Ingolstadt
Worin die Region Ingolstadt besser als der Rest Bayerns ist

24.02.2021 | Stand 28.02.2021, 3:33 Uhr
Einkaufen in der Ingolstädter Innenstadt - war in den meisten Läden zuletzt vor Weihnachten möglich. Die Entwicklung im stationären Einzelhandel bereitet auch der Ingolstädter IHK-Geschäftsstellenleiterin Elke Christian (kleines Bild ) Sorge. −Foto: Schattenhofer, Bösl/IHK

Ingolstadt - Die Leiterin der IHK-Geschäftsstelle Ingolstadt im Interview zur konjunkturellen Entwicklung der Region.

 

Frau Christian, die IHK für München und Oberbayern hat jetzt die aktuelle Konjunkturumfrage für die Region 10 veröffentlicht.Kurz zusammengefasst: Wie ist die Stimmung?
Elke Christian: In Summe ist die Situation nicht gut. Aber in Ingolstadt und den umliegenden Landkreisen stehen wir besser da als im übrigen Oberbayern und im Rest Bayerns.

Das liegt an der wirtschaftlichen Struktur unserer Region?
Christian: Genau. Wir wissen, dass von der Corona-Krise vor allem der Hotellerie- und Gaststättenbereich, der Veranstaltungssektor und der innerstädtische Einzelhandel betroffen sind. Ingolstadt und die Region sind jedoch industriell geprägt und die Industrie kommt bislang - auch auf Grund der internationalen Nachfrage - relativ gut durch die Krise.

Wobei jetzt aktuell das Problem der Grenzschließungen und somit der Unterbrechung von Lieferketten dazu kommt.
Christian: Die Grenzschließungen haben uns alle überrascht. Wir von der IHK haben dazu schon eine Blitz-Umfrage gemacht und dabei festgestellt: Je näher die Betriebe an der Grenze liegen, desto mehr sind sie betroffen. Aber auch in unserer Region sind die Auswirkungen definitiv spürbar.

Wenig spürbar sind die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt. Wird das so bleiben?
Christian: Was sich aufgrund unserer Konjunkturumfrage sagen lässt, ist, dass sich der Stellenabbau verlangsamt. Die Unternehmen haben offenbar ihre drastischen Sparpläne, die sie zu Beginn der Krise hatten, revidiert. Dennoch will im Moment jedes vierte Unternehmen Stellen streichen und nur jedes zehnte Unternehmen Stellen aufbauen. In der Summe wird es also wohl zu einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit kommen. Aber nicht so dramatisch, wie man das einige Zeit befürchtet hat.

Was von betroffenen Unternehmern immer wieder beklagt wird, sind die Schwierigkeiten mit dem Auszahlen der Corona-Hilfen. Sie als IHK für München und Oberbayern sind ja insofern mitten drin im Geschehen, da Sie die Bewilligung der Hilfen für ganz Bayern umsetzen. Wie sind da Ihre Erfahrungen?
Christian: Inzwischen läuft es gut. Am Anfang hat sich verständlicherweise Unmut aufgestaut. Das lag aber daran, dass die Unternehmen bereits ab dem 25. November Hilfe beantragen konnten - wir bei der IHK konnten aber erst ab dem 12. Januar Bewilligungen erteilen; vorher war es ganz einfach technisch nicht möglich. Der aktuelle Stand ist der, dass von den Novemberhilfen knapp 90 Prozent bewilligt und ausgezahlt sind, von den Dezemberhilfen immerhin auch schon 63 Prozent. Natürlich gibt es auch Unternehmen, die noch auf ihre Bewilligung warten - weil noch einige Fragen offen sind. Wir tun unser Bestes. Zwei Milliarden Euro wurden bereits an Unternehmen in Bayern ausgezahlt, 160000 Anträge bearbeitet. Im Bundesvergleich haben wir die meisten Anträge bewilligt. Das große Paket, das nun noch vor uns steht, ist die "Überbrückungshilfe 3", die seit 10. Februar beantragt werden kann. Da liegen im Moment über 2700 Anträge vor; die werden wir nicht vor März bearbeiten können, weil im Moment die Software, die uns der Bund bereit stellt, noch nicht so weit ist. Aber die Abschlagszahlungen über die Bundeskasse laufen bereits.

 

Wie lautet denn Ihre persönliche Meinung zu diesem Verfahren? Wäre das auch einfacher gegangen?
Christian: Ich bin selbst stark eingebunden und ich muss sagen: Die Antragstellung ist relativ unbürokratisch, allerdings für die prüfenden Dritten wie Steuerberater doch zeitaufwendig, da sehr viele Daten zu erfassen sind. Ergeben sich dann in der Plausibilitätsprüfung eines Antrags Rückfragen, so müssen diese selbstverständlich über den Steuerberater geklärt werden. Da sind wir als Bewilligungsstelle auf zügige und vollständige Rückmeldungen angewiesen. Summa summarum läuft die Zusammenarbeit aber sehr gut.

Wer sehr stark von der Krise betroffen ist, ist auch der stationäre Einzelhandel. Sorgt Sie das auch?
Christian: Ja, die Entwicklung sehen wir mit großer Sorge. Natürlich sind wir keine Virologen und können somit keine belastbaren Einschätzungen liefern, inwiefern Handelsflächen zur Verbreitung des Virus beitragen. Aber wir sehen, dass es eine sehr schwierige Situation ist, wenn die einen zumachen müssen und die anderen aufhaben dürfen. Und dass große Handelsketten Waren verkaufen, die kleine Einzelhändler nicht verkaufen dürfen.

Sehr gut an der Krise verdient hat vor allem der Online-Handel. Und das zu Lasten des stationären Handels. Ist es da nicht endlich notwendig, dass von staatlicher Seite Maßnahmen ergriffen werden, die Kultur des Einzelhandels zu stützen?
Christian: Grundsätzlich sind wir immer gegen weiteren Bürokratie-Aufbau. Das ist bei staatlichen Maßnahmen aber meistens der Fall. Und einen positiven Aspekt gibt es ja auch - nämlich den, dass viele Unternehmen den Sprung in die Digitalisierung früher geschafft haben als gedacht. Insgesamt stehen wir als IHK für einen gesunden Wettbewerb. Dennoch glauben wir, dass es auf alle Fälle Maßnahmen braucht für eine Stärkung der Innenstädte - denn dort stellt der Handel eine wichtige Säule dar.

Noch ein weiterer Blick in die Zukunft: Wie geht es weiter mit der Konjunktur in und vor allem nach Corona?
Christian: Vergangenes Jahr im März haben wir noch auf eine sogenannte "V-Entwicklung" gehofft - also schnell runter, schnell wieder rauf. Das werden wir wohl in der ausgeprägten Form nicht haben. Dennoch hoffen wir, dass es bei einer Stabilisierung des Infektionsgeschehens wieder zu einer schnellen Erholung der Konjunktur kommen wird. Zum einen, weil der Konsumbedarf groß ist: Die Leute wollen wieder shoppen, wieder in den Urlaub fahren. Auf der anderen Seite ist während der Krise die Sparquote hoch - es ist also auch Geld da. Zumindest bei den Menschen, die finanziell von der Krise nicht so stark getroffen sind.

DK

Das Interview führte Markus Schwarz.