Ingolstadt
Und jetzt zur Aktienperformance

Wie überzeugt man Börsenexperten von einem Investment? Wirtschaftsstudenten liefern sich Wettbewerb

11.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:22 Uhr
Er empfiehlt Aktien der Schaeffler AG- trotz des Risikos E-Mobilität: Dennis Slima (r.) bei der Stock Pitch Competition in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der KU Eichstätt-Ingolstadt. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Schaeffler?

Völlig unterbewertet! 6,75 Euro pro Aktie - das sei "ein sehr niedriger Preis". 10 Euro in einem Jahr sollten das Kursziel sein. Eine recht ordentliche Anlage also, sofern sich die Aktien des Schaeffler-Konzerns, Auto- und Maschinenbauzulieferer mit Sitz in Herzogenaurach, tatsächlich so entwickeln, wie es der junge Mann prognostiziert. Dennis Slama, Student der Betriebswirtschaftslehre, steht in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Eichstätt-Ingolstadt (WFI), interessiertes Publikum vor sich und seitenweise auf eine Leinwand projizierte Grafiken hinter sich.

Zahlen, Zahlen, Zahlen. Dazu key facts, wie die Schlüsseldaten zur Bewertung eines Unternehmens im Wirtschaftsdeutschen heißen; die braucht Slama, denn er muss Fachleute davon überzeugen, in Schaeffler zu investieren. Er nimmt an der Stock Pitch Competition teil, die der studentischen Börsenverein Finance Network Ingolstadt (FNI) der WFI veranstaltet. Dabei treten Teams mit Anlagevorschlägen gegeneinander an. Stock ist englisch für Aktie, to pitch bedeutet so viel wie aufschlagen. Eine Competition ist ein Wettbewerb. Wer in einer limitierten Zeit vor der Jury am besten ein Investment bewirbt, kann hier bis zu 1000 Euro gewinnen. Die Schaeffler AG: Lohnt sich auf jeden Fall, sagt Slama und referiert die key facts herunter: Noch in Familienbesitz, 90000 Mitarbeiter an 81 Standorten, Marktkapitalisierung: ca. 5 Milliarden Euro, Umsatzentwicklung weitgehend konstant, "nur die Aktienperformance schaut nicht ganz so gut aus"; diese nur bedingt marketingtaugliche Information spart der Kandidat nicht aus - doch die Aktionäre bräuchten sich nicht zu sorgen, weil in der Automobilbranche wegen der Elektromobilität, eine "deutliche Wachstumsdynamik zu erwarten ist", zumal in China, "wo die Schaeffler AG sehr aktiv ist". Sieht also gut aus.

Doch die Jury ist nicht leicht zu begeistern, die Börsenexperten fragen kritisch nach, orgeln mit Fachbegriffen, die nur Börsianer, Banker und BWL-ler verstehen; als Fernsehformat wäre eine Stock Pitch Competition ungeeignet, aber hier in der WFI sind lauter Kenner versammelt.

Das Preisgericht bilden Carolin Dilger (PwC), Roman Grodon und Thomas König (beide von Orca Capital); Albert Mayer (Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte); Martin Englmeier (selbstständig) und Prof. Thomas Mählmann (Lehrstuhl Finanzierung und Banken). "Ist der Einstiegszeitpunkt wirklich günstig? ", will ein Juror wissen. Es sei ja bekannt, dass es 2018 nicht wirklich gut für Schaeffler lief. Ist die E-Mobilität nicht ein sehr schwieriges Terrain für einen klassischen Autozulieferer? Man denke an die riesigen Aufwendungen, die nötig sind, um Anschluss ans Zeitalter der E-Mobilität zu bekommen. "Wir haben jeden Tag Diskussionen über die CO2-Ziele, siehe VW! " Berge deshalb der Umstieg auf E-Mobilität nicht hohe Risiken?

Dennis Slama sieht diese Unwägbarkeiten. "Wenn die Elektrobranche zu schnell wächst, kommen Schaeffler und andere Zulieferer nicht mehr hinterher", antwortet er. Es handle sich um Risiken, "die die ganze Branche haben wird". Aber der Student bleibt dabei: Alle Kennzahlen seien "so gut wie in den letzten Jahren nicht mehr". Deshalb sein Rat: kaufen!

Die Stock-Pitch-Kandidaten Egon Hiemer und Domenic Kaut von der WFI legen Aktionären den niederländischen Finanzdienstleister INGGroup ans Herz: Starke Strategie! Tolle Kostenkontrolle. Sorgt für Ergebnisse! Große Kundentreue. Nur eine App für alle Dienste.

So viel zum boomenden Teil. Es gehört allerdings auch zu einer Stock Pitch Competition, so genannte short-Investments zu offerieren. Hier setzt der Anleger auf sinkende Kurse. Er folgt der Strategie, in einem fallenden Markt Geld zu verdienen. Hiemer und Kaut haben für ihren short pitch das altehrwürdige amerikanische Einzelhandelsunternehmen Dillard's ausgespäht. Gegründet 1938, 292 Kaufhäuser, 39000 Mitarbeiter. Ein trauriger Fall. "Dillard's differenziert sich kaum von den Mitbewerbern", sagen die Studenten. "Die Kennzahlen gehen zurück, alles zeigt abwärts, die Prognose ist schlecht. " Warenhäuser, resümieren die jungen Männer, "haben einfach keine Zukunft". Und deshalb: Einsteigen! Dillard's Niedergang könnte sich lohnen.

Am Ende wird das WFI-Team Zweiter. Schaeffler-Fan Slama erreicht Platz drei. Es siegt Alexander Hirsch von der Universität Augsburg.
 

Christian Silvester