Ingolstadt
Zwei Welten

Unterschiedliche Ansichten: Wie Anwohner und Reisende den Nordbahnhof bewerten

13.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:57 Uhr
Verkehrsdrehscheibe Nordbahnhof: Der Zustand, gerade der Bereich, den die Bahn zu verantworten hat, wird von vielen kritisiert. Dazu gehört auch der Weg zu den Gleisen (unten l.). −Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Der zuletzt oft gescholtene Nordbahnhof - er hält noch Lichtblicke bereit. Erst Anfang November berichtete unsere Zeitung ausführlich über die Zustände an den Gleisen. Von "peinlich" bis "scheußlich" reichten die Meinungen über den Bahnhalt und sein Umfeld. Jetzt geht zumindest einer der defekten Aufzüge wieder.

"Reisende haben ab sofort wieder stufenlosen Anschluss auf Gleis 7." So oder so ähnlich könnte die Durchsage lauten, die darüber informiert, dass der Aufzug zu besagtem Bahnsteig am Nordbahnhof nach längerer Wartung wieder funktioniert. Der Aufzug zu Gleis 5/6 ist allerdings weiter außer Betrieb - und das seit Sommer. Hier hilft nach wie vor nur Treppensteigen.

Das Bild, das die Unterführung am Montagvormittag allgemein hin abgibt, es scheint dennoch erträglich zu sein. Anrüchige Erblasten vom Wochenende, wie jüngst beschrieben, sind zumindest nicht zu entdecken. "Im Moment schaut es gut aus", sagt eine ältere Frau, die gerade, gestützt auf ihren Rollator, die Unterführung Richtung Ostausgang passiert. Die Seniorin, die (wie auch andere Gesprächspartner) namentlich nicht genannt möchte, wohnt in der Nähe und benutzt den Tunnel, um in der Stadt Einkäufe zu erledigen. Die defekten Aufzüge stören sie weniger. Mehr schon die "Rowdy-Burschen", sagt sie. "Die bemalen die Wände." Und die Radfahrer seien "furchtbar schnell" dran. "Ich glaube, die dürfen hier gar nicht durchfahren", sagt sie. Im selben Moment schießt einer wie ein mahnendes Beispiel wild klingelnd an ihr vorbei. Manchmal lägen auch Obdachlose in der Unterführung, so die Ingolstädterin. Angst habe sie tagsüber aber nicht. Selbst für die Graffiti hätte sie noch Verständnis. "Wenn die nur schön wären", sagt sie.

Ein Mann aus Oberhaunstadt, der in der erst vor Kurzem eröffneten Pizzeria im Hauptgebäude Pause macht, stört sich an den kaputten Aufzügen ebenso wenig. "Da muss man durch", sagt er. Aber auf den steilen Treppen, da seien schon viele gestürzt.

Was er aber unmöglich finde, sei, dass die Busse nicht korrekt an ihren Haltestellen hielten. "Ich werde oft angesprochen von Leuten, die ihren Bus nicht finden", erzählt er. "Meine Fahrgäste schimpfen nicht. Ganz im Gegenteil", sagt ein Ingolstädter Taxifahrer. Er findet, dass der Nordbahnhof ein "ganz normaler Bahnhof" sei. "Es ist doch alles da: ein Parkhaus, ein Hochhaus, Geschäfte und Platz zum Unterstellen, wenn es regnet. Sogar abschließbare Boxen für E-Bikes gibt es", zählt er auf.

Helmut Feuerer, der gegenüber ein Blumengeschäft betreibt, findet allerdings gleich eine Bedarfslücke: "Zu uns kommen Leute, die Geld wechseln wollen, weil der Fahrkartenautomat keine großen Scheine annimmt. Es fehlen ein Geldautomat und ein Wechselautomat", sagt er. Von den Beschwerden, die umgehen, bekäme er aber nichts mit. "Ich glaube, wenn man Stecknadeln sucht, findet man sie auch", kommentiert er das. Feuerer räumt jedoch ein, dass Menschen, die lange nicht in Ingolstadt gewesen seien, durchaus eine gespaltene Meinung zur Architektur am Nordbahnhof hätten. "Manche trauern dem alten Bahnhof nach."

An diesem Vormittag wird das Gebäude gleich von zwei mehr oder weniger markanten Türmen flankiert: dem neuen IN-Tower zur Rechten und einem Türmchen aus aufgestapelten gelben Säcken, die auf Abholung warten, zur Linken. Es scheint also eine Frage des Blickwinkels zu sein, wie der einzelne die Situation am Nordbahnhof wahrnimmt.

Ein Pendler aus München hat seine ganz eigenen Ansichten: Das Parkhaus finde er grundsätzlich gut, in der Unterführung vermisse er Kameras. "Eine Überführung wäre vielleicht besser", sagt er. Kaputte Rolltreppen gebe es auch in München. Sein Gesamteindruck: "Es geht so." Ihn störe vielmehr die Verkehrsführung an der Kreuzung Am Nordbahnhof / Nördliche und Östliche Ringstraße. "Als Fußgänger fühlt man sich da im Weg", sagt er. Die Unterführung für Fußgänger zur Rechbergstraße kannte er nicht. "Für einen Münchner ist das hier aber sowieso keine Straße", ergänzt er lapidar.

Stadtsprecher Michael Klarner merkt zu der Gesamtsituation an: "Bereits im Oktober haben sich Oberbürgermeister Christian Lösel und der Abgeordnete Reinhard Brandl per Brief an die Bahn gewandt und deutlich auf die Situation an den Ingolstädter Bahnhöfen hingewiesen. Die Bahn wurde eindringlich gebeten, bei den defekten Aufzügen tätig zu werden und die Schäden baldmöglich zu beheben."

Michael Brandl