Ingolstadt
Mehr Fluss bis zum Fluss

Verkehrsversuch mit Ampelschaltung soll den Stau auf der Westlichen Ringstraße verringern

20.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:59 Uhr
  −Foto: Fotos: Hauser

Ingolstadt (DK) Auch wenn es durch die Baustellen auf der Manchinger Straße und der Haunwöhrer Straße in den vergangenen Tagen dort zu großem Stau kam, so ist natürlich die Westliche Ringstraße traditionell das größte Nadelöhr des Ingolstädter Straßennetzes . Die Stadtverwaltung will dort mehr Fluss reinbringen, indem Autofahrer an den Zufahrten durch die Ampelschaltung ausgebremst werden.

Auf der Westlichen Ringstraße soll es verkehrsmäßig vorangehen. Wortwörtlich. Die Stadtverwaltung nimmt dabei in den kommenden Monaten zunächst die Einmündung des Probierlwegs ins Visier, an dem die Ampeln umgestellt werden sollen. Der Knotenpunkt mitten in der Lärmschutzmauer, an der entlang es Richtung Süden bekanntlich nur einspurig geht, bremst den ohnehin zähfließenden Verkehr weiter aus. Ein Versuch soll das möglichst nachhaltig ändern: Wer aus dem Probierlweg oder aus der Anliegerstraße direkt hinter der Gabionenwand auf die Ringstraße ausfahren beziehungsweise von der Ringstraße dorthin abbiegen will, der muss sich bald auf gewollt lange Wartenzeiten einstellen. Denn für ihn wird die Ampel lange Rot zeigen. Sehr lange. Wohl bis zu drei Minuten. Außerdem kommen danach nur zwei bis drei Autos durch die Grünphase. So sehen es die Pläne des Amtes für Verkehrsmanagement vor.

Mit weniger Unterbrechungen aus den Nebenstrecken soll in der Hauptrichtung die Kapazität der Ringstraße steigen. Und alle Nutzer des Probierlwegs werden es sich womöglich zweimal überlegen, ob sie diese Straße weiterhin als Schleichweg aus dem Westen nutzen. Wobei, wie Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle im DK-Gespräch auch als Botschaft an die (verkehrsgeplagten) Anwohner betont, der absolute Fokus auf der Ringstraße liegt und nicht darauf, den Schleichverkehr durch das Viertel aufzulösen oder einzudämmen. Das sei vielleicht ein Nebeneffekt, aber nicht das Hauptziel.

Knapp 1900 Autos täglich (in beiden Richtungen zusammen) wurden bei der jüngsten Verkehrszählung im Januar auf dem Probierlweg dokumentiert. An den Anliegerstraßen hinter der Lärmschutzwand waren es 190 beziehungsweise 110 Fahrzeuge am Tag, die an der Einmündung unterwegs waren. Auch die Ampeln für die hinter der Steinmauer ausfahrenden Anwohner werden noch einmal länger Rot zeigen. Wie lange es genau bis Grün dauert, soll jeweils eine digitale Anzeige in einem Countdown verraten. Zudem will die Verwaltung für den Lerneffekt deutlich sichtbare Schilder mit dem Hinweis auf die "sehr lange Wartezeit" an den Ampeln anbringen.

Über den Versuch mit der Ampelschaltung wird der Stadtentwicklungsausschuss des Stadtrates am kommenden Dienstag (14 Uhr im Neuen Rathaus) abstimmen. Er wird von der Verwaltung auch gleich noch eine zweite Variante für die Einmündung vorgelegt bekommen, wonach der Probierlweg dann provisorisch zur Sackgasse umgebaut wird und aus Westen kommend vor der Lärmschutzwand endet. Radler können bis zur Anliegerstraße an der Lärmschutzwand durch, Autos nicht. Das soll als Alternative sofort anschließend zum Ampeltestlauf umgesetzt werden, falls dieser Versuch in der Laufzeit keine Verbesserung für den Verkehrsfluss bringt.

Ab etwa Juli soll die verzögerte Ampelschaltung wirksam werden und dann mindestens ein halbes Jahr erprobt und mit Verkehrszählungen statistisch untermauert werden. "Das muss man sich mal länger anschauen", sagt Preßlein-Lehle. "Wir werden das auch nicht nach einer Woche abbrechen, falls gleich Beschwerden kommen." Das müsse sich "alles einspielen". Heißt: Der Lerneffekt bei den Abbiegern müsse einsetzen. Vorsorglich bittet die Stadtbaurätin schon um Geduld.

Sie sagt es nicht, man kann es aber auch so ergänzen: Einzelne müssen zum Vorteil vieler zurückstecken. Aber auch nur zeitweise, da das längere Rot nicht den ganzen Tag geschaltet bleiben soll, sondern "flexibel zu den Spitzenzeiten", sagt Johannes Wegmann, der Leiter des Amtes für Verkehrsmanagement. Eben in der Stoßzeit unter der Woche in der Früh für zwei bis drei Stunden und dann am Nachmittag vielleicht etwas länger. Die minutengenauen Schaltzeiten werde man immer wieder den laufend eingehenden Erfahrungen anpassen, sagt Wegmann.

Die Verwaltung hofft auf die Unterstützung und das Verständnis der Leute im Westviertel. Sie könnte mit einer breiten Mehrheit rechnen, denn die Ampelregelung ist Ausfluss der Diskussion in einer Anliegerversammlung im vergangenen November. Dort waren die Beamten aus dem Rathaus mit der Idee der vollständigen Sackgasse angetreten, was einerseits zur Freude viele Anwohner den Schleichverkehr komplett unterbinden würde, andererseits aber zum absehbaren Ärger ebenso vieler Menschen die Ausfahrt aus dem eigenen Viertel erheblich erschwert. Nach der Versammlung seien immer wieder Anrufe von Anwohnern mit Einwänden und Anmerkungen gekommen, berichtet Preßlein-Lehle. Dabei fiel in einem Satz auch die Idee, mit dem "unbequemen Signalprogramm" - etwas vereinfacht formuliert - die Ausfahrt "zeitweise quasi zu sperren".

Nachdem das von der Stadt wie üblich beauftragte Verkehrsbüro Gevas alles durchgerechnet hat, wird nun die politische Umsetzung in Angriff genommen. "Das ist aber keine Lösung, um die Verkehrsprobleme für immer in den Griff zu bekommen", schickt Preßlein-Lehle zu dem Verkehrsversuch voraus. Es sei aber eine Möglichkeit, die Situation vielleicht spürbar zu verbessern "bis die anderen Maßnahmen erfolgen", so die Stadtbaurätin.

Zum Beispiel läuft eine Machbarkeitsstudie, wie die Kreuzung Südliche Ringstraße/Münchener Straße untertunnelt werden könnte. Und fern am Horizont gibt es auch die Überlegung, die Westliche Ringstraße zu verbreitern. Aber bis dahin vergehen noch viele Rotphasen.

Christian Rehberger