Ingolstadt
Wirtschaftsjurist, Opernsänger, Priester

Pater Ralph Heiligtag hat in seinem Leben schon vieles ausprobiert - Er berichtet von seiner inneren Reise

29.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:38 Uhr
Der Priester: Pater Ralph Heiligtag ist als Kaplan in der Pfarrei Münster und Moritz tätig. −Foto: Eberl

Ingolstadt - Sein Lebenslauf: beeindruckend und abwechslungsreich.

 

Er studierte nach dem Abitur erst Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, dann Opern- und Konzertgesang und schließlich Theologie. Er spricht Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch, Alt-Griechisch, Bibel-Hebräisch und Lateinisch. Einige dieser Sprachen kann er zumindest fließend singen. Seine Priesterweihe unter Corona-Bedingungen liegt erst ein paar Wochen zurück. Nun ist er Kaplan an Münster und Moritz. Dort, in der Sakristei, sitzt er im Talar auf den uralten Treppenstufen und erzählt aus seinem Leben. Die erste Frage? Er nimmt sie vorweg und lächelt charmant: "Schuhgröße 44." Pater Ralph Heiligtag, 46 Jahre alt - ein Kirchenmann von besonderem Format.

Der gebürtige Bamberger spricht zunächst vom Vater, der sich vom Lehrling bis zum Leiter des Arbeitsamts hocharbeitete. Bedingungslosen Einsatz predigte er dem Sohn, das väterliche Vorbild prägte auch die erste Berufswahl. "Mit dem Jurastudium habe ich begonnen, weil ich Generalist bin. "

Als Student schon entdeckte er seine Liebe zum Gesang. "Ich stieß auf einen Verein, der mit Laien Opern inszeniert: das Opernstudio Oberfranken. Das war sehr bunt, mit Klavierbegleitung und selbstgemalten Kulissen. " Die Aufführungen - von der "Zauberflöte" bis zum "Wildschütz" - fanden in Tanzsälen von Wirtshäusern oder auf Naturbühnen statt.

Schon vor dem zweiten juristischen Staatsexamen entschied sich Heiligtag, sein Leben nicht als Richter fortzuführen, "eingeschlossen in ein schlauchförmiges Büro". Er wollte sich lieber der Musik widmen. "Das war damals meine Leidenschaft, das wollte ich unbedingt ausprobieren. " Also studierte er erst an der Musikhochschule in Nürnberg Opern- und Konzertgesang, absolvierte dann ein Aufbaustudium für Liedgesang und landete als Opernchorsänger in Erfurt. "Mein Stimmmaterial reichte nicht für die große Karriere", erklärt er. "Ich bin hoher Bariton - den braucht niemand. " Trotzdem genoss er eine Zeitlang die Vorzüge einer Festanstellung und Bezahlung nach Tarif - und die viele Abwechslung. "Ich würde den Opernchorsänger noch heute als einen der schönsten Berufe beschreiben. Aber dann kam meine Berufung dazwischen. "

 

Auf seiner Sinnsuche landete Heiligtag im November 2001 auf dem Prayerfestival der Organisation "Jugend 2000" in St. Josef in Ingolstadt. "Da bin ich zu dieser Christus-Beziehung gekommen und habe ab diesem Zeitpunkt meinen Glauben aktiv gelebt", berichtet er . Er ging regelmäßig zur Messe, zur Beichte, suchte geistliche Begleitung und Gemeinschaft. Seine innere Reise führte ihn nach Leipzig: 2010 schloss er sich dem Oratorium des Heiligen Philipp Neri an.

Er erzählt von einer Pilgerfahrt nach Lourdes, wo ihn eine alte Dame für einen Priester hielt, obwohl er keiner war. Das passierte ihm immer öfter. "Nach und nach hat sich das Priestertum als Option herausgeschält. " In der Ordenshochschule Heiligenkreuz der Zisterzienser in Wien begann Heiligtag sein Theologiestudium. "Ein Hotspot, wo alles vorbeikommt, was Rang und Namen hat. Und wo etwas vorangeht für das Christentum des 21. Jahrhunderts. " Inzwischen gibt es auch in Ingolstadt ein Vor-Oratorium in St. Josef, und Pater Ralph Heiligtag ist dabei.

Der Neupriester, der sein Magister-Theologiestudium an der Katholischen Universität Eichstätt abschloss, äußert sich ziemlich kritisch über das "Untergangsgejammere" der Kirche. "Wir sind ein Insider-Verein, der eine Sprache benutzt und Dinge voraussetzt, die jemand von außen nicht mehr kennt. Denn die meisten Menschen haben keine christliche Sozialisation mehr", sagt er. "Der Umbau von der Volkskirche in eine Kirche der Zukunft passiert nicht von selbst. Ziel der ganzen Geschichte muss sein, dass für Menschen, die auf der Sinnsuche sind, katholisches Christentum wieder eine ernsthafte Option wird. " Für ihn ist das Evangelium "die schönste und wichtigste Botschaft der Welt" und Jesus der Schlüssel zum Leben.

Und der Weg. Priester zu sein ist für ihn eine weitere Etappe. "Sinn und Zweck ist es, mit Jesus zu gehen. Ein Prozess, der nie zum Ende kommt. " Und dann lächelt er wieder und fügt hinzu: "Meine Veränderungs-Energie ist aber aufgebraucht. Jeder Schritt wurde mühseliger. Ich würde schon sagen, dass ich jetzt angekommen bin. "

DK

PATER ERZÄHLT

Ingolstadt - Der Ingolstädter Neupriester Pater Ralph Heiligtag berichtet am Mittwoch, 1. Juli, über seinen Werdegang. Vor seinem Theologiestudium war er Opernsänger und wirkte auch als Radiomoderator. Beginn der Veranstaltung ist 19.30 Uhr im Haus der Katholischen Stadtkirche, Hieronymusgasse 3. Da wegen der Corona-Pandemie die Hygieneregeln gelten, ist eine Anmeldung erforderlich per E-Mail unter keb-in@gmx. de oder telefonisch unter 0841 934150 im Münsterpfarramt. 

DK

 

Suzanne Schattenhofer