Zwischen CHO und Wonderland

19.12.2008 | Stand 03.12.2020, 5:20 Uhr

Die Ludwigstraße sowie auch die Theresienstraße waren bis Anfang der 70er Jahre wichtige Hauptverkehrsstraßen in der Ingolstädter Innenstadt. - Foto: oh

Ingolstadt (peh) Die 60er und 70er Jahre in Ingolstadt beschreibt die Autorin Katja Zirkel aus der Sicht einer Jugendlichen. Ihr Buch "Aufgewachsen in Ingolstadt" ist vor kurzem erschienen.

"Wir wuchsen ruhig und behütet auf. Für uns Kinder war Ingolstadt eine spannende Stadt. Straßen, Wiesen und Bäche waren unsere Spielplätze. Heim gingen wir erst, wenn es dunkel war." Mit diesen Sätzen charakterisiert Katja Zirkel in ihrem Buch "Aufgewachsen in Ingolstadt der 60er und 70er Jahre" ihre Kindheit. Eine Kindheit, die der heutigen Jugend vermutlich fremd anmutet – genauso exotisch wie Schwarz-Weiß-Fernsehen mit drei Programmen oder Serien wie "Lassie" oder "Bonanza". Zirkel schildert die behütete Zeit im Kindergarten, wo noch Klosterschwestern Dienst taten, das Schlittenfahren am Reisberg, die Spiele an der Schutter und in alten Bunkeranlagen, den ersten Audi 80 des Vaters, die Ausflüge an den Baggersee oder den ersten Tanzkurs beim Cecconi oder beim Fischer.

Nicht wenige heute 40- oder 50-jährige Schanzer werden ihre eigene Jugend vor Augen haben, wenn Katja Zirkel über ihre Zeit als Teenager schreibt. Koteletten, Schlaghosen und Plateauschuhe waren damals genauso "in" wie die ersten Diskotheken. Die Autorin erwähnt das CHO gegenüber vom Münster im Poppenbräu, wo Rock gespielt wurde, und das Wonderland (heute Eiskeller), wo Discosound lief, jedoch nicht das Highway und den Koboldkeller. Und dann gab und gibt es das Mo und später die Neue Welt, den Englwirt und viele mehr. Hoch anzurechnen ist es der Autorin, dass sie das Isola Bella, die Eisdiele an der Harderstraße, die Schallplattenboutique, den Radio Appel mit den Fernsehern im Schaufenster und den Merkur (heute Galeria Kaufhof) in ihren Erinnerungen erwähnt.

Die persönlichen Betrachtungen werden im Buch mit mehreren Chroniken dieser Jahrzehnte ergänzt. Dem Wohnungsbau in den 60er Jahren, Marieluise Fleißer und Emmi Böck, den Raffinerien, der Ölkrise, der Auto Union, dem Theater und den Partnerstädten werden jeweils eigene Kapitel gewidmet. Zahlreiche, zum Teil schon fast historische Bilder ergänzen den Text.

Das Buch von Katja Zirkel ist eine kurzweilige Lektüre und eine amüsante Zeitreise in die eigene Jugend, die freilich nicht das ganze Spektrum abdeckt. Der Leser erlebt das Ingolstadt der 60er und 70er Jahre, das es so schon längst nicht mehr gibt, und darüber hinaus ein Stück von sich selbst. Wenn plötzlich längst vergessene Namen auftauchen, werden Jugenderinnerungen wach. Und all die, die schon größere Kinder haben, werden sich nach der Lektüre des Buches vermutlich ins Gedächtnis rufen, dass sie in ihrer eigenen Jugend all das getan haben, was sie an ihrem Nachwuchs jetzt kritisieren.

Katja Zirkel: Aufgewachsen in Ingolstadt in den 60er und 70er Jahren; 64 Seiten; Wartberg-Verlag 2008; 12,90 Euro