Kösching
Thema Datensicherheit im Internet

Social-Media-Referent Ernst Schulten klärt Köschinger Realschüler auf

11.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:36 Uhr
Datenspion im Kinderzimmer: Referent Ernst Schulten von webhygiene.de zeigte den Köschinger Realschülern die in Deutschland mittlerweile verbotene Puppe Cayla, die Daten sammelt. Der Vortrag hinterließ tiefe Eindrücke. Viele Jugendliche kamen nach dem Vortrag auf den Referenten zu, um Fragen zu stellen. −Foto: Vogl

Kösching (DK) Was haben eine Puppe oder eine elektrische Zahnbürste mit Datensicherheit im Internet zu tun? Ernst Schulten, freiberuflicher Referent für Social Media, hat Köschinger Realschüler und ihre Eltern am Mittwoch darüber aufgeklärt. Der Dozent an der Aschaffenburger Hochschule gab Tipps, wie sie sich im Netz richtig verhalten können.

Ein paar Tweets verschicken, danach Likes auf Facebook verteilen und dann noch schnell eine schicke Tasche bestellen - so bewegt man sich heute durchs Internet. Dass dieses nichts vergisst und fleißig Daten sammelt, haben die Schüler der Realschule Kösching am Vormittag sowie ihre Eltern am Abend auf eindrucksvolle Weise erfahren: Ernst Schulten, freiberuflicher Referent für Social Media von der Homepage www.webhygiene.de und Dozent an der Aschaffenburger Hochschule, hielt einen Vortrag zur Sicherheit im Netz, der bleibende Eindrücke hinterließ.

"Wer hat denn alles WhatsApp?" fragte Schulten gut gelaunt die Neunt- und Zehntklässler in einem der Vorträge. Fast alle Hände gingen nach oben. Am Ende dürften diese Schüler ein mulmiges Gefühl gehabt haben: Schulten zeigte, dass man mithilfe eines WhatsApp-Trackers aus dem sogenannten Darknet jede Unterhaltung in dem Nachrichtendienst lesen kann. Vorausgesetzt, man kennt die Nummer des Gegenübers. "Optimal, wenn man wissen will, ob der Partner treu ist", witzelte Schulten. Viele Schüler sind auch auf Twitter, Snapchat oder Instagram unterwegs. Auch bei der Nachfrage zu Amazons Alexa (Schulten: "Wir verwanzen freiwillig untere Wohnung.") und dem Thermostat von Google gingen einige Hände hoch.

Anhand eines Filmausschnitts von "Terminator" zeigte Schulten, inwieweit die Visionen von 1982 inzwischen möglich geworden sind. An "Smart lenses" - eine Art Linse als Bildschirm im Auge - wird demzufolge gerade gearbeitet. Sie werden ähnlich wie Google Glass funktionieren und sammeln während des Betriebs Daten. Dass das sogar manche elektrische Zahnbürste während des Betriebes mittels einer App tun, versetzte die Schüler in Erstaunen. "Alter, ich glaub', ich brauch 'ne neue Zahnbürste", entfuhr es einem Jungen während des Vortrags.

Viel Erstaunen gab es auch, als Schulten demonstrierte, wie beim Onlinekauf die Preise je nach Betriebssystem variieren können. So werden Apple-Kunden oft als wohlhabender eingestuft und bekommen deshalb teurere Angebote. Dasselbe Paar Schuhe kostete bei einem Onlinehändler einmal 35 Euro und einmal 25 Euro - je nachdem, mit welchem Betriebssystem Schulten die Seite besuchte. Umgehen kann man dieses System übrigens mit dem Add-On User Agent Switcher.

Mit dem Add-On Lightbeam kann der Verbraucher außerdem sehen, wie Firmen Daten über ihn sammeln und sich vernetzen, um die Werbung besser auf den Kunden zuschneiden zu können. Kundendaten werden dabei natürlich auch an andere Anbieter weitergegeben. Schulten: "Wenn ich bei zalando.de nach einem T-Shirt in XXL suche, weiß auch otto.de bei meinem nächsten Besuch, dass ich XXL trage."

Besonders gruselig fanden die Schüler die interaktive Puppe "Cayla". Diese hat eine Kamera und kann mittels Bluetooth eine Verbindung mit dem Internet herstellen. Über eine Spracherkennungstechnologie kann die Puppe die Sprache von Kindern erkennen und mit ihnen reden. "Alexa fürs Kinderzimmer", sagte Schulten trocken. Die Puppe ist in Deutschland seit 2017 verboten. Sie wurde in Europa insgesamt über eine Million Mal verkauft.

Schulten gab schließlich Tipps für anonyme Suchmaschinen: "Der Browser von Ghostery hat eine anonyme Suchmaschine. Und DuckDuckGo ist eine Suchmaschine, die keine persönlichen Informationen sam­melt". Außerdem stellte er Alternativen zu WhatsApp vor: Telegram oder das kostenpflichtige Threema. Zuletzt warnte Schulten davor, alte Festplatten einfach so wegzuwerfen.

Bei den Schülern kam der eineinhalbstündige Vortrag gut an. "Sehr interessant", sagten Elias Graf und Markus Kühr aus Stammhamm übereinstimmend. "Dass so viel getrackt wird, war schon interessant", ergänzte Markus. Beide wollen auf alle Fälle "ein paar Add-Ons mitnehmen". Den Agent Switcher wollen sich beide holen - und auch einen sogenannten uBlock, der Tracking blockiert.

Verena Vogl