Ingolstadt
"Wenn's brennt, schicken wir uns halt"

Unsernherrner Feuerwehr ärgert sich über die Beschwerde eines Anwohners, den ihr Martinshorn störte

25.09.2019 | Stand 24.04.2023, 9:19 Uhr
Vergangenen Samstag rückte die Freiwillige Feuerwehr Unsernherrn aus, um ein brennendes Auto zu löschen (oben). Dabei riss ihr Martinshorn einen Anwohner aus dem Schlaf, der sich auf Facebook beklagte - und damit bei der Truppe um den Kommandanten Gerhard Sammüller (unten, 5. v. l.) ebenso wie bei anderen Nutzern auf Unverständnis stieß. −Foto: Freiwillige Feuerwehr Unserrherrn/Eberl

Ingolstadt (DK) Es ist eine schöne, ruhige Nacht, das ganze Haus schläft tief und fest, und auf einmal durchdringt ein schriller Sirenenton die Stille - die Freiwillige Feuerwehr ruft zum Einsatz, wenig später heult ihr Martinshorn durch die Straßen.

Die meisten Leute zeigen dafür Verständnis und schlafen weiter. Aber nicht alle: Immer mal wieder beschwert sich jemand über die Störung seiner Nachtruhe. Diesen Fall hatte die Freiwillige Feuerwehr Unsernherrn am vergangenen Wochenende, als sie in der Nacht zum Samstag um halb zwei Uhr morgens zu einem Fahrzeugbrand in die Münchener Straße gerufen wurde und mit Blaulicht und Martinshorn ausrückte. Ein Anwohner war darüber gar nicht begeistert und schrieb auf Facebook: "Einsatz Feuerwehr Unsernherrn! ! ! Kein Schwein auf der Straße, aber Tatütata einschalten! ! ! Danke, dass ich jetzt wach bin! ! ! ! "

Die Truppe reagierte mit einer ausführlichen Antwort, in der sie unter anderem erklärte, dass das Einschalten des Martinshorns auch in der Nacht bei wenig Verkehr rechtlich notwendig sei. Romuald Wenzl, Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr Unsernherrn, bestätigte das im DK-Gespräch: "Es ist gesetzlich vorgeschrieben durch die Paragrafen 35 und 38, dass nur dann Sonder- und Wegerechte in Anspruch genommen werden dürfen, wenn Blaulicht und Martinshorn eingeschaltet sind. " Ein Sonderrecht ist zum Beispiel das Überfahren einer roten Ampel. Die Vorgabe gelte auch in der Nacht, wenn vermeintlich keiner unterwegs sei. "Es geht da um die eigene Sicherheit und um die Sicherheit der anderen, dass die uns rechtzeitig sehen und hören", bekräftigt Wenzl.

Zudem sei zum Zeitpunkt des Ausrückens tatsächlich Verkehr auf der Straße gewesen, erzählt Kommandant Gerhard Sammüller, der bei dem Einsatz dabei war: "Da war jemand unterwegs, und den wollten wir halt warnen. " Dazu habe die Feuerwehr aber nicht die ganze Zeit das Martinshorn angeschaltet gehabt, sondern nur ungefähr 30 Sekunden, meint Sammüller: "Dass wir immer mit dem Martinshorn rumfahren, das machen wir natürlich nicht. Aber in dem Fall mussten wir auf die Münchener Straße auffahren und dabei die Vorfahrt missachten, da ist das auf jeden Fall notwendig! "

Bei dem betroffenen Einsatz sei zudem besondere Eile geboten gewesen, erklärt Wenzl. "Das war ja ein brennendes Auto in der Münchener Straße, das hat ziemlich pressiert, da hätte es auch Folgeschäden geben können, zum Beispiel durch Funkenflug. "

Das brennende Fahrzeug war - wie berichtet - der Chrysler eines 46-Jährigen aus Wien. Der Mann war gegen halb zwei Uhr morgens am vergangenen Samstag auf der Münchner Straße unterwegs, als er Funkenschlag an seinem Auto bemerkte und parkte, beim Aussteigen sah er Flammen aus dem Motorraum schlagen. Der Wagen brannte vollständig aus, der 46-Jährige selbst blieb unverletzt.

Das konnte die Feuerwehr bei der Alarmierung aber laut Wenzl natürlich noch nicht wissen: "Wir bekamen nur den Bescheid Fahrzeugbrand, wir wussten ja auch nicht, ob da noch jemand drin ist. Außerdem, wenn's brennt, schicken wir uns halt! "

Beschwerden wie die auf Facebook am vergangenen Wochenende gibt es laut dem Vorsitzenden nur selten, ungefähr einmal im Jahr: "99 Prozent der Bevölkerung stehen hinter uns, die verstehen, dass wir auch mal in der Nacht ausrücken. " Positive Rückmeldungen seien viel häufiger als Beschwerden, vor allem nach Einsätzen. "Die Leute kommen manchmal sogar persönlich bei uns vorbei, um sich zu bedanken", erzählt Wenzl. Auch in den Facebook-Kommentaren zur Reaktion der Freiwilligen Feuerwehr auf die Beschwerde springen einige Nutzer den Einsatzkräften zur Seite und bedanken sich für deren Engagement.

Kommandant Sammüller betont ebenso: "Normalerweise gibt es überhaupt keine Probleme mit den Anwohnern. " Bei den Einsätzen selbst werden die Feuerwehrler auch kaum gestört oder angegangen - außer bei Eingriffen in den Straßenverkehr. "Manche Autofahrer meinen, die können da trotzdem durchfahren, auch wenn gesperrt ist", erzählt Sammüller kopfschüttelnd. Dabei habe jede Absperrung ihren Zweck: "Erstens löschen wir, und zweitens sichern wir damit ja auch die eigenen Leute! " Zudem bemühten sich die Einsatzkräfte, den Verkehr wirklich nur so lange wie nötig aufzuhalten, so der Kommandant: "Wir wollen ja auch, dass die Straße schnell wieder frei wird. "

Für Beschwerden wie die vom Wochenende bringt Sammüller genauso wenig Verständnis auf. "Wir stehen in unserer Freizeit mitten in der Nacht auf, um jemandem zu helfen", meint er und fügt hinzu: "Der war vielleicht eine halbe Stunde auf, aber wir waren drei Stunden draußen und sind in der Früh um fünf erst heimgekommen! "

Genau das schreiben die Feuerwehrleute auch in ihrer Antwort auf Facebook - mit einer kleinen Spitze gegen den Nörgler: "Wir hoffen, dass Sie in Zukunft auch gut mit dem Gedanken schlafen können, dass auch zu Ihnen und anderen Menschen Hilfe kommt, wenn sie benötigt wird. "

Veronika Königer