Ingolstadt
Ende des Schleichwegs

In der Langgasse in Haunwöhr gilt inzwischen Tempo 30 und rechts vor links - das ist gewöhnungsbedürftig

29.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:21 Uhr
Eigentlich gilt in der Langgasse Tempo 30. Doch wenn um die Mittagszeit Mütter ihre Kinder aus der Kita Südwind holen - so wie auf dem Bild - ist dabei mitunter besondere Aufmerksamkeit gefordert. Nicht jeder Autofahrer halte sich immer an die vorgeschriebene Geschwindigkeit, heißt es dort. −Foto: Brandl

Ingolstadt (mbl) Die Langgasse im Stadtteil Haunwöhr ist keine Vorfahrtstraße mehr. An allen Einmündungen in die Verbindungsstraße zwischen den Straßen Am Pulverl und der Schrobenhausener Straße gilt inzwischen durchgehend Tempo 30 und damit die Vorfahrtsregel rechts vor links.

Autofahrer in der Langgasse mussten und müssen sich also umgewöhnen. Und das aus gutem Grund, findet Raimund Reibenspieß, der stellvertretende Vorsitzende des zuständigen Bezirksausschusses (BZA) im Südwesten der Stadt. Das Bürgergremium habe sich jahrelang für die Änderung eingesetzt, bis die Stadt schließlich zustimmte, erinnert er sich. "Jetzt fließt wesentlich weniger Verkehr durch die Langgasse als zuvor", stellt er beim Ortstermin mit dem DK fest. Demnach sollen vor allem auch Pendler aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen die Strecke als Schleichweg benutzt haben, um abseits der Hauptverkehrsstraßen ins Ingolstädter Zentrum zu gelangen.

Für Reibenspieß und seine Kollegen vom BZA war die Langgasse bis dahin so etwas wie der weiße Fleck unter den Straßen im Quartier. Denn zwischen der Fauststraße im Süden und der Maximilianstraße im Norden gelte auf allen Straßen einheitlich eine Geschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde, so der pensionierte Lehrer. In der Langgasse hingegen wechselte bis zur Umstellung die Tempovorschrift zwischen 50 und 30 Kilometern pro Stunde.

Bis vor Kurzem waren an den Einmündungen zur Langgasse entsprechende Hinweis- und Verkehrsschilder angebracht, die auf die geänderte Vorfahrt hinwiesen, mittlerweile aber wieder abmontiert worden sind. Schließlich gelte in einer Tempo-30-Zone ohnehin stets rechts vor links. Das sagt Johannes Wegmann, Leiter des Amts für Verkehrsmanagement und Geoinformation bei der Stadt. Im Zuge der Umstellung wurden an den Straßenübergängen außerdem die roten Markierungen für Fahrradfahrer vom Straßenbelag entfernt. Denn in einer Tempo-30-Zone müssten die Radfahrer auf der Fahrbahn fahren, so Wegmann. Bis dahin durften sie den gemeinsamen Fuß- und Radweg benutzen.

In der Kita Südwind an der Langgasse sorgt die neue Situation noch für gemischte Gefühle. Vor der Einrichtung, die rund 80 Kinder zwischen drei und sechs Jahren betreut, gilt zwar schon seit vielen Jahren Tempo 30, manche Verkehrsteilnehmer nehmen davon offenbar aber wenig Notiz, wie es heißt. Das durchgehende Tempolimit habe demnach nicht wirklich viel gebracht. "Die Autos fahren immer noch mit Karacho vorbei, und manchmal sind auch die Busse nicht gerade langsam", sagt Leiterin Sabine Werth.

Sie beobachte auch immer wieder, dass Fahrradfahrer nach wie vor den Gehweg benutzen. "Und das "mit ordentlich Schwung", so die Erzieherin. Ihr Eindruck sei zudem, dass der Durchgangsverkehr zwischen 7 und 7.45 Uhr kaum nachgelassen habe. "Daran hat aber auch die Buslinie ihren Anteil", so Werth. Ihr Appell: "Ich würde mir wünschen, dass Autofahrer und Radler mehr Rücksicht nehmen. Hier sind Kleinkinder unterwegs, die unbedarft auf die Straße laufen können." Werth fände es zudem sinnvoll, wenn eine Tempomessung installiert würde, die Autofahrer mit einem Smiley auf die Geschwindigkeit hinweist. Die sei schon länger nicht mehr durchgeführt worden, sagt sie. "Gott sei Dank ist noch nichts Größeres passiert. Ansonsten können wir an der Situation leider nichts ändern."

Ein Anwohner, den unsere Zeitung nach der Situation befragt, äußert sich ähnlich. Gefühlt Tempo 60 hätten manche Autofahrer drauf, wenn sie an seinem Haus vorbeifahren, sagt er.

Beim SV Haunwöhr, der zu den Anliegern gehört, ist man der Meinung, die Verkehrssituation habe sich zumindest tagsüber entspannt. Das sagen der Vorsitzende Waldemar Ott und Wilfried Krupp vom Verein. "Am Anfang wurden zwar Stimmen laut, dass es nun wegen der geänderten Vorfahrt gefährlicher sei, weil sich alle erst einmal umgewöhnen mussten. Da hätte man mehr Öffentlichkeitsarbeit betreiben können, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen", sagt Ott, der die Strecke selbst oft fährt. Dass viele Pendler unterwegs seien, könne er allerdings nicht bestätigen. "Wir haben über die Änderung in den sozialen Medien informiert, damit mehr Leute es erfahren", ergänzt Krupp. Der Lernprozess läuft also noch.