Ingolstadt
"Wir haben heute Grund zum Jubeln"

Bündnis "Ingolstadt ist bunt" feiert, dass die umstrittenen ZFI-Tagungen im VHS-Gebäude endlich Geschichte sind

10.11.2019 | Stand 02.12.2020, 12:39 Uhr
Demonstrativ vor die Volkshochschule am Carraraplatz stellten sich die Teilnehmer der Kundgebung von "Ingolstadt ist bunt" - "Omas gegen rechts" inklusive. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Ingolstadt war wieder einmal besonders bunt: am Samstagvormittag auf dem Carraraplatz.

Aus der geplanten Demonstration gegen die Tagung der Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt (ZFI) in der Volkshochschule (VHS) wurde eine Jubelfeier. Nach jahrelangen Protesten und Demonstrationen gegen die jährlichen Tagungen der tendenziell rechtsradikalen Vereinigung hatte die Stadtverwaltung die Vermietung des Kollersaals an die ZFI gestoppt. "Wir haben heute Grund zum Jubeln", begrüßte Eva Bulling-Schröter gut 50 Demonstranten und Anhänger von "Ingolstadt ist bunt", einem Aktionsbündnis diverser Ingolstädter Organisationen, Parteien und Fanclubs gegen rechtes Gedankengut.

Bündnissprecherin Bulling-Schröter mahnte aber, den Widerstand "gegen diese rechte Bande" noch zu verstärken. "Das ist wichtig. " Der nächste Schritt sei nun, den Geschichtsrevisionismus ganz aus Ingolstadt zu vertreiben. "Wir wollen eine antifaschistische und antimilitaristische Kultur in Ingolstadt. Und da ist noch viel Luft nach oben", betonte die Linken-Politikerin. Ob die Entscheidung der Stadtverwaltung, die Räume nicht mehr an die ZFI zu vermieten, mit den nahenden Kommunalwahl zusammenhängt, wollte Bullig-Schröter nicht kommentieren. Man werde jedenfalls weiter gegen rechte Umtriebe kämpfen.

Viele waren um 10 Uhr auf den Carrara-Platz gekommen. Von den Linken, von den Grünen, von der SPD. Und auch die "Omas gegen rechts". Kerstin Lang hatte im Frühjahr für Ingolstadt die Gründung dieser Gruppe angeschoben, die sich dann "Ingolstadt ist bunt" angegliedert hat: "Das ist unsere Kragenweite. " Auch die Polizei war vor Ort, doch sowohl die Demo, als auch der anschließende Vortrag zum Thema Geschichtsrevisionismus des Journalisten Lucius Teidelbaum in der VHS verliefen ruhig.

"Eigentlich ist der 9. November ein trauriger Tag", sagte SPD-Stadträtin Petra Volkwein. "Aber heute ist dank der jüngsten Entwicklung auch ein guter Tag. Ich hätte nie geglaubt, dass der Erfolg so viele Jahrzehnte auf sich warten lässt. " Sie mahnte, man müsse aber weiterhin aufpassen, man wolle in Ingolstadt "keine braune Soße".

Petra Kleine, OB-Kandidatin der Grünen, betont, endlich stehe fest, dass die ZFI revisionistisch sei. "Es gibt Stempel der Stadt und des Bayerischen Verfassungsschutzes. " Sie sei froh, dass die ZFI Geschichte sei. "Ich hoffe, es bleibt auch so. " Für Kleine stellt sich aber nach wie vor die Frage, wie man "als wehrhafte Demokratie" mit solchen Auswüchsen umgehe. "Wenn Zeitzeugen allmählich sterben, ist es an uns, zu erzählen, literarisch und journalistisch, und die Erinnerung wachzuhalten. "

Christian Pauling, OB-Kandidat der Linken, kritisiert am gesellschaftlichen Diskurs die Gleichsetzung von links und rechts. "Das ist nicht so. " Denn im Gegensatz zu den Linken würde "rechts", zum Beispiel die AfD, mit Lüge, Verleumdung und psychischer Gewalt arbeiten, Hass und Spaltung in der Gesellschaft vorantreiben. Das Ziel der Rechten sei die Eskalation, um eine Gegeneskalation zu rechtfertigen. "Lasst uns gemeinsam wachsam sein. "

Teidelbaum, der nicht fotografiert werden wollte, um "weiterhin investigativ" arbeiten zu können, fand es gut, dass mit der Kündigung durch die Stadt ein Riegel vorgeschoben wurde. Die ZFI sei die Speerspitze eines extrem rechten Geschichtsrevisionismus. "Sie wollen die deutsche Geschichte reinwaschen, wollen, dass braune Flecken verschwinden - durch lügen, täuschen, fälschen und kleinreden. " Die Deutschen würden als die eigentlichen Opfer dargestellt. "Das macht auch die AfD. "

Ehe die Versammlung nach einem Gläschen Sekt - zur Feier des Tages - in die VHS zog, um den Vortrag von Teidelbaum anzuhören, sprach mit Uwe Müller noch ein Ingolstädter, der die ZFI als ewig gestrige Zweifler und Heuchler dieser Verbrechen bezeichnete, die die Taten verharmlosen würden. "Endlich sind sie aus der Öffentlichkeit in Ingolstadt verschwunden. "