Hepberg
"Verkehr wie am Mittleren Ring"

Wegen der Baustellen an der Weberkreuzung und auf der A9 geht oft nichts mehr durch Hepberg

28.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:30 Uhr
  −Foto: Heimisch (3), Schalles

Hepberg (DK) Viele Hepberger haben die Nase voll: Seit die Weberkreuzung umgebaut wird und gleichzeitig nur ein paar Kilometer entfernt eine Baustelle auf der Autobahn für Verkehrsbehinderungen und damit verbunden starken Ausweichverkehr durch Hepberg sorgt, kommen die Bürger kaum mehr über die am stärksten belastete Hauptstraße. Immer wieder bilden sich Staus auf der Nord-Süd-Achse in Richtung Lenting.

Bettina Sterler sitzt an diesem sonnigen Freitag mit ihrem Mann Christian Semmler im großen Garten ihres Anwesens an der Hauptstraße (Staatsstraße 2229) in Hepberg, während sich hinter der hohen Gartenmauer die Blechlawine in Richtung Süden wälzt. "Ich komme mir bei dem ganzen Verkehr vor, als ob ich am Mittleren Ring in München wohnen würde und nicht am Land", betont die 47-Jährige. Mehrmals täglich - vor allem zu den Stoßzeiten am Morgen und am Nachmittag - staue sich der Verkehr von der Weberkreuzung zwischen Hepberg und Lenting durch den ganzen Ort bis teilweise zum Ortsausgang in Richtung Stammham zurück. Sterler: "Das ist der Wahnsinn. Meine Mutter muss mindestens eine Minute in der Früh am Straßenrand warten, um auf die andere Seite zu kommen." Christian Semmler stellt täglich fest, dass der Verkehr durch Hepberg vor allem seit der Baustelle auf der A9 "stark zugenommen hat".

Seit Mitte August lässt die Autobahndirektion Nordbayern zwischen Denkendorf und Lenting den Fahrbahnbelag erneuern. Bis voraussichtlich Mitte Oktober stehen laut Edith Kolarik von der Autobahndirektion nur zwei Behelfsspuren in Richtung München zur Verfügung. Die Folge: Vor der Engstelle kommt es immer wieder zu Verkehrsbehinderungen und Staus. Deshalb fahren viele Autofahrer und Lkw-Lenker bei der Ausfahrt Denkendorf von der A9. Das hat unter anderem Hepbergs zweiter Bürgermeister Peter Hirsch festgestellt. "Viele Reisende benutzen die Staatsstraße 2229 von Denkendorf über Stammham nach Hepberg als Ausweichstrecke, weil das der kürzeste Weg ist", sagt er auf DK-Anfrage.

Die Fahrzeuge quälen sich dann immer wieder Stoßstange an Stoßstange über den Haslberg in Hepberg hinunter zur Weberkreuzung. Hierbei müssen sich die Verkehrsteilnehmer durch den halbfertigen Kreisel auf Höhe der Tankstelle Weber schlängeln. Um wieder auf die A9 zu gelangen, fahren sie nach dem fünfarmigen Kreisverkehr und nach der Ampel links auf die Staatsstraße 2335, die in Ost-West-Richtung verläuft. Seit Mitte Juni laufen am Knotenpunkt der beiden Staatsstraßen die Arbeiten zur "Höhenfreimachung" der viel befahrenen Kreuzung. Tankstellenbesitzer Albert Weber sagt dazu: "Bei uns gibt es fast jeden Tag ein Verkehrschaos."

Dabei müssten die Wagenlenker bei Staus auf der Autobahn gar nicht den Weg über Hepberg nehmen: "Seit mehreren Wochen gibt es eine offizielle Umleitungsstrecke", betont Elena Merk vom Staatlichen Bauamt Ingolstadt . Die (ausgeschilderte) weiträumige Umfahrung führt über Dörndorf, Pondorf, Schamhaupten und Oberdolling zum Interpark und von dort zur Autobahnanschlusstelle Lenting. Das Problem dabei laut Merk: "Die meisten Autofahrer nehmen bei Staus die Ausweichstrecke, die ihnen das Navi vorgibt." Und das sei eben die deutlich kürzere Route über Hepberg.

Dass sich besonders Ortsunkundige aufs Navigationssystem oder auf Radiodurchsagen verlassen, wird bei einer Umfrage des DK an der Weberkreuzung deutlich. "Das Navi hat mich hierher gelotst", sagen unisono ein Würzburger, ein Münchner und ein niederländischer Autofahrer. Ein Mann aus Augsburg hat die Route über Hepberg genommen, weil "ich mich hier auskenne".

Und es gibt seit Mitte August noch eine Möglichkeit, auf dem Weg zur Autobahn oder nach Lenting den Hepberger Ortskern zu umkurven und damit die Nerven von Anwohnern und Autofahrern zu schonen: die provisorische Ortsumfahrung (Panzerstraße und Römerstraße) westlich von Hepberg, die zur Staatsstraße 2335 und dann zur Weberkreuzung führt. Seit Kurzem weist ein vom Staatlichen Bauamt aufgestelltes Schild am Haslberg auf die Umleitung in Richtung Wettstetten und Audi-Werk hin. Doch auch diese Behelfsumfahrung bringt offensichtlich nicht die gewünschte Entlastung: "Die meisten Ortsunkundigen, die zur A9 wollen, fahren am Haslberg nicht nach rechts weg zur neuen Straße, sondern einfach geradeaus weiter", führt Peter Hirsch aus. Und es gibt noch ein großes Problem, auf das der Hepberger Michael Drätzl bereits vor Wochen aufmerksam gemacht hat: Die von der Umfahrung kommenden Autofahrer können an der Staatsstraße 2335 "kaum nach links Richtung A9 abbiegen, weil der Verkehr vom Audi-Werk immer Vorfahrt hat und die Staatsstraße chronisch überlastet ist".

Einer, der fast täglich die vorübergehende Umleitung nutzt, ist der Audi-Ingenieur Ansgar Nacke: "Hier komme ich deutlich schneller zu meiner Arbeitsstelle als über die Hauptstraße, obwohl ich einen weiteren Weg habe." Deshalb fordern der 37-Jährige, der an der Hauptstraße wohnt, und viele andere Hepberger, das Provisorium auch nach dem Ende der Arbeiten zur Höhenfreimachung (voraussichtlich Sommer 2020) als Straße zu belassen. Doch Baurätin Elena Merk winkt ab: "Zum Schutz eines Bodendenkmals wird die Umfahrung komplett zurückgebaut." Nacke kann da nur den Kopf schütteln. "Das ist reine Steuerverschwendung!"

Das Bauamt und die Autobahndirektion Nordbayern sehen sich mit einem weiteren Vorwurf aus der Bürgerschaft konfrontiert - und zwar den, dass derzeit zwei Großbaustellen, die nicht weit voneinander entfernt liegen, abgewickelt werden. So meint etwa Michael Drätzl sarkastisch: "Baustelle auf der A9 und Umbau der Weberkreuzung, die zeitgleich begonnen haben - das ist eine wahre Meisterleistung in Sachen Verkehrs- und Baustellenplanung."

Die Verantwortlichen halten dagegen. So betont Elena Merk: "Das Staatliche Bauamt und die Autobahndirektion treffen sich jedes Jahr, um alle Baustellen miteinander zu koordinieren." Und auch Pressesprecherin Edith Kolarik von der Autobahndirektion Nordbayern versichert auf DK-Anfrage, dass die Ingolstädter Behörde Ende 2017 "von uns in den Abstimmungsprozess eingebunden wurde". Abteilungsleiterin Merk verweist darauf, dass die Arbeiten in Hepberg schon lange geplant gewesen seien - aber auch die Fahrbahnerneuerung auf der A9 zwischen Denkendorf und Lenting sei dringend nötig gewesen. "Damit wird die Verkehrssicherheit auf einer der unfallträchtigsten Autobahnabschnitte in Deutschland erhöht", argumentiert sie.

Merk zeigt zwar Verständnis für den Unmut der Hepberger, wenn mal wieder die ganze Hauptstraße verstopft sei - "aber eine Überlastung der Hauptstraße hatten wir auch schon vor dem Kreuzungsumbau". Und überhaupt "hat das Bauamt nur wenig Einfluss darauf, welche Ausweichroute die Fahrer nehmen".

Eine schon länger von der Gemeinde Hepberg und von Bürgern ins Auge gefasste Alternative, die Blechlawine durch den Ort zu stoppen, hat erst diese Woche CSU-Ortsvorsitzende Maria Weber beim Besuch von Staatsministerin Ilse Aigner in Appertshofen erneut ins Gespräch gebracht. Der Vorschlag lautet: Die Wagen, die auf der Landstraße von Denkendorf kommen, sollen die Zufahrt zur Autobahnraststätte Köschinger Forst nutzen dürfen, um auf die A9 zu gelangen.

Diesem Ansinnen schiebt die für den Autobahnabschnitt ab der Rastanlage zuständige Autobahndirektion Südbayern einen Riegel vor. "Eine Öffnung der Zufahrt für den allgemeinen Verkehr kann aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht zugelassen werden, weil die Anlage Köschinger Forst wie alle Raststätten in Deutschland keine Anschlussstellen sind", betonte Baudirektor Rüdiger Hanke am Donnerstag auf DK-Anfrage. Nur die Feuerwehr oder der Anlieferverkehr für die Raststätte dürften die mit einer Schranke versehene Straße benutzen.

Momentan gilt also für die verkehrsgeplagten Anlieger der Hauptstraße in Hepberg nur das Prinzip Hoffnung. Hoffen, dass zumindest die Baustelle auf der A9 bald verschwunden ist. "Seit August ist es ganz schlimm mit dem Verkehr", klagt beispielsweise Brunhilde Liepold. Die 78-Jährige braucht oft lange, um auf dem Weg zum Friedhof über die Straße zu kommen. Sie und Ansgar Nacke machen darauf aufmerksam, dass es gerade für Kinder und ältere Menschen gefährlich sei, die Straße zu überqueren.

Ein großes Problem für die Anwohner ist auch der Lärm. "Den hören wir den ganzen Tag. Da können wir bei schönem Wetter oft nicht im Gasten sitzen", schimpfen Bettina Sterler und ihr Mann Christian Semmler.

Karlheinz Heimisch