Ingolstadt
Wo nicht nur Soldaten das Schwimmen lernten

Tafel erinnert an früheres Militärbad

12.07.2019 | Stand 02.12.2020, 13:31 Uhr
Das Ingolstädter Freibad ist auch in die Festungsanlagen eingebettet. Oben der Beachvolleyballplatz, wo früher das alte Volksbad war, wie auf der historischen Aufnahme zu sehen. Links oben ist der Schutterhof zu erkennen. −Foto: Schalles

Ingolstadt (DK) Eine Tafel erinnert jetzt in dem zum Biergarten umgewandelten Schutterhof an das frühere Militärbad und das angrenzende alte Ingolstädter Volksbad. Beide wurden noch vom Wasser des Stadtflusses gespeist.

Es hätte auch ein Parkplatz werden können. Oder ein Eisstadion. Zwischendurch war es eine Kleingartenanlage und der Ort für Ingolstadts ersten Flohmarkt. Am Ende ist ein Biergarten entstanden, und vermutlich ist das für die allermeisten Ingolstädter die beste Lösung. Johann Steiner hat sich 40 Jahre lang beruflich um den Schutterhof gekümmert und während seiner Zeit beim Staatlichen Bauamt etliche Ideen für eine Nutzung des Areals erlebt - und die meisten verhindert. Als Vorstandsmitglied des Festungsvereins war er jetzt bei der Enthüllung einer Tafel dabei, die zeigt, wie der Festungsbau früher genutzt wurde - nämlich als Schwimmbad für das Militär.

Doch der Reihe nach. Nach der Grundsteinlegung für die Bayerische Landesfestung im August 1828 ging der Bau der Fronten und Kavaliere zügig voran, so dass bereits 1852 alle Gebäude dieses ersten Bauabschnitts fertig waren. Dazu gehörte auch der Schutterhof, der um 1838 erbaut wurde. Wie der Vorsitzende des Festungsvereins und frühere Direktor des Bayerischen Armeemuseums bei der Enthüllung erzählte, bildete der Einlauf der Schutter in die Stadt einen kritischen Punkt der ganzen Verteidigungsanlage, die im Vorfeld der Festungsbauten durch Glacis und Künettegraben zusätzlich verstärkt wurde. Von daher war das Militär natürlich bemüht, diese Schwachstelle besonders zu sichern, weshalb der Schutterhof errichtet wurde. Wäre der Feind eingedrungen, so hätte man ihn in diesem Hof von vier Seiten aus unter Beschuss nehmen können. Bis heute sind auch noch die mächtigen Geschützpforten zu sehen, und zur Abwehr dienten auch zwei sogenannte Galerien für die Infanterie an den Längsseiten.

Viele Soldaten konnten seinerzeit aber nicht schwimmen. Immer wieder kam es bei an sich harmlosen Flussüberquerungen zu Todesfällen, während sie andererseits auch feindliche Wasserhindernisse überqueren können mussten. Daher auch die Errichtung des Militärschwimmbads Ende des 19. Jahrhunderts.

Erste Ansätze an der Donau im Bereich der Tränktorstraße scheiterten, weil die Donau zu viel Sand mitgeführt hat. "Auch der Hafen ist versandet", weiß Johann Steiner - er war in etwa da, wo heute das Sportbad ist. Daher der Schutterhof: Es gab zwei Schwimmbecken mit jeweils zwei Metern Wassertiefe und einer Länge von 44 und 36 Metern. Das Nichtschwimmerbecken und die frühere Kneippanlage befanden sich dort, wo heute im Freibad der Beachvolleyballplatz ist. Die Schwimmbecken wurden von der Schutter gespeist, der mit starken Eisenstäben befestigte Ein- und Auslass sind heute noch gut zu erkennen. Da der ursprüngliche Hausbach der Schanzer, der seit 1972 in den Künettegraben fließt, aber die Tendenz zur Verschlammung hat, schaltete man zwei Absetzbecken vor, die abwechselnd gefüllt und gereinigt wurden. Als junger Mann hat Aichner noch selber die Umkleidekabinen des alten Militärbades gesehen, mit Schildern fein säuberlich getrennt nach Offizieren und Mannschaften. Das Militärbad existierte bis etwa 1950, wie Kurt Scheuerer in seinem Wissensspeicher zur Geschichte Ingolstadts berichtet, das alte Volksbad dahinter bis in die 60er-Jahre. Es wurde noch vom Schutterwasser gespeist, weshalb es jedes Jahr erst nach der Reinigung der Schutter eröffnet werden konnte. Mitte 1961 beschloss der Stadtrat den grundsätzlichen Umbau und die Erweiterung des 1931 gebauten Volksbades, 1964 war die Eröffnung des Freibads.

Der Charakter des Schutterhofs ist erhalten geblieben, obwohl das Areal danach ganz unterschiedliche Verwendungen fand. Kleingärtner züchteten dort ihre Tomaten und Radieschen, Kleingewerbe hatte sich eingemietet. Hans Ott vom Festungsverein weiß noch heute, dass dort Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre der erste Flohmarkt in Ingolstadt abgehalten wurde. Doch die große Fläche am Rand der Altstadt weckte Begehrlichkeiten, wie sich Johann Steiner erinnert. So sollten dort beispielsweise Parkplätze für die FOS entstehen. Andere Überlegungen sahen vor, dort eine Turnhalle zu bauen oder das Eisstadion, das dann nur wenige Meter entfernt an die Jahnstraße kam. Sogar ein Festungsmuseum und ein Festungspark waren im Gespräch.

Schließlich folgte dann die Idee eines Biergartens, der 2012 eröffnet wurde. Größe und vor allem die Architektur des Neubaus in der Mitte waren Anfangs ziemlich umstritten, sind aber mittlerweile akzeptiert. Nur wie der Schutterhof früher ausgeschaut hat und wie er genutzt wurde, das wissen höchstens noch die älteren Ingolstädter. Daher hat der Festungsverein jetzt im Hof eine Tafel angebracht, die an das alte Militärschwimmbad erinnert. Sie ergänzt die vielen roten Hinweisschilder des Fördervereins Bayerische Landesfestung, die es im Stadtgebiet bereits gibt.

Wer neugierig geworden ist, sollte einmal bis ans westliche Ende des Schutterhofs gehen. Dort ist in der Mitte noch der Graben zu erahnen, der sich früher um die gesamte Festung zog. Im Schutterhof wurde er unter dem Bett des Bachs hindurchgeleitet und mündete schließlich in den Künettegraben. Am hinteren, erst später eröffneten Ausgang kann man unter der Verbindung von Schutterhof und Glacis heute noch das entsprechende Rohr sehen. An dieser Stelle befand sich früher eine Zugbrücke: Die Löcher, die sich rechts und links oben am Tor befinden, dienten einst zur Aufnahme der Ketten.