wir unsere Fachkräfte an den handwerklich wichtigen Stellen ein."

So zum Beispiel an der Brezenlinie. "Es gibt Betriebe, die vollautomatisch produzieren. Wir nicht." Diesen Hinweis auf den Verzicht auf Brezenschlingmaschinen lässt sich Escheu nicht nehmen, als er seine Mitarbeiterinnen vorstellt. Die beherrschen ihr Handwerk. Nach dem Wiegen und Kneten der Zutaten, der Zerstückelung des Teigs in kleine Kugeln, der Gärung und dem Einrollen zu einem fertigen Strang - alles mithilfe der Technik -, schlingen die Frauen die Brezen.

Jeweils vier Mitarbeiterinnen stehen an drei Tischen. Blitzschnell schwingen sie einen nach dem anderen Teigstrang geschickt durch die Luft, um die Schlinge in der Mitte zu bilden, und formen die fertige Breze auf großen Brettern. "Pro Tisch sind es etwa 2500 in der Stunde", sagt Escheu. Später werden die Brezen zur Belaugung übergeben. Zwei Frauen legen die Backwaren auf ein Förderband, das durch einen Wasserfall aus Natronlauge fährt. Die Konzentration wird stets gemessen. Gesundheitlich unbedenklich, aber gut für den Geschmack, den Glanz und die Bräunung, heißt es. Zuletzt werden die Brezen gefroren. Aufgebacken werden sie wie viele andere Produkte erst nach und nach in den Filialen. Damit es laut Escheu stets frische Brezen gibt.

Tanja Stephan