Ingolstadt
Beratung gesichert

Caritas-Projekt "Mein Wohnraum" wird wohl weitere zwei Jahre gefördert

22.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:45 Uhr
Peter Esser
Zu dritt in einem Zimmer: Wie dieser Ingolstädter Familie, die der DK einmal porträtierte, geht es einigen von der Wohnungsnot Betroffenen in der Stadt. −Foto: Hauser/Archiv

Ingolstadt (DK) Das Projekt "Mein Wohnraum" bei den Caritas-Wohnheimen und Werkstätten Ingolstadt wird höchstwahrscheinlich für weitere zwei Jahre bis Ende 2020 vom Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP) gefördert.

Dies hat der Leiter der Einrichtung, Michael Rinnagl, bei einem Fachtag über dieses Projekt im Caritas-Wohnheim St. Alfons in Ingolstadt mitgeteilt. An der Veranstaltung nahmen über 50 Verantwortliche und Mitarbeitende aus sozialen Organisationen, Behörden und Sozialpolitik teil. Thema war auch die allgemeine kritische Wohnungssituation, zu der die Caritas in ganz Deutschland heuer die Jahreskampagne "Jeder Mensch braucht ein Zuhause" durchführt. Zudem wurde die spezielle Problematik "Frauen in der Wohnungslosenhilfe" in den Blickpunkt gerückt.

Rinnagl erinnerte daran, dass das Projekt "Mein Wohnraum" Anfang 2016 gestartet wurde, um präventive Arbeit in der Wohnungslosenhilfe zu verbessern. In Ingolstadt wurden nach Mitteilung der dortigen EHAP-Beraterin Christa Hamela 277 Menschen in den ersten beiden Jahren 2016 und 2017 erreicht: 104 Wohnungslose und 173, denen Wohnungslosigkeit drohte. Insgesamt sei die Beratungsarbeit in über Dreiviertel aller Fälle zumindest in irgendeiner Weise erfolgreich gewesen, indem Betroffene "ins Hilfesystem eingebunden worden sind": zum Beispiel durch weiterführende Hilfen in der Sucht- oder Schuldnerberatung. "Und speziell bei den 173 Bedrohten konnten wir in 90 Prozent der Fälle den Wohnraum sichern, indem etwa Kündigungen und Räumungsklagen verhindert wurden", so die Caritas-Sozialberaterin. Ingolstadts Sozialreferent Wolfgang Scheuer bezeichnete dann auch das Projekt als "wertvolle Ergänzung bestehender Angebote". Rinnagl und Hamela hoffen, dass die Beratungsarbeit ab dem Jahr 2021 zumindest teilweise von der Stadt Ingolstadt finanziert wird.

Über "das weibliche Gesicht der Wohnungslosigkeit" informierte die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ingolstadt, Barbara Deimel. Fast ein Drittel der wohnungslosen Menschen in Deutschland seien offiziell Frauen, "jedoch gibt es eine hohe Dunkelziffer in verdeckter Wohnungslosigkeit", so Deimel. Betroffene lebten weniger häufig als Männer "auf der Straße". Doch vor allem Alleinerziehende seien besonderen Belastungen in oft nicht familien- und kindgerechten Notunterkünften ausgesetzt. Viele hätten häusliche Gewalt, Trennung oder Scheidung und familiäre Konflikte erlebt, ihr Alltagsleben werde vor allem von Angst geprägt und viele fühlten sich "beschämt, vergessen und entmündigt". Neben speziellen Hilfen bei der Suche einer angemessenen Wohnung bräuchten diese Frauen daher vor allem psychische Beratung.

Maria Tripolt vom Sozialdienst katholischer Frauen beleuchtete außerdem bei der Diskussion über Frauen in der Wohnungslosenhilfe die nochmals gravierendere Situation Betroffener, die schwanger sind. Wenn grundlegende Fragen wie die des Wohnraums nicht geklärt sind, führe dies zu Belastungen, "die Früh- oder auch Fehlgeburten begünstigen oder auch die Gesundheit des Kindes beeinträchtigen können".

Die Leiterin des Ingolstädter Frauenhauses, Andrea Schlicht, informierte, dass viele Hilfesuchende bei ihr die vom Gewaltschutzgesetz gegebene Möglichkeit einer Wohnungszuweisung nicht in Anspruch nehmen möchten: unter anderem, weil sie sich dann nicht sicher fühlen würden. Christa Hamela hat hingegen in ihrer Beratung "Mein Wohnraum" vor kurzem eine alleinstehende Frau erlebt, die ihr angesichts der Aussichtslosigkeit auf dem Wohnungsmarkt sagte: "Ich suche jetzt keine Wohnung mehr, sondern einen Mann. " Dies berge freilich "die Gefahr, in eine emotionale und finanzielle Abhängigkeit zu geraten".

Peter Esser