Ingolstadt
"Willkommen und nicht nur geduldet"

Die Offene Hilfe und der ESV haben ein Ziel: Mit Segel-Booten an den Special Olympics teilnehmen

14.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:38 Uhr
Heike Strobl
Mit Hilfe der Betreuten von St. Vinzenz restaurieren (v.l) Peter Landisch, Cornela Eichlinger, Roland Gößler und Volker Simm (rechts hinten) an der Restaurierung des Bootes. Sabrina und Jonas sind schon sehr gespannt. −Foto: Eberl

Ingolstadt - Im vorderen Bereich der Werkstatt schleifen Kinder gerade Herzen aus Holz ab - extra für den Valentinstag. Hinten versuchen drei Männer eine Jolle auf die Waage zu bekommen. Gar nicht so einfach bei so einem großen Boot. Es ist eine von zwei Segel-Jollen, die die Offene Hilfe des Caritas-Zentrums St. Vinzenz angeschafft hat, um ein neues Projekt zu starten: Die Teilnahme an den Special Olympics.

 

Die Segel-Jollen der Klasse Conger seien sehr anwenderfreundlich und neigten nicht zum kentern, erklärt Peter Landisch, seit 2008 ehrenamtlich aktiv. Eines der Boote ist ein wahres Schätzchen, gebaut 1966, stammt es aus der ersten Baureihe. Der Nachteil: Es muss noch aufwendig restauriert werden. Eine willkommene Aufgabe für das Caritas-Zentrum, findet Cornelia Eichlinger, die Bereichsleiterin der Offenen Hilfen.

In einem Werkraum liegt jetzt der Oldtimer und wartet auf seine Behandlungen. Volker Simm, der Werklehrer, wird mit verschiedenen Schülergruppen daran arbeiten. Heute steht die wichtigste Untersuchung bevor: Das Boot wird gewogen. Denn durch Risse im Lack könnte sich Wasser im Material eingelagert haben. Dann könnte das Boot nicht mehr eingesetzt werden. Ein Schnäppchen war der Bootsanhänger, den sie mit dem Boot gekauft haben. Der ist Dank neuem TÜV-Siegel voll einsatzfähig. Und das für einen kleinen Preis - ein Coup.

Vor 18 Jahren haben die Offene Hilfe des Caritas-Zentrums St. Vinzenz und der ESV zum ersten Mal einen Segelkurs für Menschen mit Beeinträchtigung organisiert. Vergangenes Jahr wiederholten sie den Segeltag, und die Freude war groß. So groß, dass daraus dieses gemeinsame Projekt entstanden ist: Acht bis zehn Betreute und fünf Segler des ESV trainieren gemeinsam für die Special Olympics und nehmen an Regatten teil.

Der ESV bietet als Segelabteilung dem Projekt eine Heimat, und einige Vereinsmitglieder unterstützen es ehrenamtlich als Trainer. Eichlinger: "Wir sind da nicht die Exoten, die einmal kommen und dann wieder weg sind. Es ist ein langfristiges, nachhaltiges Projekt. Das macht es so besonders. " Es sei kein aufgesetztes Projekt, sondern wirklich inklusiv. Mit der Restaurierung des Bootes entstehe etwas von Anfang an, alle hätten so einen viel besseren Bezug dazu.

Finanziert wurden die Boote mit Spenden, die speziell für das Projekt gesammelt wurden. Die Pläne für den Einsatz der Boote stehen. An den Wochenenden im Sommer soll ein offener Segeltreff stattfinden: Immer dann, wenn zwei der Trainer Zeit haben, denn die Betreuung muss sichergestellt werden. Und wenn es mal keinen oder zu viel Wind gibt, wird das Team in der Seemannschaft unterrichtet. Für die Wettbewerbe muss jeder Handgriff sitzen. Die Offene Hilfe hat vor Kurzem neue Schwimmwesten angeschafft, damit alle Segler abgesichert sind. Als zusätzliche Sicherheitsvorkehrung ist immer ein Rettungsboot im Wasser, wenn die Sportler auf Fahrt gehen.

"Unified Sport" lautet der grundlegende Gedanke des Projekts. Damit ist gemeinsamer Sport von Menschen mit und ohne geistige Behinderung gemeint. Das werde beim ESV voll gelebt, sagt Eichlinger: "Der ESV ist da super offen. Wir haben schon einmal die Rückmeldung des Vereins bekommen: Es sei eine Bereicherung, wenn wir mit ihnen auf dem Gelände sind. Das spürt man; unsere Leute fühlen sich dort wohl. Sie sind willkommen und nicht nur geduldet. "

Nicht jeder Verein wolle Unified Sport anbieten. Prinzipiell wäre es in jeder Sportart möglich - von Fußball bis zu Leichtathletik. Segeln ist da eher ungewöhnlich. "Es gibt aktuell deutschlandweit nur sechs Segelgruppen. Wir stehen mit allen in Kontakt", erzählt Landisch. Als Ehrenamtler ist er für das Projekt sehr wertvoll, weil er viele handwerkliche Aufgaben übernimmt: Vom Putzen der Boote bis zum Schleifen.

Wer das Vorhaben näher kennenlernen möchte, kann dies am 2. Mai auf der Landesgartenschau tun. Dort findet ein Inklusionstag statt. 

Heike Strobl