Ingolstadt
Herbergssuche 2017

Schwer herzkranke Frau bekommt dank "Familien in Not" endlich eine Erdgeschosswohnung

22.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:02 Uhr
In der biblischen Weihnachtsgeschichte endet die Herbergssuche der heiligen Familie im Stall von Bethlehem (hier in einer Krippendarstellung in der Gerolfinger Pfarrkirche St. Rupert). Ein Beispiel aus der Ingolstädter Gegenwart zeigt, wie dramatisch sich Wohnungssuche auch in unseren Tagen gestalten – und dass geholfen werden kann. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Maria und Josef auf Herbergssuche. Sie mussten sich mit einem Stall zufriedengeben, weil es in Bethlehem für sie keine Bleibe gab. Hätte es damals dort schon einen Verein wie "Familien in Not" gegeben, wäre die Weihnachtsgeschichte vielleicht anders ausgegangen. Eine Herbergssuche 2017.

Normalerweise ist es nicht die vorrangigste Aufgabe des Vereins "Familien in Not", Menschen bei der Suche nach einer Wohnung zu helfen. In erster Linie geht es darum, Familien mit mindestens einem minderjährigen Kind zu unterstützen, wenn sie, etwa nach einem Unfall, einem unerwarteten Todesfall, einer schweren Erkrankung, plötzlicher Arbeitslosigkeit oder durch eine Trennung in eine akute Notlage geraten sind. Dass der Verein jetzt bei einer Herbergssuche tätig wurde, hat etwas mit der schweren Herzerkrankung einer jungen Mutter zu tun, die sich bislang mehr schlecht als recht in den dritten Stock (ohne Aufzug!) ihrer Mietwohnung schleppen muss. Die 28-Jährige, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen und aus Sorge, identifiziert zu werden, auch nicht fotografiert werden möchte, steht auf der Spenderliste für eine Herztransplantation. Die Wartezeit beträgt drei bis vier Jahre, erzählt sie. Bis dahin hält sie eine künstliche Herzpumpe am Leben. Den über ein Kabel mit ihrem Herzen verbundenen Kasten muss sie 24 Stunden am Tag bei sich tragen. Das Gerät, dessen Batterie alle acht Stunden neu aufgeladen werden muss, wiegt mit Tasche drei Kilogramm. Ihre Wohnung zu verlassen, ist für die Ingolstädterin jedes Mal ein Kraftakt. "Ich brauche mindestens 15 Minuten vom Erdgeschoss bis in den dritten Stock", sagt die Frau. Zwei, drei Stufen, dann muss sie stehenbleiben und rasten.

Als sie 2013 in ihre Wohnung zog, stand es gesundheitlich weit weniger schlimm um die Frau als heute. 2015 hat sich ihr Zustand dramatisch verschlechtert. Bald war klar, eine andere Wohnung muss her, eine, die sie ohne Treppensteigen erreicht.

"Wir helfen dann, wenn keine andere Organisation da ist."

Sibylle Hertel, Vorsitzende Verein "Familien in Not"

 

Im Januar bekommt sie nun mithilfe des Vereins "Familien in Not" eine neue Bleibe. Die Ingolstädterin zieht mit ihrem zweijährigen Sohn und der sechsjährigen Tochter nur ein paar Straßen weiter in eine Erdgeschosswohnung mit drei Zimmern und Terrasse. "Wenn ich die Türe aufmache, ist da gleich ein Spielplatz", erzählt sie strahlend mit Blick auf ihren Buben. Im Januar ist der Umzug. "Familien in Not" übernimmt die Kosten für die Kaution und organisiert mithilfe des Kolpingvereins den Umzug. "Ohne ,Familien in Not' hätte ich das nie geschafft", sagt die junge Frau.

Man spürt sofort: Das Schicksal hat es mit der kleinen Familie nicht gut gemeint. Dass die schwer herzkranke Frau nach der Trennung von ihrem Mann auch noch alleinerziehend ist, macht die Situation noch schwieriger. Ohne die Hilfe ihrer Familienangehörigen, die auch mal auf die Kinder aufpassen oder Besorgungen erledigen, und ohne die Unterstützung von "Familien in Not" sähe es düster aus.

Als die Vereinsvorsitzenden Sibylle Hertel und Angelika Stadler zusammen mit der Sozialpädagogin Andrea Thamm von der Koordinationsstelle Frühe Kindheit (KoKi), die sozusagen als Bindeglied zwischen dem Verein und den Antragstellern fungiert, die Ingolstädterin zum Gespräch mit unserer Zeitung in ihrer alten Wohnung besuchen, gibt es Kaffee und Kuchen. ",Familie in Not' ist für mich wie eine Familie", sagt die 28-Jährige. Hier fühle sie sich wertgeschätzt. Da wird eben auch aufgetischt wie bei einem Familientreffen.

Den Verein gibt es in Ingolstadt seit 2009. "Im ersten Jahr haben wir 30 Familien geholfen, heute sind es 130", sagt Hertel. Die Bandbreite ist vielfältig: Manchmal sind es eher kleine Hilfeleistungen, etwa ein Fahrradanhänger, den der Verein einer Mutter mit autistischem Kind finanziert hat. Aber auch die Kosten für eine Abiturabschlussfahrt, die Eigenbeteiligung für eine Mutter-Kind-Kur oder die Kosten für eine neue Waschmaschine wurden von "Familien in Not" bereits übernommen. "Einmal haben wir sogar ein neues Gebiss bezahlt, das eine Frau aufgrund häuslicher Gewalt verloren hat", so Hertel. Die Krankenkasse hatte sich geweigert, die Kosten für das Gebiss noch einmal zu übernehmen.

"Wir helfen dann, wenn keine andere Organisation da ist", erklärt die Vorsitzende. Voraussetzung sei, dass die Menschen, die einen Antrag beim Verein "Familien in Not" gestellt haben, ihre finanziellen Verhältnisse offenlegen. Und entsprechende Vollmachten erteilen, etwa für Gespräche mit Ärzten, Behörden oder Banken. Hertel: "Wir haben ja eine Verpflichtung den Spendern gegenüber, sorgfältig mit den Geldern umzugehen."

Eine Herbergssuche wie bei der schwer kranken Ingolstädterin kommt zwar nicht alle Tage vor, ist aber auch kein Einzelfall. Schon einmal habe man für einen Menschen in Not eine Unterkunft gesucht. Für eine hochschwangere 18-Jährige, die bis dahin in einem Wohnwagen gelebt hatte.

Doch zurück zu der herzkranken Ingolstädterin. Weihnachten verbringt ihre kleine Familie noch mit einem kleinen Christbaum in der alten Wohnung. Ein großer Wunsch hat sich dank "Familien in Not" erfüllt. Nach dem Umzug Mitte Januar gehört das für die 28-Jährige so beschwerliche Treppensteigen endlich der Vergangenheit an. "Ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich bin", sagt die Ingolstädterin. "Ich bete für Leute, die helfen." Und das nicht nur an Weihnachten.

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