Wettstetten
Riskantes Radeln

Sturzgefahr auf ungeräumten Radwegen voller Spurrillen oder Ausweichen auf viel befahrene Straßen

12.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:48 Uhr

Viele Radfahrer weichen auf dem Weg von Wettstetten nach Etting auf die Fahrbahn aus, weil der Radweg sowohl bei Eis und Schnee wie auch beim derzeitigen Tauwetter unpassierbar ist. Das ist aber ein gefährliches Unterfangen. - Foto: Gülich

Wettstetten (DK) Im Ingolstädter Stadtgebiet sieht die Lage auf den Fahrradwegen, die nicht zu den Vorrangrouten gehören, derzeit - wie mehrfach berichtet - eisig und verschneit aus. Aber auch auf den Verbindungsstrecken in die umliegenden Landkreise haben Radler große Probleme. Ein Bericht aus Wettstetten.

Jochen Borgmann ist ein begeisterter und geübter Fahrradfahrer, der bei Wind und Wetter von Wettstetten zu Audi zur Arbeit radelt - normalerweise auch bei Schnee. Das ist dieses Jahr allerdings so beschwerlich und gefährlich wie nie zuvor. "Der Zustand des Radwegs von Wettstetten nach Etting ist zum ersten Mal richtig schlecht. In den letzten Jahren war er meistens noch vor der Straße geräumt", so der Maschinenbauingenieur. Bei der Einteilung der Radwege in Vorrangrouten und "übrige Radwege" sei die Verbindung von Wettstetten nach Etting wohl durchs Raster gefallen - und auch der Radweg aus Etting hinaus über den Kraiberg nach Gaimersheim.

Wer von Wettstetten zu Audi oder in die Stadt möchte - die Strecke ist auch im Winter rege frequentiert, steuern doch viele Wettstettener ihre Arbeitsplätze mit dem Rad an -, befindet sich erst am südlichen Ortsausgang von Etting wieder auf einer der Hauptrouten und damit auf einem geräumten Radweg. Die Radler, die über den Kraiberg Richtung Gaimersheim wollen (wo sowohl viele Audi-Büros als auch Zulieferer angesiedelt sind), sehnen die Stadtgrenze herbei - erst wenn sie sich auf Gaimersheimer Grund und Boden befinden, ist der Radweg geräumt.

"Das ist doch nur eine Frage der Zeit, bis da was Schlimmes passiert, das nehmen die Verantwortlichen bei der Stadt wirklich sehr auf die leichte Schulter", so Borgmann. Am Dienstag hat er bei seiner Ankunft am Arbeitsplatz gleich die Stadt Ingolstadt angeschrieben. Die hat ihn auf die Vorrangrouten für den Winterdienst auf Radwegen (wir berichteten) aufmerksam gemacht. Beschwerden und Anregungen würden bei den Kommunalbetrieben gesammelt und gegebenenfalls für den Winterdienst 2017/18 in die Planung mit aufgenommen. Aber diese Vertröstung auf die nächste Saison reicht Borgmann nicht. "Der diesjährige Winter hat ja gerade erst angefangen", stellt er kopfschüttelnd fest.

Wettstettens Bürgermeister Gerd Risch muss Beschwerdesteller, die sich bei ihm melden, an die Stadt Ingolstadt verweisen, da er den Radweg betreffend keinerlei Kompetenzen besitze, wie er sagt. Nachvollziehbar sei das städtische Handeln gerade im Hinblick auf die hohe Frequentierung des Weges für ihn nicht. Die Überlegung, zur Sicherheit der Wettstettener Radler den Bauhof den Weg räumen zu lassen, habe er abgesehen von der Kompetenzproblematik vor allem aus Haftungsgründen verwerfen müssen.

Die Radfahrer, die diese Woche zwischen Etting und Wettstetten unterwegs sind, wählen nun "zwischen Pest und Cholera" (O-Ton eines Radlers): Auf dem ungeräumten Radweg bleiben, mit unregelmäßig festgefrorenem Schnee und Eis? "Zu gefährlich", sagt Lutz Morich, der auch in Wettstetten wohnt und regelmäßig zu Audi radelt. "Da ist alles voller Spurrillen, ich hab mich zweimal fast hingelegt. Ich bin dann auf die Straße ausgewichen." Jochen Borgmann ist auf dem Radweg geblieben ("Lieber mal auf dem Radweg stürzen als vor ein Auto fallen"), hat sein Stadtrad extra gegen ein Mountainbike getauscht und versucht jetzt so, irgendwie zur Arbeit und zurückzukommen.

Auch für die Autofahrer, die auf der Strecke unterwegs sind, ist die Situation nicht einfach. Morichs Frau Regine hat am Mittwochabend ihre Tochter in der Stadt abgeholt und dabei zwischen Etting und Wettstetten drei Radfahrer überholt, die auf der Straße gefahren sind. "Ich kann die Radfahrer supergut verstehen, wo sollen sie hin, wenn der Radweg unpassierbar ist? Aber es ist einfach übelst gefährlich. Die sind trotz ihrer Lampen total schlecht zu sehen", erklärt die Wettstettenerin.

Die augenblickliche Situation mit 150 Kilometer Vorrangrouten und nicht geräumten "Restwegen" ist auch an den Randgebieten der Stadt noch nicht der Weisheit letzter Schluss.