Ingolstadt
Tote 80-Jährige im Keller: Tatverdächtiger festgenommen

27-Jähriger aus dem Kreis Eichstätt soll Ingolstädterin brutal erschlagen haben

17.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:30 Uhr
In diesem Haunwöhrer Anwesen starb die 80-jährige Ingolstädterin einen gewaltsamen Tod. Der volle Briefkasten weist auf eine Tage zurückliegende Tat hin. −Foto: Richter

Keine 48 Stunden nach dem Auffinden einer gewaltsam ums Leben gekommenen Frau aus Ingolstadt hat die Kriminalpolizei jetzt einen Tatverdächtigen festgenommen. Ermittler machten am Freitag gegen 19 Uhr einen 27 Jahre alten Mann aus dem Kreis Eichstätt dingfest, wie am Sonntag bekannt wurde.

Der Beschuldigte schweigt zu den Vorwürfen und sitzt inzwischen bis auf weiteres in Untersuchungshaft. Der Festgenommene sei „kein Unerfahrener im Umgang mit der Polizei“, hieß es. Dem Vernehmen nach soll es bereits Verfahren wegen Eigentumsdelikten, Körperverletzung und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz gegen ihn gegeben haben.

Wie die Polizei auf seine Spur gekommen ist, will sie vorerst nicht verraten. Möglicherweise gab es eine Funkzellenauswertung im Umfeld des Tatorts in einer kleinen Wohnstraße im Ingolstädter Stadtteil Haunwöhr oder er hat Fingerabdrücke und DNA-Spuren hinterlassen, die mit der Datenbank abgeglichen wurden. Über eine Täter-Opfer-Beziehung im Vorfeld des Tötungsdelikts sei bisher nichts bekannt. Der 27-Jährige soll der 80-jährigen mit brutaler Gewalt mit einem Gegenstand solange gegen Oberkörper und Hals geschlagen haben, bis sie starb. 

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80-Jährige lag tot in ihrem Keller (mit Video) 

Jede noch so kleine Spur zählt

Polizei und Staatsanwaltschaft wollten gestern aus „ermittlungstaktischen Gründen“ keine Details mitteilen, auch nicht zum Motiv.  Die Umstände legen jedoch nahe, dass juristisch gesehen nicht „nur“ Totschlag, sondern eventuell sogar ein heimtückischer Mord vorliegt. Wollte der Beschuldigte an Geld kommen, war es also ein Fall von Beschaffungskriminalität, etwa um damit Drogen zu kaufen Oder steckt etwas anderes dahinter?  Der Beschuldigte mache auf Anraten seines Verteidiger von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, was die Sache nicht erleichtere, war gestern zu erfahren.

Der gelernte Maurer hatte zuletzt nicht mehr regelmäßig in seinem Beruf gearbeitet, er soll gelegentlich  über eine Zeitarbeitsfirma Anstellungen als Fahrer bekommen haben. Er wohnte noch bei seinen Eltern in einem kleinen Ort im Kreis Eichstätt. Als er am Freitagabend seine Schwester in deren Wohnung besuchte, stand er bereits unter Beobachtung der Kripo, die eine zehnköpfige Ermittlungsgruppe für diesen Fall gegründet hatte.

Der Beschuldigte musste sich Samstagmittag den Fragen des Haftrichters am Amtsgericht Pfaffenhofen stellen. Offenbar sind die Indizien so gravierend, dass Haftbefehl erging. Der 27-Jährige sitzt bis auf weiteres in der JVA Gablingen bei Augsburg. Die Aufarbeitung des Falls dauert sicher noch viele Wochen  an.

Die 80-Jährige hatte überwiegend allein in ihrem Haus gelebt, ihr ebenfalls dort gemeldeter Sohn war meist nur am Wochenende daheim und sonst beruflich auswärts unterwegs. Wie der Täter in das Gebäude gelangt war, ist offen oder die Kripo behält es noch für sich. Die Kellerfenster des Anwesens sind vergittert, es gab laut Polizei keine Einbruchsspuren. Im Umfeld der Getöteten heißt es, die Frau sei sehr vorsichtig und misstrauisch gewesen. „Einen Fremden hätte sie nie ins Haus gelassen.“ Allerdings hatte die Frau wegen gesundheitlicher Einschränkungen  zuletzt immer wieder Handwerker für  kleinere Verrichtungen gesucht.  Hat der Beschuldigte sich vielleicht deshalb bei ihr gemeldet und dabei gemerkt, dass dort mehr zu holen ist? 

Der Sohn hatte seine Mutter nach eigenen Angaben zuletzt am Sonntag voriger Woche lebend gesehen.    Am Montag und Dienstag hatten die Haushälterin, ein Einkaufsdienst und eine weitere Person vergeblich versucht, Kontakt zu der Frau aufzunehmen, so dass von einem Todeszeitpunkt Anfang der Woche auszugehen ist. Darauf ließen auch die Zeitungsausgaben im nicht mehr geleerten Briefkasten der Ingolstädterin schließen.  Die Leiche der Frau war Mittwochabend im Keller  des Anwesen entdeckt worden, nachdem die Haushaltshilfe die Polizei eingeschaltet hatte. 

Mit der raschen Festnahme eines Tatverdächtigen dürfte bald wieder Ruhe in das Wohnviertel einkehren. Das Gewaltverbrechen hatte für große Unruhe im weiteren Umfeld des Tatorts gesorgt. „Ich traue mich abends kaum noch in den Keller“, sagte eine Frau. „Das gibt einem schon ein mulmiges Gefühl. Ich hoffe, sie haben den Richtigen erwischt.“ 

Horst Richter