Ingolstadt
Treffpunkt zum Beten und Essen

In der Ayasofya-Moschee werden während des Ramadan täglich bis zu 400 Menschen kostenlos verköstigt

22.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:18 Uhr
Schlange stehen: Essensausgabe im Keller der Moschee nach Sonnenuntergang. −Foto: Fotos: Hammer

Ingolstadt (DK) Noch bis Mitte Juni dauert der Fastenmonat Ramadan, den die Moslems begehen. In der Ayasofya-Moschee an der Schillerstraße kommen in dieser Zeit Hunderte von ihnen zusammen, um gemeinsam zu beten und schließlich nach Sonnenuntergang, wenn es ihnen wieder erlaubt ist, zu essen.

"Wir sind so froh, dass wir hier gemeinsam beten können", freut sich Safi Mustafa Khan aus Afghanistan. Er ist in der Flüchtlingsunterkunft an der Marie-Curie-Straße untergebracht und will während des Ramadan jeden Abend hierher kommen. Es sei "ganz normal", hier Freunde zu treffen, nicht nur aus der Unterkunft, sondern auch von woanders her.

Dass es diese Möglichkeit gibt, dafür sorgt die Ingolstädter Gruppe der Islamischen Gemeinde Milli Görüs (IGMG). Der Verein mit Hauptsitz in Köln, laut dem Ingolstädter Vorstandsvorsitzenden Ibrahim Celik eine der größten islamischen Gemeinschaften in Deutschland, hat kurzerhand den Jugendtreff im Keller der Moschee zu einem Speisesaal umfunktioniert und gibt dort während des Fastenmonats kostenlos Essen an Moslems aus. Darüber hinaus dürfen aber auch Menschen mit einem anderen Glauben kommen, sie erhalten aber natürlich das Essen ebenfalls erst nach Sonnenuntergang, der zurzeit gegen 21 Uhr ist.

An diesem Abend beten gut 100 Männer in der Moschee, während Frauen und Kinder ein Stockwerk darüber zusammenkommen. Auch Khan und sein Landsmann Oryakhil Safiullah sowie zahlreiche weitere Afghanen haben sich in der Moschee eingefunden. Safiullah ist seit neun Monaten hier und hat gleich zu Beginn des Ramadan festgestellt: "Es gibt in der Flüchtlingsunterkunft keinen vergleichbaren Platz, um zu Allah zu beten, wie diesen hier." Und Khan ergänzt, es sei schon etwas sehr Gutes und Spezielles, in dieser Moschee gemeinsam beten zu können.

Hat er Hunger, jetzt kurz vor dem "Iftar", dem "Fastenaufmachen" oder "-öffnen", wie Vorstandsmitglied Abdurrahman Bekar es formuliert und dabei den Begriff "Fastenbrechen" vermeidet. "Natürlich", meint Khan. Nach rund 18 Stunden ohne Essens- und Flüssigkeitsaufnahme sei dies ja nicht ungewöhnlich. Jetzt, zum Gebet, wenn das Essen wieder erlaubt ist, werden deshalb als erstes Datteln herumgereicht in der Moschee, sie sollen schon mal den gröbsten Hunger stillen und stehen auf Khans Liste auch ganz oben. Sie seien gut für die Gesundheit, steckten voller Energie und würden nicht dick machen. Gleich danach kommen für ihn in der Bedeutung Wasser und Salz.

Im Keller der Moschee geht es aber bei Weitem nicht so karg zu. Auf dem viergeteilten Teller gibt es eine Art Hühnersuppe, ein Nudelgericht, Reis und auch Hackfleisch. Neben Wasser wird zudem Tee gereicht. Freiwillige stellen sich als Köche, für die Essensausgabe und auch für das Aufräumen zur Verfügung, wie Celik und Bekar sagen.

Seit 1988 nutzt die IGMG das Gebäude an der Schillerstraße, seit sieben oder acht Jahren gibt es ihnen zufolge im Ramadan kostenloses Essen. Seitdem sei es ein Treffpunkt "für jeden", wie Bekar betont, und da werde schon mal für bis zu 400 Leute gekocht. Und auch wenn die meisten davon Moslems seien, stehe das Haus allen offen.

Die Moslems aus der Flüchtlingsunterkunft schlagen damit zwei Fliegen mit einer Klappe. Nicht nur, dass sie einen Platz zum gemeinsamen Beten haben. Sie bekommen auch, anders als in der Unterkunft, wo es meist schon gegen 18 Uhr Essen gibt und sie darauf verzichten müssen, rechtzeitig nach Sonnenuntergang ihre Mahlzeiten.

Ermöglicht wird dies durch Spenden von IGMG-Vereinsmitgliedern. Daran mangelt es laut Bekar nicht. Aber allmählich stößt der Verein bei der Ramadan-Verköstigung an seine räumlichen Grenzen. Denn die soziale Tat spricht sich zunehmend herum. Und da Bekar bisher auch keine Beschwerden über die Qualität des Essens zu Ohren gekommen sind, wird die Zahl der Verköstigten auch nicht kleiner. Lediglich deren Herkunftsländer ändern sich. "Waren am Anfang noch etwa die Hälfte Türken, sind es jetzt wohl nur noch 10 bis 20 Prozent", so Bekar. Und auch die Verteilung der übrigen Nationalitäten ändere sich. Derzeit kämen beispielsweise recht viele Afghanen.

Aber egal, wie viele und woher die Menschen zum Beten und zum "Iftar" kommen. Eines ist für Celik und Bekar klar: "Wir werden nicht sagen, jetzt ist Schluss."

Norbert Schmidl